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Talk-Kritik zu Hart aber fair: „Ein pflaumenweicher Formelkompromiss“


TV-Kritik zu "Hart aber fair"
Plötzlich verteidigt ein Grüner Sebastian Kurz

Meinungt-online, David Heisig

17.10.2017Lesedauer: 4 Min.
Frank Plasberg (r.) mit den Gästen seiner Sendung vom 16. Oktober.Vergrößern des BildesFrank Plasberg (r.) mit den Gästen seiner Sendung vom 16. Oktober. (Quelle: WDR/Oliver Ziebe)
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Die Wahlergebnisse aus Niedersachsen und Österreich wollte Frank Plasberg in "Hart aber fair" analysieren. Es wurde eine Diskussion über den Rechtspopulismus.

Die Gäste

  • Alexandra Föderl-Schmid, österreichische Journalistin
  • Edmund Stoiber, Ehrenvorsitzender der CSU
  • Boris Palmer (B‘90/Die Grünen), Oberbürgermeister von Tübingen
  • Peter Zudeick, Journalist
  • Matthias Platzeck (SPD) ehemaliger Ministerpräsident Brandenburgs

Das Thema

"Er könnte ihr Sohn sein", spielte Plasberg auf den Altersunterschied zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Österreichs Wahlsieger Sebastian Kurz (ÖVP) an. Natürlich nicht, um der Unions-Chefin ein Kind unterzujubeln, sondern den Diskussionspfad aufzuzeigen: Zur Frage, ob "starke Kandidaten" ein Warnruf für die schwächelnde Bundeskanzlerin seien.

Ob da zum Abgesang auf die politische alte Garde geblasen werden sollte? Jedenfalls konnte man fast Mitleid mit Platzeck bekommen, der betonte, altmodisch zu sein in seiner Ansicht, hinter starken Kandidaten müssten in einer parlamentarischen Demokratie starke Parteien stehen. Die hätten sich aber längst von der Durchdringung der Gesellschaft verabschiedet.

Das war mal Selbstkritik. Jedenfalls klammerte der SPD-Mann die eigene alte Tante nicht aus. Stoiber dagegen schmierte Parteifreundin Merkel den Kurz dick aufs Brot. Gewonnen habe der, "weil er ein konservatives Profil hat". Was das CSU-Urgestein wohl vor allem bei der CDU vermisst.

Die Fronten

Schnell kam die Runde auf den Rechtspopulismus. Palmer malte auf, man könne die Rechtspopulisten ignorieren, ausgrenzen oder in einem harten Dialog stellen. In Österreich ginge nur Letzteres, weil dort gesamt gesehen 60 Prozent den Block rechts gewählt hätten. Immerhin hätten auch die Volksparteien SPÖ und ÖVP rechte Themen besetzt.

Wohl zu Recht, wenn man Stoiber glauben mochte. Die AfD in Deutschland werde nicht wegen der Positionen, sondern wegen des Protests gewählt. Schnell schloss er den Bogen von der Flüchtlingsfrage zur Integration und stellte das ganz oben auf seine Agenda. Die Integrationsprobleme träfen vor allem strukturschwache Gesellschaftsschichten. Diese "kleinen Leute" wolle seine CSU wieder zurückholen. Das könne man aber nur, wenn man die Sorgen der Menschen verstehen lernen würde, konterte Zudeick. Das habe keine Partei im Programm.

Aufreger des Abends

Platzeck rechnete vor, in Österreich seien "alle nach rechts" gerutscht. "Inklusive ihrer Schwesterpartei", hakte Plasberg ein. "Ja, das bedauere ich zutiefst", konterte der SPD-Mann. Linke Modelle zur Gesellschaftsentwicklung hätten "keine Konjunktur". Föderl-Schmid kritisierte scharf, Kurz habe im Wahlkampf alles auf ein Feindbild fixiert: den Islam. Selbst beim Thema Straßenverkehr. Die FPÖ hätte dann "nur noch schriller" sein können.

Palmer brachte da die erste Spitze. "Mir ist zu einfach zu sagen, da wird Rechtspopulismus betrieben", so der Grüne. Die Wähler in Österreich hätten Alternativen gehabt, sie nur nicht gewählt. Zudem hätten die Wähler reale Probleme mit Veränderung, da müsse man drüber reden. Ein Grüner, der den Schwarzen eine Lanze bricht?

Palmer legte noch einen drauf: Kurz habe vertretbare Thesen verkauft. Nur weil er gefordert habe, die Mittelmeerroute zu schließen, sei er noch kein Rechtspopulist. Stoiber klopfte seinem grünen Sitznachbarn gefühlt auf die Schulter. Und legte nach: Wolle man die kleinen Leute zurückholen, sei die Begrenzung der Zuwanderung ein Schlüsselbegriff. Die habe man jetzt mit der Schwester ja vereinbart, auch wenn es gedauert habe, so Stoiber stolz.

Zudeick hakte sofort ein. Die Vereinbarung sei ein Stillhalteabkommen, "ein pflaumenweicher Formelkompromiss". Man strebe die Aufnahme von 200.000 Flüchtlingen an, weise aber gleichzeitig keine ab. "Was heißt denn das?", fragte er. Nur um sich selbst zu beantworten: "Das heißt gar nix." So löse man keine Probleme. Wieder sprang Palmer ein: Der Kompromiss benenne durchaus Instrumente zur Flüchtlingsbegrenzung.

Plasberg-Momente

Der Moderator hatte keine Mühe mit seiner Runde. Nur mit Stoiber gab es mehrmals heftigen Schlagabtausch, weil dieser partout nicht direkt auf Fragen antworten, lieber Zustandsbeschreibungen der bayerischen Seele liefern wollte. Aber man merkte auch: Plasberg und Stoiber haben schon zu lange miteinander zu tun, als dass man in ihren Gefechten nicht mehr Koketterie als Bierernst erkennen könnte.

Allein Palmer hätte Plasberg mehr auf den Zahn fühlen können. Ein Post des Grünen im sozialen Netzwerk, ob es rassistisch sei zu sagen man fühle sich in Anwesenheit von fünf ausländischen Jugendlichen in der Bahn unwohl – wie er es selbst empfunden hatte – erzeugte Kopfschütteln. Zudeick konterte, das sei es zwar nicht, aber unnötig. Wer das als Politiker poste, hänge das Thema nur höher. Föderl-Schmid sprang ihm bei. Man führe keine ernsthafte Debatte in sozialen Medien. Das lasse er sich nicht vorschreiben, so Palmer pikiert.

Was von der Sendung übrig bleibt

Platzeck brachte es auf den Punkt: zu viel Sendezeit des Abends sei für den Rechtspopulismus drauf gegangen. Gefühlt stimmte das auch. Die Diskussion goss sich zäh wie Honig aufs Butterbrot, anstatt auch andere Aspekte anzusprechen. Diese zu lancieren, schaffte der ehemalige SPD-Ministerpräsident auch nicht.

Nur Zudeick setzte sarkastische Spitzen. Etwa als er Kurz als „feschen Leutnant aus einem Stück von Arthur Schnitzler“ bezeichnete, als „scharfen Hund“. Käme die CDU auf der Suche nach einem deutschen Gegenstück in ihren Reihen etwa auf Jens Spahn, dann wäre der eine „Westentaschen-Kopie“ von Kurz. Stoiber entfuhr da nur ein „Was soll das?“. Was half Zudeicks klare Sprache aber, wenn die anderen in der Runde nicht auf den Zug „klare Kante“ aufsprangen?

Auch Plasbergs witzig gemeinte Schlussrunde sorgte nicht mehr für Rest-Schwung. Was jeder Einzelne in der Runde Kurz mitbrächte, wenn dieser zum Opernball nach Wien lade, fragte er. Palmer sein Buch, Stoiber ein paar Blumen. Föderl-Schmid und Platzeck würden nicht hingehen. Und Zudeick? „Ein kleines, weißes Hündchen mit Schleife“. Das muss man erst mal reflektieren.

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