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CDU-Politiker Tobias Hans: "Noch eine Ampel können wir uns gar nicht leisten"


Tobias Hans
"Noch eine Ampel können wir uns gar nicht leisten"

InterviewVon Sven Böll, Sebastian Späth

Aktualisiert am 23.02.2022Lesedauer: 6 Min.
Interview
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Ministerpräsident Tobias Hans: Noch eine Dreier-Koalition wie im Bund will er den Saarländern ersparen.Vergrößern des Bildes
Ministerpräsident Tobias Hans: Noch eine Dreier-Koalition wie im Bund will er den Saarländern ersparen. (Quelle: bub/imago-images-bilder)

Der saarländische Ministerpräsident attackiert die Ampel: Nach Überzeugung des CDU-Politikers Tobias Hans macht die neue Regierung in Berlin das Leben der Bürger unnötig teuer.

t-online: Herr Hans, Wladimir Putin macht seine Drohungen wahr. Was können wir dem russischen Präsidenten entgegensetzen?

Tobias Hans: Leider ist das eingetreten, was ich zu meinen Lebzeiten eigentlich nicht mehr für möglich gehalten habe: Es gibt wieder Krieg in Europa. Die westliche Staatengemeinschaft muss nun zusammenstehen – und auch Deutschland geschlossen auftreten.

Das heißt konkret?

Die Bundesregierung hat die volle Unterstützung der Union. Ich erwarte, dass der Bundeskanzler in einer solchen Situation uns als stärkste Oppositionspartei in seine Pläne einbindet. Zumal am Russlandkonflikt ja nicht nur sicherheitspolitische Fragen hängen. Natürlich geht es vor allem um den Frieden in Europa und die Freiheit der Ukraine. Aber für uns spielt auch eine Rolle, wie sich die Energiepreise entwickeln. Davon hängt die Zukunft Deutschlands als Industrienation ab.

In gut vier Wochen wird im Saarland ein neuer Landtag gewählt. Blicken Sie angesichts der schlechten Umfragen für die CDU mit Sorge auf diesen Tag?

Überhaupt nicht.

Das müssen Sie jetzt so sagen.

Nein, ich schaue nie auf die Umfragen. Das habe ich nicht getan, als sie gut waren. Und das mache ich auch jetzt nicht, wo sie weniger gut sind. Am Wahltag geht es um die Zukunft der Saarländerinnen und Saarländer. Denn wir befinden uns in einem tiefgreifenden Strukturwandel, mit großen Problemen, gerade für die Mittelschicht.

Tobias Hans, geboren 1978, wurde im März 2018 zum saarländischen Ministerpräsident gewählt. Seit Oktober 2018 ist er auch Vorsitzender der CDU im Saarland. Zuvor war Hans Chef der CDU-Fraktion im Landtag. Als Ministerpräsident ist er der Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer.

Auch für die CDU geht es um viel: Die SPD könnte erstmals seit 1999 wieder den Ministerpräsidenten im Saarland stellen.

Noch mal: Stimmungen sind keine Stimmen. Bei den letzten Landtagswahlen ist immer etwas völlig anderes herausgekommen als prognostiziert. Daher ist das Rennen offen. Und es geht ja nicht nur darum, wer Ministerpräsident wird. Die Frage ist auch, welche Koalition das Saarland künftig regiert. Die einzige Alternative zur Großen Koalition unter einem CDU-Ministerpräsidenten ist eine Ampel unter SPD-Führung. Und angesichts dieses Szenarios bin ich ganz optimistisch.

Optimistisch?

Noch eine Ampel können wir uns gar nicht leisten. Die Koalition im Bund ist zerstritten, gefährdet Arbeitsplätze und sorgt vor allem dafür, dass das Leben der Bürgerinnen und Bürger teurer wird. Das will ich den Saarländern ersparen.

Jetzt übertreiben Sie aber.

Was passiert denn im Bund? Die SPD und die Grünen nehmen die FDP in die Zange. Mit dramatischen Folgen: Im Saarland baut ein großer Arbeitgeber Hybridmotoren für die Premium-Fahrzeughersteller. Wenn die Ampel Hybridfahrzeugen den Garaus machen will, werden Arbeitsplätze vernichtet. Das ist ein völlig falscher, technologiefeindlicher Ansatz, denn wir brauchen Hybrid als Übergangstechnologie. Nur durch Technologie-Offenheit sichern wir Arbeitsplätze und nicht mit blindem Aktionismus für E-Mobilität.

Aber Sie unterstellen der Ampel auch, sie mache vor allem das Leben der Menschen teurer.

Das ist keine Unterstellung, sondern eine Feststellung. Nur ein Beispiel: Mit der Ampel geht für viele Menschen der Traum vom Eigenheim verloren, weil die Regierung von jetzt auf gleich wichtige KfW-Zuschüsse gestrichen hat und auch nichts gegen steigende Energiepreise tut.

Markus Söder und Henrik Wüst, Ihre CDU-Kollegen aus Bayern und Nordrhein-Westfalen, verlangen eine wirksame "Energiepreisbremse". Sie auch?

Absolut. Wenn Deutschland wettbewerbsfähig bleiben soll, dürfen wir nicht länger die höchsten Strompreise der Welt haben. Deshalb müssen wir die Stromsteuern auf ein Minimum dessen senken, was die EU erlaubt. Auch die Mineralölsteuer müssen wir angesichts der steigenden Preise temporär senken und die Pendlerpauschale anpassen. Es ist bedauerlich, dass die Grünen dazu direkt ihr Veto eingelegt haben. Das alles zeigt: Normalbürgerinnen und -bürger können sich die Ampel nicht leisten.

Das klingt nach "Olaf Scholz ist der Kanzler der Besserverdiener". Meinen Sie das ernst?

Offenbar interessiert er sich nicht besonders dafür, dass sich die Koalition bei der Pendlerpauschale nicht einigen kann. Und er müsste sich mehr dafür einsetzen, von der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Geldpolitik für eine stabilere Währung einzufordern.

Was daran liegen könnte, dass die EZB unabhängig ist – so, wie es Ihre Partei immer wollte.

Natürlich ist die EZB unabhängig und das soll auch so bleiben. Dennoch muss man ihre derzeitige Geldpolitik kritisch hinterfragen. Aufgabe der EZB ist es nämlich, unter anderem die Preise stabil und die Inflation niedrig zu halten. Dieser Aufgabe wird sie derzeit nicht vollends gerecht. Die Inflation belastet viele Familien, Unternehmen und insbesondere die Menschen, die jahrelang für ihr Alter vorgesorgt und Geld zurückgelegt haben. Deshalb erwarte ich in einer solchen Situation klare Worte und entschlossenes Handeln unseres Bundeskanzlers.

Macht denn die Union als größte Oppositionspartei aus Ihrer Sicht alles richtig?

Wir verfolgen einen konstruktiven Ansatz, damit eine bessere Politik für die Menschen im Land rauskommt.

Spielen wir es an einem Beispiel durch: In der Corona-Politik war die Union erst für die Verlängerung der pandemischen Lage, jetzt kann es ihr mit den Freiheiten nicht schnell genug gehen. Zuerst war sie für eine einrichtungsbezogene Impfpflicht, dann stellte sie diese infrage. Ist das der konstruktive Ansatz, von dem Sie sprachen?

Ja, weil wir stets ein klares Prinzip verfolgen: so viele Einschränkungen wie nötig und so viel Freiheit wie möglich. Bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht haben wir immer gesagt, dass sie der erste Schritt zur allgemeinen Impfpflicht ist. Im Moment gerät aber die allgemeine Impfpflicht in weite Ferne, weil sich die Ampel nicht einigen kann. Also dürfen wir den Druck auf den ohnehin schon stark belasteten Gesundheits- und Pflegebereich durch eine rein einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht zusätzlich erhöhen. Diesen Missstand muss man als Opposition auch benennen. Die CDU ist weiterhin offen für eine allgemeine Impfpflicht. Die lässt sich aber nur umsetzen, wenn man weiß, wer nicht geimpft ist. Deshalb brauchen wir ein Impfregister.

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Wollen Sie an der Impfpflicht nicht auch ein Exempel statuieren? Getreu dem Motto: Schaut mal, die Regierung hat gar keine eigene Mehrheit.

Ich finde es sehr schade, dass der Kanzler sich mit seiner Meinung, dass es eine allgemeine Impfpflicht braucht, in seiner Regierung nicht durchsetzen konnte. Er hat also keine Kanzlermehrheit. Das ist eine sehr schwierige Situation, nicht nur für die Regierung, sondern für das ganze Land, weil natürlich alles dafür getan werden muss, dass eine weitere Welle im Herbst vermieden wird. Deshalb bieten wir der Ampel auch Gespräche an.

Am 19. März laufen die aktuellen Corona-Maßnahmen aus. Erleben wir einen Sommer ohne Masken?

Ich halte nichts von einem Freedom-Day-Versprechen. Im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern haben wir im Saarland jedoch eine tolle Impfquote. Deshalb können wir mehr Eigenverantwortung zulassen, wenn unsere Fallzahlen sinken und eine Überlastung des Gesundheitssystems ausgeschlossen ist. Es bleibt aber wichtig, dass die Länder auch nach dem 19. März die Möglichkeit haben, Basisregeln wie das Maskentragen verhängen zu können.

Neben Corona spielt im saarländischen Wahlkampf auch die Energiewende eine wichtige Rolle. Ihre SPD-Herausforderin Anke Rehlinger will im Falle eines Wahlsiegs 80 neue Windräder im Saarland bauen. Die CDU lehnt das ab. Warum?

Wir haben im Saarland bereits jetzt pro Quadratkilometer die vierfache Windenergieleistung von Baden-Württemberg installiert. Wir können in einem kleinen, dicht besiedelten Bundesland mit einer hohen Walddichte die Windkraft nicht überall ausbauen. Windkraft auf einem alten Waldboden ist angesichts der benötigten Betonfundamente ökologisch nicht verantwortbar. Und auf den Flächen, die noch frei sind, gibt es nicht ausreichend Wind.

Wenn jeder nur sagt, was bei ihm alles nicht geht, kommen wir auch nicht weiter.

Deshalb ist die saarländische CDU pragmatisch und will die Photovoltaik massiv ausbauen, vor allem auf Gebäuden. Und wir geben einen Klima-Bonus für den Austausch alter Ölheizungen. Aber ich sage auch ganz klar: Wenn es um die Interessen des Saarlandes geht, dann kenne ich weder Freund noch Feind, dann kämpfe ich für mein Land und seine Menschen. Erst das Land, dann die Partei. Das unterscheidet mich von meiner Herausforderin, die die Ampel in Berlin nur in Schutz nimmt. Übrigens habe ich selbst unter Angela Merkel die Bundesregierung kritisiert, wenn Entscheidungen zulasten des Saarlandes gingen.

Und trotzdem: Mal angenommen, die aktuellen Umfragen behalten recht und Anke Rehlinger wird Ministerpräsidentin. Folgen Sie dann nach dem 27. März all jenen Saarländern, die in die Bundespolitik gewechselt sind?

Abgesehen von meiner Person fand ich es, wie viele Saarländerinnen und Saarländer auch, ganz gut, dass wir früher mit drei Ministern in Berlin vertreten waren, jetzt bei der Ampel haben wir keinen. Für mich persönlich aber ist eines ganz klar: Ich gehöre ins Saarland, hier ist mein Platz und nirgendwo sonst.

Herr Hans, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Video-Interview mit Tobias Hans.
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