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Hart aber fair: "Die SPD muss raus aus ihrem Gärtchen der Opposition"


Koalitions-Talk bei Plasberg
"Die SPD muss raus aus ihrem Gärtchen der Opposition"

t-online, Marc L. Merten

Aktualisiert am 28.11.2017Lesedauer: 4 Min.
Hochkarätige Runde: Bei "Hart aber fair" diskutierten unter anderem Arbeits- und Familienministerin Katarina Barley und der Schauspieler Ulrich Matthes.Vergrößern des BildesHochkarätige Runde: Bei "Hart aber fair" diskutierten unter anderem Arbeits- und Familienministerin Katarina Barley und der Schauspieler Ulrich Matthes. (Quelle: Screenshot: WDR)
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Eine neuerliche Große Koalition ist riskant für die Volksparteien, dennoch wollen Union und SPD sprechen. Wäre eine Minderheitsregierung für Deutschland nicht viel reizvoller? Das diskutierte Frank Plasberg mit streitbaren Gästen.

Die Gäste

  • Rolf-Dieter Krause (ARD): "Für die SPD war die GroKo zwei Mal dumm. Ein drittes Mal wäre richtig dumm."
  • Katarina Barley (SPD): "Jamaika hatte sieben Wochen Zeit und hat Chaos hinterlassen. Wir nehmen uns die Zeit, um alle Optionen zu besprechen."
  • Ulrich Matthes (Schauspieler): "Für die SPD wäre die Rolle als starke Opposition existentiell wichtig gewesen. Aber Martin Schulz’ Auftritt letzte Woche war ein heftiger Fehler."
  • Jens Spahn (CDU): "Es gibt keinen Automatismus zur Großen Koalition, aber wir wollen offen in die Gespräche gehen."
  • Bettina Gaus (taz): "Kenia würde zu einer Disziplinlosigkeit innerhalb der Regierung fühlen. Das Parlament würde gestärkt."
  • Sigmund Gottlieb (Bayrischer Rundfunk): "Die gespaltene CSU hat zu einem Schulterschluss Seehofers mit Merkel geführt."

Das Thema

Bekommt Deutschland wieder eine Große Koalition, weil die SPD in eine Zwangsheirat mit Angela Merkel getrieben wird? Oder wäre eine Minderheitsregierung nicht die bessere Variante, weil sie das Parlament stärken würde? Nachdem bei Frank Plasberg in der Anfangsphase das SPD-Bashing beendet war, konnte intensiv diskutiert werden.

Die Fronten

Ob Sigmund Gottlieb seine eigene Doppelmoral im Laufe der Sendung bemerkte? Mit der Vehemenz, mit der er die SPD für ihre anfängliche Weigerung verteufelte, nicht in die Regierung zu wollen, verteidigte er die FDP für den Abbruch der Jamaika-Gespräche. Eine absurde Vorstellung, die der Journalist des BR da bot, als er davon sprach, die SPD "muss raus aus ihrem Gärtchen der Opposition, wo sie Muskelaufbau betreiben wollte" und rein in die Regierungsverantwortung. Die FDP habe dagegen nur das Recht genutzt, Nein zu sagen. "Jede Partei muss aus Gesprächen aussteigen dürfen." Die SPD hingegen "muss springen".

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Das fand nicht nur Ulrich Matthes eine bemerkenswerte Fehlargumentation. Der Schauspieler war es, der Gottlieb die Leviten laß. "Genauso leidenschaftlich wie bei der SPD hätten Sie, Herr Gottlieb, Ihre Sätze auch auf die FDP anwenden können." Später schwang sich Gottlieb gar noch zum Verhandlungsführer zwischen Jens Spahn und Katarina Barley auf. Das misslang aber ebenso wie der Versuch, mit Bettina Gaus eine Übereinkunft zu finden. Doch um deren Verhältnis ging es bei Plasberg letztlich ohnehin nicht.

Aufreger des Abends

Es ging um die Beziehung zwischen Union und SPD. Und da gab es einen ganz aktuellen Anlass: den Streit über die Zulassung des Unkrautgifts Glyphosat auf europäischer Ebene. Was war passiert? Nach mehrfacher Enthaltung hatte Deutschland am Montag für eine weitere EU-Zulassung des umstrittenen Mittels gestimmt. Veranlasst hatte es das von CSU-Politiker Christian Schmidt geführte Agrarministerium. Umweltministerin Barbara Hendricks und die SPD hatten sich derweil klar dagegen ausgesprochen.

Für Barley war die Sache klar: "Entweder wusste Angela Merkel davon, dann war es ein gezielter Affront gegen die SPD. Wenn sie es nicht wusste, dann sind die Unionsminister außer Rand und Band." Andrea Nahles hatte es einen "schweren Vertrauensbruch" genannt – und das, noch ehe die ersten Gespräche über eine mögliche Koalition geführt worden sind. Barley ließ aufhorchen, als sie sagte: "Die einzigen, die noch scharf drauf sind, mit Merkel zu koalieren, sind die Grünen – weil sie es noch nicht gemacht haben." Unausgesprochen: weil sie es nicht besser wissen können.

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Und diese Parteien sollen nun eine neue Große Koaltion bilden? Spahn, der sich zu dem Vorfall konkret nicht äußern wollte, ließ auch tief blicken, als er zur aktuellen Regierung sagte: "Wir haben jetzt eine geschäftsführende Regierung und keinen Koalitionsvertrag mehr." Damit erklärte Spahn, dass die noch im Amt befindliche Regierung nicht mehr auf Basis der alten Absprachen handeln würde, sondern jede Partei für sich. So wie am Montag in Brüssel. Ob das den deutschen Wählerinnen und Wählern derart bewusst ist?

Die Kernfrage des Abends

Es scheint, als ob sich bald mit CDU/CSU und SPD drei Parteien zusammensetzen würden, die sich genauso wenig über den Weg trauen wie die Jamaika-Verhandler. Das Ergebnis dieses Versuchs ist bekannt. Was also, wenn auch die kommenden Gespräche scheitern sollten? Frank Plasberg wollte an diesem Abend die Variante der Minderheitsregierung diskutieren. In einem Land, in dem durch die Gewalt des Bundesrates stets Kompromisse auch mit Oppositionsparteien gesucht werden müssen, könnte sie eine "Sauerstoffdusche für das Parlament" sein, stellte Plasberg die These auf. Ähnlich wie in den USA, wo das Prinzip der "bipartisanship" (Überparteilichkeit) im Senat seit vielen Generationen immer wieder beschworen wird.

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"Gar nichts" fand deshalb auch Rolf-Dieter Krause fortsetzungswert an einer Großen Koalition. "Die Frage ist: Gibt es einen bequemen Weg des Regierens mit einer Koalition oder einen härteren Weg mit einer Minderheitsregierung, in der Mehrheiten gesucht werden müssen." Für Krause steht fest, dass die SPD bei den großen Fragen in Europa die Minderheitsregierung unterstützen werde. Gottlieb hingegen bezeichnete dies als "akademisches Wunschdenken".

Matthes erklärte, Deutschland sei in Europa zu wichtig, als dass sich das Land eine instabile Regierung leisten könne, in der ständig Mehrheit neu gesucht werden müssten. Krause hielt dagegen, dass genau das die Regierung im Sinne des Landes erfolgreicher machen könnte, weil es "endlich mal ein Parlament gäbe, das die Regierung kontrolliert".

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Bemerkenswert war, dass Barley dem zustimmte und in Aussicht stellte, "feste Absprachen für große Themen" zu finden. Dann fügte sie jedoch an: "Das halte ich aber für sehr unwahrscheinlich, weil Angela Merkel dann führen müsste und sagen müsste, was sie will. Ich weiß aber schon seit zwölf Jahren nicht, was sie will."

Was offen bleibt

Ist eine Minderheitsregierung wirklich eine Option? Oder ist eine Große Koalition doch die wahrscheinlichere Lösung? Es wird wohl auf die Forderungen der beiden Parteien ankommen. Beide sehen sich in der jeweils stärkeren Position. Das Klima scheint schon jetzt ähnlich schwierig wie bei den Jamaika-Gesprächen. Neuwahlen hielten alle für die schlechtes Variante. Also werden die beiden großen Parteien nun sprechen und versuchen eine Einigung herbeizuführen. Eine Liebesheirat würde es ohnehin nicht werden. Aber das Ende wäre wohl auch schon absehbar. Barley sagte: "Mit noch einer GroKo hätten wir ja fast österreichische Verhältnisse, die zu noch größerer Politikverdrossenheit führen würden." Wenn das mal keine reizvollen Aussichten für eine Regierungsbildung sind!

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