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DDR-Bürgerrechtler Werner Schulz stirbt bei Tagung auf Schloss Bellevue


Er wurde 72 Jahre alt
DDR-Bürgerrechtler Schulz stirbt bei Tagung auf Schloss Bellevue

Von dpa
Aktualisiert am 09.11.2022Lesedauer: 3 Min.
imago images 115083390Vergrößern des BildesWerner Schulz: Er wurde 72 Jahre alt. (Quelle: Eventpress Mueller-Stauffenberg via www.imago-images.de)
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Während der Feier zum Jahrestag des Mauerfalls im Schloss Bellevue ist ein ehemaliger DDR-Politiker gestorben. Das gab Bundespräsident Steinmeier bekannt.

Der frühere DDR-Bürgerrechtler Werner Schulz ist tot. Er starb am Mittwoch während einer Veranstaltung im Berliner Schloss Bellevue. Das gab Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Angaben von Teilnehmern der Tagung bekannt. Schulz wurde 72 Jahre alt.

Das Bundespräsidialamt beendete die Veranstaltung zum 9. November vorzeitig und begründete dies mit einem Todesfall im Kreis der Teilnehmer. Es wollte umgehend die Angehörigen informieren.

Gedenkminute zu Ehren von Schulz

Der 72-Jährige habe während der Veranstaltung den Saal verlassen und sei in einem Vorraum zusammengebrochen, hieß es aus dem Bundespräsidialamt. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, der Arzt ist, versuchte demnach noch, den Grünen-Politiker zu reanimieren. Dies gelang jedoch nicht. Es war aufgefallen, dass Schuster unmittelbar vor seiner vorgesehenen Rede den Großen Saal im Schloss Bellevue verließ – wegen eines "Notfalls", wie die Moderatorin der Tagung sagte.

  • Nachruf auf Werner Schulz: Ihm blieb verwehrt, was er sich gewünscht hätte

Genauere Informationen, was passiert ist, gibt es bislang nicht. Die Anwesenden hielten eine Gedenkminute zu Ehren von Schulz ab, wie es aus dem Präsidialamt hieß. Steinmeier habe den Verstorbenen gewürdigt. Schulz sei für den Bundespräsidenten ein "enger Berater in Ost-West-Dingen" gewesen, hieß es aus Steinmeiers Umfeld. Er sei häufiger Gast in Schloss Bellevue gewesen.

Steinmeier hatte zum heutigen 9. November zu einer Tagung ins Schloss Bellevue eingeladen. "Wie erinnern wir den 9. November? Ein Tag zwischen Pogrom und demokratischen Aufbrüchen" war die Veranstaltung überschrieben, die von elf bis 17 Uhr geplant war.

Europa-Politiker und Gründungsmitglied des Neuen Forums

Schulz wurde am 22. Januar 1950 in Zwickau geboren. Er absolvierte ein Studium der Lebensmittelchemie und -technologie an der Humboldt-Universität Berlin. Seit 1968 war er in verschiedenen Oppositionsgruppen der DDR aktiv. 1989 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Neuen Forums, das er am Runden Tisch vertrat.

1990 wurde Schulz Mitglied die ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Vom Oktober 1990 bis Oktober 2005 gehörte er für Bündnis 90/Die Grünen dem Bundestag an, von 2009 bis 2014 dem Europaparlament.

Göring-Eckardt: "Ich bin persönlich sehr, sehr traurig"

Für seinen Einsatz für die Demokratie und für die Opposition in Russland wurde Schulz erst im vergangenen Juni mit dem Deutschen Nationalpreis geehrt. Der Bundespräsident und dessen Vorgänger Joachim Gauck würdigten Schulz als meinungsstarken Streiter für demokratische Werte. "Unsere Zeit, geprägt von zum Teil hasserfüllten, faktenleugnenden Debatten und einer bemerkenswerten Anzahl von Wutbürgern, die die liberale Demokratie ablehnen, braucht derartige Vorbilder", sagte Gauck damals.

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt reagierte betroffen auf den Tod des langjährigen Abgeordneten. "Ich bin persönlich sehr, sehr traurig", bekannte die Grünen-Politikerin am Mittwoch während einer kurzen Unterbrechung der Regierungsbefragung. Schulz sei parteiübergreifend sehr anerkannt gewesen, sagte Göring-Eckardt: "ein Ostdeutscher von Herkunft, ein Gesamtdeutscher im Herzen, ein Europäer mit besonderem Blick auf Osteuropa, ein unermüdlicher Streiter für die Freiheit".

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) würdigte Schulz auf Twitter: "Er hat sich sehr verdient gemacht um unser Land, um das Zusammenwachsen von Ost und West", so der Regierungschef. "Meine Gedanken sind bei seiner Familie und den Weggefährten – ihnen wünsche ich viel Kraft."

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Kretschmer bezeichnet Schulz als wichtige Stimme der Demokratie

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) teilte mit, sie sei traurig und schockiert vom plötzlichen Tod von Schulz. "Er konnte wie kein anderer den Totalitarismus des SED-Regimes und den Unterschied zur Demokratie und Rechtsstaatlichkeit begreifbar machen." Schulz sei Bürgerrechtler durch und durch gewesen. "In der damaligen DDR, im Bundestag und Europaparlament war er ein glaubwürdiger Kämpfer für Demokratie und Freiheit", sagte Roth. "Seine Stimme und seine aufrüttelnde Einmischung werden fehlen."

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bezeichnete den Grünen-Politiker als wichtige Stimme der deutschen Demokratie. "Als DDR-Oppositioneller, als Politiker und Redner betonte er unermüdlich die Bedeutung des Gesprächs, Sachverstandes und das klare Bekenntnis zur Demokratie für unsere Gesellschaft."

Die Direktorin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Anna Kaminsky, teilte mit: "Wir verlieren mit Werner Schulz einen engagierten, streitbaren und vor allem warmherzigen Unterstützer." Schulz war seit Gründung der Stiftung 1998 Mitglied des Stiftungsrates. Desen Vorsitzender Markus Meckel würdigte Schulz ebenfalls: "Seit Jahren kritisierte er weitsichtig – insbesondere auch als Abgeordneter des Europäischen Parlaments – die deutsche Russlandpolitik und mahnte eine realistische Auseinandersetzung mit Putin an."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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