Mehrheit der Deutschen gegen Waffenlieferungen an Ukraine

Die Ukraine fordert von der Bundesregierung Kriegsschiffe und Abwehrsysteme. Berlin aber lehnt das nach wie vor ab β und entspricht damit der Stimmung in der deutschen BevΓΆlkerung.
Eine deutliche Mehrheit der Deutschen ist gegen die Lieferung deutscher Waffen an die Ukraine. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov schlossen sich 59 Prozent der Befragten der Haltung der Bundesregierung an, dem Land keine Waffen zur Verteidigung gegen einen mΓΆglichen Angriff Russlands zur VerfΓΌgung zu stellen. Nur 20 Prozent sprachen sich fΓΌr Waffenlieferungen aus. 21 Prozent machten keine Angaben.
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Die Ukraine fordert von Deutschland unter anderem Kriegsschiffe und Luftabwehrsysteme zu Verteidigungszwecken. Die Bundesregierung hat bisher nur 5.000 militΓ€rische Schutzhelme zugesagt. Die Ukraine hat das als "reine Symbolgeste" kritisiert. Der Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, sprach von einem "Tropfen auf dem heiΓen Stein". Kiews BΓΌrgermeister Vitali Klitschko nannte die Zusage sogar einen "absoluten Witz".
Die Lieferung letaler, also tΓΆdlicher Waffen haben sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als auch AuΓenministerin Annalena Baerbock (GrΓΌne) ausgeschlossen. An diesem Donnerstag debattiert der Bundestag ΓΌber die Ukraine-Krise und die deutsche Rolle bei den BemΓΌhungen um Deeskalation mit Russland.
Widerstand bei GrΓΌnen- und FDP-WΓ€hlern am geringsten
Die Waffenlieferung werden von WΓ€hlern aller im Bundestag vertretenen Parteien mehrheitlich abgelehnt. Am stΓ€rksten ist diese Haltung bei den AnhΓ€ngern der Linken (71 Prozent) und der AfD (67 Prozent) ausgeprΓ€gt. Dahinter folgen die WΓ€hler der grΓΆΓten Regierungspartei SPD (61) und der grΓΆΓten Oppositionspartei CDU/CSU (56). Am geringsten ist der Widerstand gegen Waffenlieferungen noch bei den AnhΓ€ngern der GrΓΌnen (55) und der FDP (54).
Deutschland ist an den diplomatischen BemΓΌhungen des Konflikts vor allem ΓΌber das sogenannte Normandie-Format beteiligt. Das sind Beratungen von Regierungsvertretern Russlands, der Ukraine, Frankreichs und Deutschland. Ziel ist es, die sogenannte Minsker Vereinbarung umzusetzen, die Frieden zwischen den prorussischen Separatisten und den Regierungstruppen in der Ostukraine bringen soll. Seit Jahren gibt es keine Fortschritte. Am Mittwoch wurden die Verhandlungen aber nach Monaten Funkstille zunΓ€chst von den auΓenpolitischen Beratern der Staats- und Regierungschefs wieder aufgenommen.
Mehrheit fΓΌr stΓ€rkeres deutsches Engagement in der Krise
In der YouGov-Umfrage spricht sich eine Mehrheit von 52 Prozent dafΓΌr aus, dass Deutschland sich in der Krise stΓ€rker engagiert. Vor allem die AnhΓ€nger der GrΓΌnen (70 Prozent) und der SPD (60 Prozent) sind dieser Meinung. Nur unter den AfD-WΓ€hlern ΓΌberwiegt die Ablehnung eines stΓ€rkeren deutschen Engagements (59 Prozent dagegen).
61 Prozent meinen, Scholz sollte so bald wie mΓΆglich nach Moskau reisen, um mit dem russischen PrΓ€sidenten Wladimir Putin ΓΌber die Ukraine-Krise zu sprechen - allen voran die WΓ€hler der Linken (79 Prozent), der SPD und der GrΓΌnen (jeweils 71 Prozent). Scholz hat seit seinem Amtsantritt am 8. Dezember erst einmal mit Putin telefoniert.
Sympathien fΓΌr Nord Stream 2 ΓΌberwiegen
Bei der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2 ΓΌberwiegen bei den Deutschen die Sympathien fΓΌr eine Inbetriebnahme. 47 Prozent befΓΌrworten die Gasleitung von Russland nach Deutschland, 33 Prozent lehnen sie eher ab. 19 Prozent machen keine Angaben.
Auf die Frage, ob die Pipeline ein Sanktionsinstrument bei einem russischen Angriff auf die Ukraine sein sollte, gibt es kein ganz eindeutiges Ergebnis. 43 Prozent sind fΓΌr Konsequenzen fΓΌr die Pipeline im Ernstfall. 33 Prozent sind auch dann noch dagegen. Eine Mehrheit fΓΌr Nord Stream 2 als Sanktionsinstrument gibt es nur bei den WΓ€hlern der GrΓΌnen (63 Prozent) und der SPD (54 Prozent).
Die Bundesregierung hat fΓΌr den Fall eines russischen Angriffs alle Optionen auf den Tisch gelegt, aber nicht genauer definiert, was das tatsΓ€chlich bedeuten kann. Dass der Stopp von Nord Stream 2 eine Option sein kann, haben Scholz und Baerbock aber deutlich gemacht.
- Nachrichtenagentur dpa