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USA: Vergeltungsschläge im Irak und Syrien: Plant Biden noch mehr?


USA bombardieren Dutzende Ziele
War es das – oder plant Biden mehr?


03.02.2024Lesedauer: 5 Min.
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Nachtaufnahmen: In der Nacht zum Sonntag wurden Milizeneinrichtungen in Syrien und im Irak angegriffen. (Quelle: reuters)

Mit Luftschlägen haben die USA Vergeltung für drei in Jordanien getötete Soldaten geübt. US-Präsident Biden droht: Es könnte noch mehr kommen. Was erwartet den Nahen Osten?

In der Nacht auf Samstag schlugen die USA zu: Bomber und Kampfjets stiegen auf, um 85 Ziele der iranischen Revolutionsgarden und verbündeter Milizen im Irak und Syrien anzugreifen. Die Luftschläge waren Vergeltung für die Tötung von drei US-Soldaten durch einen Drohnenangriff. Washington hatte dafür die vom Iran unterstützte Gruppe "Islamischer Widerstand" im Irak verantwortlich gemacht.

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, John Kirby, sagte, die Angriffe hätten rund 30 Minuten gedauert. An dem Militäreinsatz beteiligt waren demnach auch in den USA gestartete Langstreckenbomber vom Typ B-1. Das zuständige US-Regionalkommando Central Command erklärte, bei den Luftangriffen seien mehr als 125 Präzisionsraketen oder Präzisionsbomben zum Einsatz gekommen. Unter den Zielen seien Kommando- und Geheimdienstzentralen sowie Raketen- und Drohnenlager gewesen.

"Unsere Reaktion hat heute begonnen", erklärte US-Präsident Joe Biden nach den Angriffen. "Sie wird fortgesetzt zu Zeiten und an Orten unserer Wahl." Doch was haben die US-Vergeltungsschläge bisher bewirkt? Wie könnte das weitere Vorgehen Washingtons aussehen? Und droht eine Eskalation der Gewalt im Nahen Osten? t-online gibt einen Überblick.

Welche Folgen hatten die ersten US-Vergeltungsschläge?

Insgesamt sollen ersten Angaben zufolge mindestens 34 Menschen durch die US-Luftschläge getötet worden sein. Im Irak seien 16 Menschen ums Leben gekommen, darunter auch Zivilisten, meldete ein Regierungssprecher am Samstag in Bagdad. Wie viele Zivilisten getötet worden seien, sagte er nicht. Daneben habe es 25 Verletzte sowie Schäden an Wohnhäusern gegeben.

In Syrien wurden laut der Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London 18 Mitglieder pro-iranischer Milizen getötet. Die Aktivisten meldeten außerdem, dass 26 Ziele in Syrien angegriffen wurden, die mit den Milizen in Verbindung stehen. Darunter seien auch Getreidesilos. Syrische Staatsmedien meldeten zudem, dass in dem Land ebenfalls Zivilisten ums Leben gekommen seien, nannten jedoch keine Zahl.

Die Angriffe wurden im Schutz der Nacht durchgeführt. Die "New York Times" berichtet unter Berufung auf US-Beamte, dass bei Tageslicht eine Analyse der Resultate der Vergeltungsschläge durch Militäranalysten durchgeführt werden sollte. "Wir sind ziemlich zuversichtlich", zitiert das "Wall Street Journal" einen Vertreter des US-Militärs.

Der Militärexperte Bradley Bowman von der US-Denkfabrik Foundation for Defense of Democracies sagte der Nachrichtenagentur AP, dass es sich um einen "ernstzunehmenden Angriff" gehandelt habe. Nur wenige Länder auf der Welt könnten solche Luftschläge durchführen. "Die Vereinigten Staaten haben zu verstehen gegeben: Wir haben den politischen Willen und die militärischen Fähigkeiten, um die, die unsere Soldaten töten, einen hohen Preis zahlen zu lassen."

Als Reaktion auf die Vergeltungsschläge meldete die Gruppe "Islamischer Widerstand" zunächst, dass sie den Luftwaffenstützpunkt al-Harir im Nordirak angegriffen habe, auf dem US-Soldaten stationiert sind. Sicherheitskreise widersprachen dieser Darstellung, wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet. Es habe keinen Angriff gegeben.

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Quelle: t-online

Wie sind die Reaktionen auf die Angriffe?

Das syrische Verteidigungsministerium erklärte, die Angriffe seien "ein Versuch, die Fähigkeiten der syrischen Armee und ihrer Alliierten beim Kampf gegen Terrorismus" zu schwächen. Die "US-Aggression" habe mehrere Zivilisten und Militärangehörige getötet und schwere Schäden verursacht, teilte das Ministerium der Staatsagentur Sana zufolge mit. In der vom US-Militär angegriffenen Gegend laufe der Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS), hieß es.

Auch die irakische Regierung verurteilte die Angriffe. Die Sicherheit des Irak und der Region stünde aufgrund der Angriffe "am Rande des Abgrunds", erklärte Regierungssprecher Bassem al-Awadi am Samstag. Al-Awadi wies "falsche Vorwürfe" zurück, wonach es vor den Bombardierungen eine "Abstimmung" mit Washington gegeben habe.

Auch der Iran verurteilte die Attacken: Sie verletzten die Souveränität und die territoriale Integrität der beiden Länder, erklärte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani. Die Angriffe stellten "einen weiteren abenteuerlichen und strategischen Fehler der Vereinigten Staaten dar, der nur zu einer erhöhten Spannung und Instabilität in der Region führen wird".

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat vor einer weiteren Zuspitzung der Spannungen gewarnt. Der Nahe Osten sei ein "Kessel, der explodieren" könne, sagte der Spanier am Samstag am Rande eines informellen EU-Außenministertreffens in Brüssel. Man rufe alle Beteiligten auf, sich darum zu bemühen, eine Eskalation zu vermeiden.

Aus dem Kreis der Außenministerinnen und Außenminister der EU-Staaten gab es unterdessen unterschiedliche Kommentare zu den jüngsten Entwicklungen. "Wir haben in den letzten Wochen Angriffe auf US-Stützpunkte gesehen, wo auch US-Staatsangehörige ums Leben gekommen sind. Das war unverantwortlich", sagte etwa die deutsche Europastaatsministerin Anna Lührmann.

Großbritannien unterstützt unterdessen das Recht der USA, auf einen Angriff zu reagieren. "Großbritannien und die USA sind treue Verbündete. Wir würden ihre Einsätze nicht kommentieren, aber wir unterstützen ihr Recht, auf Angriffe zu reagieren", erklärt ein Sprecher der britischen Regierung.

Wie könnte es nun weitergehen?

Das ist bisher lediglich Gegenstand von Spekulationen. US-Präsident Biden zumindest sprach nur von dem "Beginn" der Vergeltungsschläge, sie könnten jederzeit fortgesetzt werden. Es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass die USA größer angelegte Attacken, als die von Samstag durchführen werden.

Schon vor dem Vergeltungsschlag hatte Washington gut eine Woche lang davor gewarnt, dass es zu einer Reaktion kommen werde. Dabei sprachen US-Beamte immer wieder über mögliche Arten und den Umfang einer Reaktion, gaben sogar Hinweise auf bestimmte Ziele. Damit haben sie Angehörigen der Milizen die Chance gegeben, ihren Standort zu wechseln, um mögliche Schäden und Todesopfer zumindest zu begrenzen.

Das sei eine "klare und kalkulierte Entscheidung" gewesen, schreibt CNN. Die US-Administration stehe vor einem Dilemma: "Hart genug zuzuschlagen, um zu zeigen, dass Sie es ernst meinen, aber auch sicherstellen, dass Ihr Gegner den Schlag absorbieren kann, ohne zurückzuschlagen."

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Könnten die Luftschläge zu einer Eskalation im Nahen Osten führen?

Das ist bisher nicht absehbar. Die US-amerikanischen Kalkulationen, um eine solche Eskalation zu vermeiden, könnten zunächst Wirkung gezeigt haben. In dieser Woche hatte der Iran von sich gewiesen, einen Krieg beginnen zu wollen. "Wir haben vielmals gesagt, dass wir nicht Urheber eines Krieges sein werden, aber wenn ein Land, eine grausame Macht, uns einschüchtern will, wird die Islamische Republik Iran entschlossen reagieren", sagte Staatspräsident Ibrahim Raisi am Freitag.

Auch US-Präsident Biden hatte vor den Vergeltungsschlägen bereits betont, dass er keinen "größeren Krieg" im Nahen Osten anstrebe. Der US-Präsident befindet sich derzeit mitten im Wahlkampf für seine Wiederwahl im kommenden November. Zumindest in dieser Zeit wäre für ihn ein nicht berechenbarer Konflikt oder Krieg im Nahen Osten von großem Nachteil.

Dennoch sollte die Gefahr einer Eskalation nicht außer Acht gelassen werden. Warum, das können Sie hier lesen. Washington kämpft derzeit mit dem Verlust seiner Position als Ordnungsmacht in der Region. Das liegt auch an der teils missglückten Nahostpolitik der vergangenen Jahre. Mehr dazu lesen Sie hier.

Verwendete Quellen
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