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Merkel auf Sicherheitskonferenz: "Müssen über den eigenen Schatten springen"


Europa und die USA
Merkel: "Müssen über den eigenen Schatten springen"

Von afp, dpa, lw

19.02.2021Lesedauer: 4 Min.
Angela Merkel: Die Bundeskanzlerin sprach auf der Münchner Sicherheitskonferenz. (Archivbild)Vergrößern des Bildes
Angela Merkel: Die Bundeskanzlerin sprach auf der Münchner Sicherheitskonferenz. (Archivbild) (Quelle: Annegret Hilse/Reuters/Pool/dpa)
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Auf der Münchner Sicherheitskonferenz bekräftigten die Regierungschefs die starken transatlantischen Beziehungen. Kanzlerin Merkel fand lobende Worte für Präsident Biden – und stichelte gegen Trump.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht eine Rückkehr zu mehr internationaler Zusammenarbeit dank dem neuen US-Präsidenten Joe Biden auf einem guten Weg. Die ersten Ankündigungen von Biden und seiner Regierung hätten gezeigt, "dass hier nicht nur gesprochen wird, sondern dass gehandelt wird", sagte Merkel am Freitag bei der virtuellen Münchner Sicherheitskonferenz.

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Als Beispiele führte sie unter anderem Washingtons Rückkehr in das Pariser Klimaabkommen und in die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie die Bereitschaft zu Gesprächen mit dem Iran über das internationale Atomabkommen an. "All das sind wichtige Schritte hin zu mehr multilateraler Zusammenarbeit." Merkel erinnerte daran, dass das in den vergangenen Jahren anders gewesen sei, allerdings ohne den Namen von Bidens Vorgänger Donald Trump zu erwähnen. Die Kanzlerin betonte diesbezüglich auch, Deutschland werde sein internationales Engagement in allen Bereichen fortsetzen. "Und wir müssen auch da handeln, wo man sich anstrengen muss. Und anstrengen, das heißt manchmal auch, über den eigenen Schatten springen."

"Es gibt sehr viel zu tun"

Bei den strategischen Herausforderungen gegenüber China und Russland bot Merkel Biden eine enge Zusammenarbeit an. "Es gibt sehr viel zu tun. Deutschland steht für ein neues Kapitel der transatlantischen Partnerschaft bereit", sagte Merkel. Die Agenda sei klar und auch, dass man gemeinsame Vorgehensweisen entwickele. "Das wird nicht immer Interessengleichheit sein. Ich mache mir darüber keine Illusionen." Man müsse auch offen über Differenzen sprechen. Aber von der Wertebasis und der Überzeugung, dass die Demokratie handlungsfähig sei, "haben wir ein breites, gutes gemeinsames Fundament", sagte die Kanzlerin.

Vielleicht noch komplizierter sei es, eine gemeinsame Agenda gegenüber China zu entwickeln. Peking sei systemischer Wettbewerber, zugleich werde China für die Lösung globaler Probleme wie dem Klimaschutz oder bei der Artenvielfalt gebraucht. China habe an globaler Schlagkraft gewonnen. "Dem müssen wir als transatlantisches Bündnis und als Demokratien der Welt dann auch etwas an Taten entgegensetzen." Auch vor dem Hintergrund von Impfstofflieferungen Chinas und Russlands etwa nach Afrika betonte die Kanzlerin: "Wir müssen zeigen, dass wir nicht Länder in Abhängigkeiten bringen wollen. Sondern dass wir überzeugen wollen von unserer Art zu leben und von unserer Art, Politik zu machen."

Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan

Im Blick auf die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine sei man in den vergangenen Jahren nicht vorangekommen, beklagte Merkel. "Russland verwickelt immer wieder Mitgliedstaaten der Europäischen Union in hybride Auseinandersetzungen." Deshalb sei es wichtig, eine gemeinsame transatlantische Russland-Agenda zu entwickeln. Diese müsse einerseits kooperative Angebote machen, aber auch ganz klar die Unterschiede benennen.

Den Nato-Verbündeten stellte Merkel eine Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan in Aussicht. "Deutschland ist bereit, auch länger in Afghanistan zu bleiben, wenn es der erfolgreichen Mission dient. Der Abzug darf nicht darin enden, dass dort die falschen Kräfte die Oberhand gewinnen“, so die Kanzlerin. Der Einsatz müsse den demokratischen und friedliebenden Kräften in Afghanistan eine Chance geben.

Eigentlich war der Abzug der rund 10.000 Soldaten aus Nato-Ländern und Partnernationen – darunter auch rund 1.100 deutsche Soldaten – für den 30. April vorgesehen. Sie sollen nun aber vorerst im Land bleiben, um die demokratisch gewählte Regierung durch die Ausbildung und Beratung von Sicherheitskräften zu unterstützen. Die Bundeswehr ist bereits seit rund 19 Jahren in Afghanistan.

Macron: Nicht zu sehr abhängig von USA sein

Merkel bekräftigte bei der Online-Sicherheitskonferenz zugleich das Ziel, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Sie wies darauf hin, dass Deutschland in diesem Jahr bei rund 1,5 Prozent liege. "Wir fühlen uns natürlich diesem Zwei-Prozent-Ziel weiter verpflichtet und werden auch weiter daran arbeiten", sagte sie.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach sich bei der Online-Veranstaltung für eine stärkere Rolle Europas in der Nato aus. Das bestmögliche Engagement der Europäischen Union in der Nato sei, deutlich mehr in Kontrolle über die eigene Sicherheit zu sein, sagte Macron. Die EU müsse Teil der Lösung für ihre Sicherheit sein. Er warnte jedoch davor, nicht zu sehr von den USA abhängig zu sein. Die Vereinigten Staaten würden einen großen Teil der Last in dem Staatenbund tragen. Gleichzeitig versicherte er, Frankreich wolle in den kommenden Monaten das Nato-Ziel erreichen, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben.

Macron ruft zu Unterstützung der Corona-Impfkampagnen in Afrika auf

Der französische Staatschef forderte zudem einen politischen Ansatz und ein neues Konzept in dem Staatenbund. Einen solchen Wiederaufbau einer gemeinsamen Sicherheitsarchitektur sieht Macron als einen von drei Herausforderungen einer transatlantischen Sicherheits-Agenda. Daneben nannte er den Erhalt der Freiheit zur Souveränität sowie die Lösung regionaler Konflikte etwa in der Sahelregion oder in Syrien. Als zweiten Pfeiler der transatlantischen Beziehungen sah Macron ebenso wie Merkel einen Multilateralismus, der Resultate hervorbringe. Als Beispiele nannte er, den Rückkehr der Hass in den Demokratien zu vermeiden und auch den Umgang mit Ungleichheiten.

Die westlichen Industrienationen rief Macron zur Unterstützung der Corona-Impfkampagnen in Afrika auf. Die EU und die USA sollten den afrikanischen Ländern schnellstmöglich 13 Millionen Impfdosen bereitstellen, sagte Macron. Auf dem Kontinent gebe es 6,5 Millionen Mitarbeiter im Gesundheitswesen. Es seien 13 Millionen Impfdosen nötig, um sie zu schützen und die Gesundheitssysteme der Länder in der Corona-Krise zu stützen.

Erstmals nahm ein US-Präsident teil

Wenn der Westen erst in einem halben Jahr handele, würden sich die afrikanischen Länder Impfstoffe in China oder Russland besorgen, sagte Macron. Für den Westen sei das Engagement daher auch eine Frage der "Glaubwürdigkeit". Macron und die anderen Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industriestaaten (G7) hatten zuvor bei ihrem digitalen Gipfel gemeinsam 7,5 Milliarden Dollar (6,2 Milliarden Euro) an Unterstützung für die globalen Impf-Initiativen Covax und ACT-A zugesagt.

Merkel, Biden und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron wurden am Abend gemeinsam zu der virtuellen Sicherheitskonferenz zugeschaltet. Es war das erste Mal, dass ein amtierender US-Präsident an der Veranstaltung teilnahm, die sich üblicherweise über ein Wochenende in der bayerischen Landeshauptstadt erstreckt. Wegen der Corona-Pandemie musste das Präsenz-Treffen in diesem Jahr aber auf unbestimmte Zeit verschoben werden.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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