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Bundesverfassungsgericht: Debatte um Wahl der Richter


Streit um Neubesetzung
Darum birgt die Richterwahl politischen Sprengstoff

Von afp, t-online
Aktualisiert am 07.07.2025 - 16:59 UhrLesedauer: 4 Min.
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Das Bundesverfassungsgericht (Archivbild): Drei Posten müssen neu besetzt werden. (Quelle: Uwe Anspach/dpa)
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Am Bundesverfassungsgericht sind drei Posten neu zu besetzen. Doch das bewährte Verfahren könnte dieses Mal scheitern.

Gleich drei Stellen müssen am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe neu besetzt werden. Am Montagabend tagt der Wahlausschuss des Bundestags. Doch vor der für Freitag geplanten Abstimmung im Plenum sind noch einige Fragen offen. Ein Überblick zum Verfahren der Richterwahl:

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Warum müssen neue Richterinnen oder Richter gewählt werden?

Die 16 Verfassungsrichterinnen und -richter in Karlsruhe sind nur auf Zeit gewählt. Ihre Amtszeit beträgt höchstens zwölf Jahre. Außerdem gibt es eine Altersgrenze von 68 Jahren. Verfassungsrichter Josef Christ wurde im November 68 Jahre alt, Ende November lief seine Amtszeit darum ab. Da es aber noch keinen Nachfolger für ihn gibt, ist er aktuell noch geschäftsführend im Amt.

Im vergangenen Monat feierte die Vizepräsidentin des Gerichts, Doris König, ihren 68. Geburtstag. Ende September scheidet zudem Ulrich Maidowski aus gesundheitlichen Gründen aus. Deshalb gibt es in diesem Jahr gleich drei Vakanzen in Karlsruhe.

Wie läuft die Wahl ab?

Die 16 Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts werden so bestimmt, dass die Hälfte vom Bundestag und die andere Hälfte vom Bundesrat gewählt wird. Für alle drei nun anstehenden Neubesetzungen ist der Bundestag zuständig. Die Kandidaten müssen mindestens 40 Jahre alt und Volljuristen sein. Je drei Mitglieder in jedem der beiden Senate am Verfassungsgericht müssen außerdem zuvor für mindestens drei Jahre an einem Bundesgericht gearbeitet haben.

Bislang wechseln sich die Parteien mit Vorschlägen ab. Union und SPD haben jeweils das Vorschlagsrecht für sechs Posten, die Grünen und die FDP dürfen jeweils zwei Kandidaten vorschlagen. Die anderen Parteien sind nicht einbezogen.

Dieses Mal war die SPD mit zwei Vorschlägen an der Reihe und die Union mit einem. Der Wahlausschuss des Bundestags tagt am Montagabend und nominiert die Kandidatinnen oder Kandidaten. Für Freitag ist die Abstimmung im Plenum geplant. Die Vorschläge brauchen eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen, um angenommen zu werden. Nach ihrer Wahl werden die neuen Richter von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ernannt.

Erstes Problem: Kritik aus der Union

So weit ist es aber noch lange nicht, denn in diesem Jahr gibt es einige Hindernisse zu überwinden. Eine Stelle war schon vor der Bundestagswahl im Februar neu zu besetzen, die Fraktionen konnten sich aber auf keine Personalie einigen. Da zwei Monate nach Ablauf von Christs Amtszeit noch kein Nachfolger gewählt war, forderte der frühere Wahlausschuss das Verfassungsgericht auf, selbst Vorschläge zu machen. Das Gericht machte im Mai eigene Vorschläge. Diese sind aber nicht bindend.

Stimmen aus der Union kritisierten allerdings eine der von der SPD vorgeschlagenen Kandidatinnen, die Potsdamer Staatsrechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf. Dabei geht es offenbar vor allem um ihre Position zum Thema Schwangerschaftsabbruch.

Brosius-Gersdorf war Mitglied in einer von der früheren Bundesregierung eingesetzten Kommission, die empfahl, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen zu legalisieren. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete, dass mehrere Landesminister der Union über den Vorschlag verärgert seien. Eine nicht namentlich genannte Landesjustizministerin der CDU sprach gegenüber der Zeitung von einer "polarisierenden Kandidatin". CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hat zuletzt allerdings Unterstützung für die Personalie angekündigt.

Die SPD hat neben Brosius-Gersdorf noch die Münchner Professorin Ann-Kathrin Kaufhold nominiert, die Union schickt den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht, Günter Spinner, ins Rennen. Er war der Wunschkandidat der Karlsruher Richter.

Zweites Problem: Zweidrittelmehrheit

Die zweite, wahrscheinlich höhere Hürde ist die notwendige Zweidrittelmehrheit. Denn Union und SPD haben keine solche Mehrheit im Bundestag. Auch gemeinsam mit den Grünen reicht es nicht für eine Zweidrittelmehrheit. Die FDP ist nicht einmal mehr im Bundestag vertreten. Linke oder AfD müssten also zumindest in Teilen für die Vorschläge stimmen.

Linken-Chef Jan van Aken forderte ein grundsätzliches Mitspracherecht bei den Vorschlägen: Auch seiner Partei solle eine Nominierung zustehen, sagte er der "Rheinischen Post". Die Linke sei dann auch bereit, jemanden zu wählen, den die CDU vorschlage. Linken-Politiker Dietmar Bartsch sagte der "Welt", es sei "zwingend, dass die Union auf uns zukommt". Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, unterstützt diese Forderung. Allerdings gilt bei der CDU ein Unvereinbarkeitsbeschluss, der eine Zusammenarbeit mit der Linken ausschließt.

Sollte im Bundestag keine Zweidrittelmehrheit zustande kommen, wäre es auch möglich, dass schließlich der Bundesrat entscheidet. Eine Neuregelung seit dem Jahreswechsel sieht vor, dass der Bundesrat einspringen kann, wenn der Bundestag innerhalb von drei Monaten nach den Wahlvorschlägen des Gerichts niemanden wählt.

Wer sitzt aktuell auf der Richterbank?

Präsident des Bundesverfassungsgerichts ist seit 2020 Stephan Harbarth, der einst von der Union nominiert wurde. Darüber hinaus schickten CDU und CSU Henning Radtke, Christine Langenfeld, Peter Frank und Holger Wöckel in das Verfassungsgericht. Auch Christ war ein Vorschlag der Union.

Die scheidende Vizepräsidentin Doris König war einst von der SPD nominiert worden – ebenso wie Maidowski. Darüber hinaus entsandten die Sozialdemokraten Yvonne Ott, Ine Härtel, Miriam Meßling und Rhona Fetzer. Derweil wurden Martin Eifert und Astrid Wallrabenstein von den Grünen nominiert. Heinrich Amadeus Wolff und Thomas Offenloch waren FDP-Vorschläge.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur AFP
  • Eigene Recherche
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