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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bei "Maischberger" Laschet über Söders Witz: "Geschmacklos"

Sandra Maischbergers Talkrunde fällt ein eher mildes Urteil über Kanzler Merz. Spannend wird es erst, als eine alte unionsinterne Rivalität wieder hochkocht.
Am Tag von Friedrich Merz' erster Regierungserklärung analysierte Sandra Maischberger mit ihren Gästen die Pläne und den Stil des neuen Bundeskanzlers.
Der Regierungschef habe in Sachen Charme zwar immer noch "ein bisschen was von einer Büroklammer", attestierte etwa die TV-Moderatorin Bettina Böttinger dem Regierungschef. Seine Botschaft, dass alle an der Veränderung des Landes mitwirken sollten, sei dennoch bei ihr angekommen.
Die Gäste
- Franziska Brantner, Parteivorsitzende Bündnis 90/Die Grünen
- Armin Laschet, CDU-Politiker
- Bonita Grupp, Unternehmerin
- Wolfgang Grupp, Unternehmer
- Bettina Böttinger, Moderatorin
- Jan Philipp Burgard, "Welt"-Journalist
- Kristina Dunz, Journalistin des RedaktionsNetzwerks Deutschland
Der "Welt"-Journalist Jan Philipp Burgard lobte Merz hingegen als "Comeback-Kanzler", der es geschafft habe, sich innerhalb einer Woche vom Prügelknaben, der im ersten Wahlgang durchgefallen sei, zum Weltpolitiker zu wandeln.
Ironisch fiel die Stilkritik der Oppositionspolitikerin Franziska Brantner aus. "Nach den letzten Chaostagen war das heute fast wohltuend langweilig", resümierte die Grünen-Chefin. Immerhin habe Kanzler Merz niemanden beschimpft, wie er es noch vor seiner Ernennung getan habe.
Grünen-Chefin befürchtet Chaos
Sie wünsche der Regierung gutes Gelingen, weil das Land es verdient habe, befürchte aber Chaos, sagte die Grünen-Politikerin. Konkret bezog sich Brantner damit auf die Migrationspolitik, wo Merz ohne klare Rechtsgrundlage agiere. "Wir vergrätzen die Partner – die Polen, die Österreicher, die Schweizer", urteilte sie über die geplanten Zurückweisungen von Asylsuchenden an der Landesgrenze. Auch für die Verteidigungspolitik gelte, dass der Fokus auf der europäischen Zusammenarbeit und nicht auf Deutschland allein liegen müsse. Merz' Plan, die Bundeswehr zur konventionell stärksten Armee Europas auszubauen, bezeichnete Brantner in diesem Zusammenhang als "schwierig".
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Selbst Armin Laschet, der CDU-Vertreter in der Runde, musste zugeben, dass es beim Thema Migration zunächst einmal darum gehe, ein deutliches Signal zu senden. "Symbolpolitik ist auch Politik", erklärte der ehemalige CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat.
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Gegen eine Verschlechterung des Verhältnisses zu den europäischen Partnern spreche Merz' jüngste Initiative mit den Staatenlenkern Frankreichs, Polens und Großbritanniens für Frieden in der Ukraine. So viel europäische Gemeinsamkeit wie Merz in drei oder vier Tagen habe dessen Vorgänger Olaf Scholz in dreieinhalb Jahren nicht zustande bekommen, stellte Laschet anerkennend fest.
Auch sonst legte sich der Christdemokrat bei "Maischberger" für Merz ins Zeug. Laschet zeigte sich keineswegs verbittert darüber, bei der Vergabe der Regierungsämter nicht berücksichtigt worden zu sein. Der erfahrene CDU-Politiker galt lange als aussichtsreicher Kandidat für den Außenministerposten. Merz habe sich anders entschieden und insgesamt eine ausgewogene und gute Mannschaft zusammengestellt, befand Laschet nüchtern.
Dass er jetzt nicht Außenminister sei, habe zudem nichts mit seinem Verkehrsdelikt und Führerscheinentzug zu tun. Der ehemalige NRW-Ministerpräsident war im Juli 2024 in seiner Heimatstadt Aachen mit 97 Kilometern pro Stunde geblitzt worden, wo nur 50 erlaubt waren, und musste im März dieses Jahres seinen Führerschein für einen Monat abgeben. Begründet hatte er sein Vergehen damals damit, dass er sich verfolgt und an frühere Morddrohungen erinnert gefühlt habe.
Laschet findet Söders Witz geschmacklos
Erst als Sandra Maischberger die Sprache auf Laschets langjährigen unionsinternen Widersacher, Markus Söder, brachte, kippte die Stimmung des Christdemokraten merklich. Gerüchteweise habe der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef ihn als Außenminister und Bundestagspräsident verhindert, führte die Moderatorin an und zitierte Söder mit den Worten: "Ich habe übrigens Armin Laschet auch nicht verfolgt auf seiner Autofahrt. Ich habe für den Tag ein Alibi."
Als Rheinländer, kommentierte Laschet, finde er zwar vieles witzig, aber das sei etwas geschmacklos, da Söder die Situation, um die es da gegangen sei, nicht kenne. "Es ist, wie es ist: Jeder sagt die Dinge, die er glaubt, dass sie zu ihm passen", fügte der Ex-CDU-Chef hinzu. Der Sichtweise, dass Söder ihn um ein Amt gebracht habe, wollte er sich nicht anschließen: Während der Bundestagspräsident gemeinsam von CDU und CDU vorgeschlagen worden sei, habe über die Ernennung der Minister nach den Worten Friedrich Merz' allein die CDU entschieden.
Ex-Trigema-Chef fordert Gespräche mit der AfD
Einen distanzierteren Blick auf das politische Geschehen lieferte der ehemalige Trigema-Chef Wolfgang Grupp. Der meinungsstarke Textilunternehmer trat mit seiner Tochter und Nachfolgerin an der Unternehmensspitze, Bonita Grupp, auf. Er habe sich zu Zeiten des "Weibergeschachers" in der CDU mit Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer eine Rückkehr von Merz gewünscht und diesem nun selbstverständlich seine Stimme gegeben.
Er traue dem Bundeskanzler zu, die Probleme, die er angeht, auch zu lösen, so Grupp zuversichtlich. Nur in einem Punkt wollte der 83-Jährige Merz nicht folgen. "Was ich nicht verstanden habe, war, dass er von vornherein ein Sprechen mit der AfD ausgeschlossen hat." Man müsse in einer Demokratie mit allen reden, lautete Grupps Appell.
- ard.de: "Maischberger vom 14. Mai 2025