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Pressestimmen zum Iran-Konflikt: "Obama wäre dafür gefeiert worden"


Presseschau zum Iran-Konflikt
"Obama wäre dafür gefeiert worden"

Von afp, dpa, ds

Aktualisiert am 22.06.2019Lesedauer: 4 Min.
US-Präsident Donald Trump und Barack Obama: In den Kommentaren der Presse kommt die Entscheidung Trumps, die Eskalation mit dem Iran forciert zu haben, nicht gut an.Vergrößern des BildesUS-Präsident Donald Trump und Barack Obama: In den Kommentaren der Presse kommt die Entscheidung Trumps, die Eskalation mit dem Iran forciert zu haben, nicht gut an. (Quelle: Xinhua/imago-images-bilder)
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Säbelrasseln im Iran-Konflikt: Die USA sollen einen Angriff auf den Wüstenstaat unmittelbar vor dem Start abgebrochen haben. Bei der Presse kommt Trumps Taktik nicht gut weg.

Der Konflikt zwischen den USA und dem Iran spitzt sich zu: Nach dem Abschuss einer US-Drohne stand ein Angriff des amerikanischen Militärs kurz bevor. Das bestätigte Trump auf Twitter. Doch dann hielt er die US-Armee doch zurück. Für die Presse offenbart Trump damit erneut die Widersprüchlichkeit seiner Außenpolitik.

"Der Standard" (Wien): "Ob dieser US-Präsident, der bisher als außenpolitischer Stratege nicht gerade aufgefallen ist, jedoch gewusst hat, dass ihn das an den Rand einer neuen US-Militärintervention im Nahen Osten bringen wird, ist zumindest fraglich. Auf Erfolge der 'disruptiven Kraft' seiner Politik wartet man bisher nicht nur im Fall Iran vergebens. Aber das soll nicht heißen, dass die Herren in Teheran völlig unbeeindruckt davon sein werden, dass der Iran nicht nur in Syrien – das passiert regelmäßig – sondern auch im Iran selbst angegriffen werden könnte. Auch das iranische Regime weiß eben nicht, ob der zu erwartende innere Solidarisierungseffekt der Menschen im Land die militärische Schwächung durch eventuelle US-Angriffe wert ist."

"Neue Zürcher Zeitung": "Iran demonstriert seine militärischen Muskeln – in Form von Angriffen proiranischer Milizen in Nachbarländern wie auch mit Sabotageakten im Golf von Oman. Eine Überreaktion kann man den USA bis jetzt schwerlich vorwerfen. Hingegen stellt sich die Frage, was sich die Führung Irans davon verspricht, ihr Land geradewegs in einen militärischen Schlagabtausch zu steuern. Vermutlich geht sie davon aus, dass sich die Administration Trump wie schon in den Fällen Nordkorea und Venezuela auch in der Golfregion letztlich als Papiertiger erweisen wird. Doch das wäre ein Roulettespiel. In einem Krieg würde Iran zwangsläufig zu den Verlierern gehören. Es wird Zeit, dass auch die Europäer dies den Ayatollahs in Teheran klarmachen und dem Regime die Illusion rauben, es könne in der EU auf Verständnis für seine aggressive Atompolitik hoffen."

"Neues Deutschland": "In Bezug auf die Regierung in Teheran hat Washington es nie verkraftet, dass die Mullahs sie so blamiert haben – 1967 schenkte man dem Land seinen ersten Atomreaktor, als Teil von Eisenhowers Programm 'Atome für den Frieden'. Irans Regierung weiß, dass sie einen Krieg höchstwahrscheinlich verlieren würden. Man benutzt das Atomprogramm, um mit Druck verhandeln zu können. Der Soziologe Wolfgang Pohrt sagte einst über die iranische Strategie: Iran gehe es nicht um Atomwaffen, sondern um wirtschaftliche Interessen, frei nach dem Motto 'Allah ist groß - ein Cadillac ist größer'. Sollte jedoch ein Krieg wirklich ausbrechen, rückt dieses ganze politische Konstrukt in den Hintergrund. Dann gibt es erst mal nur Tod und Leid für Millionen, seien es Zivilisten oder US-amerikanische Soldaten."

"Das Widersprüchliche seiner Politik wird wieder einmal sichtbar"

"Stuttgarter Nachrichten": "Trump war es, der angekündigt hat, im Gegensatz zu seinem Vorgänger Barack Obama die Bush-Kriege wirklich zu beenden. Ja, Amerikas Rolle als Garant weltumspannender freier Handelswege und einer stabilen Friedensordnung in Europa generell zu hinterfragen. Nur: Wenn das seine Linie ist – warum hat Trump dann überhaupt die Gangart gegenüber dem Iran seit einem Jahr immer weiter verschärft? Den lauten Kraftmeier gegeben, das Atomabkommen gekündigt und Militär in Iran-Nähe geschickt? Um jetzt klein beizugeben? Da wird das Widersprüchliche, Wetterwendische seiner Außenpolitik einmal mehr sichtbar."

"Der neue Tag" (Weiden): "Der angeblich vorbereitete Angriff auf iranische Einrichtungen und Trumps theatralische Twitter-Begründung des Abbruchs wirken wie der Teil eines Bluffs, der den Druck auf den Iran erhöhen soll. Ein US-Präsident, der wegen zu erwartender Todesopfer einen Militärschlag scheut? Obama wäre dafür gefeiert worden. Der Zocker Trump jedoch kann jetzt gegenüber dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani und auch vor Nordkoreas Diktator Kim Jong Un nicht mehr den harten Cowboy mimen. Bislang war seine jähzornige Unberechenbarkeit sein bester Trumpf. Jetzt hat er ihn aus der Hand gegeben. Gut so."

"Volksstimme": "Ein Militärschlag der USA oder Israels stand schon fest, als Donald Trump den Atomvertrag aufgekündigt hat. Schließlich hatte Barack Obama das Abkommen geschlossen, um eine militärische Intervention zu vermeiden, die schon damals als Option galt, falls der Iran die Atombombe bauen würde. Israel, die USA und ihr Verbündeter Saudi-Arabien werden es nicht zulassen, dass der Iran die Atombombe baut. Israel hat sich auch 1981 nicht gescheut, mit einem unangekündigten Luftangriff auf einen irakischen Reaktor den Anspruch zu untermauern, einzige Atommacht im Nahen Osten zu bleiben. Die desolate Nahost-Politik der USA hat auch noch dazu geführt, dass der Iran immer mächtiger in der Region geworden ist. Israel und Saudi-Arabien erhöhen auch deshalb den Handlungsdruck."

"Neue Osnabrücker Zeitung": "Auch wenn beide Seiten betonen, man lege es nicht darauf an, so droht die Lage außer Kontrolle zu geraten. Die USA haben mit dem Ausstieg aus dem Atomabkommen eine Lage heraufbeschworen, die die gesamte Region in Flammen setzen könnte. Ohne Zugeständnisse seitens Washingtons und Teherans ist der Frieden nicht zu bewahren. Alle diplomatischen Bemühungen, auch und vor allem der Europäer, laufen bislang ins Leere. Die bittere Erkenntnis: Wenn es die USA auf Krieg anlegen, ist er nicht zu verhindern. Eine Politik, die darauf setzt, einen Gegner zu Kreuze kriechen zu lassen, war aber selten nachhaltig. Und doch setzt Washington im Fall Iran genau darauf. Für die Weltgemeinschaft ist dieser Rückfall in das Recht des militärisch und ökonomisch Stärkeren ein neuer Tiefpunkt."


"Südwest Presse" (Ulm):
"Bei allem Chaos rund um die Regierung von US-Präsident Trump sollte dessen Entscheidung, einen Vergeltungsangriff gegen den Iran in letzter Minute zu stoppen, einigermaßen zuversichtlich stimmen. Entschärft ist der Konflikt aber keineswegs. Washington und Teheran sitzen auf einem Pulverfass, das jederzeit explodieren kann. Auch weisen Experten auf beängstigende Parallelen vor 16 Jahren hin, als nämlich fehlerhafte und manipulierte Berichte den USA als Rechtfertigung für den Krieg gegen den Irak dienten."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP
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