Nun also doch: Die SPD geht mit der Union in Sondierungsverhandlungen. Ein Ja zur Neuauflage der Großen Koalition ist das noch nicht. Denn eine zentrale Forderung der Sozialdemokraten lehnt die Union kategorisch ab – die Bürgerversicherung.
Nach langem internen Ringen hat sich die SPD-Spitze dafür ausgesprochen, nun doch Sondierungen mit CDU und CSU über eine Regierungsbildung aufzunehmen. Das erklärte Parteichef Martin Schulz am Freitag nach einer Sitzung des Parteivorstandes in Berlin. Die Entscheidung fiel demnach einstimmig.
Die große Kehrtwende
Knapp drei Monate nach der Bundestagswahl vollzieht die SPD damit eine Kehrtwende. Unmittelbar nach ihrem Absturz auf 20,5 Prozent hatte die Partei den Gang in die Opposition angekündigt und auch nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen eine Neuauflage der Großen Koalition ausgeschlossen. Die mahnenden Worte von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ließen Parteichef Schulz jedoch von seinem entschiedenen Nein abrücken.
"Ob die Gespräche in eine Regierungsbildung münden, ist offen", erklärte Schulz nun. Die SPD wolle aber "konstruktiv" und "ergebnisoffen" darüber sprechen, wie sie zu der Bildung einer "möglichst stabilen Regierung" beitragen könne. Fraktionschefin Andrea Nahles erklärte: "Jetzt geht es um Inhalte, und dann entscheidet der Parteitag im Januar, wie es weitergeht."
Merkel und CSU wollen Bürgerversicherung verhindern
Einer der zentralen Inhalte für die Sozialdemokraten ist die Forderung nach einer Bürgerversicherung. Gerade diese Versicherungsreform könnte zum Stolperstein einer Regierungsbildung werden. Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel erteilte der Forderung auf dem CSU-Parteitag eine klare Absage. "Ich glaube nicht, dass das Gesundheitssystem dadurch besser wird, dass wir das einigermaßen funktionierende System der privaten Krankenkassen mit den gesetzlichen Krankenkassen zusammenlegen und dann hoffen, dass dann alles besser wird. Das wird nicht klappen, so schön wie der Ausdruck auch ist", sagte die CDU-Vorsitzende am Freitag in Nürnberg.
Merkel vertritt damit exakt dieselbe Position wie die CSU. In einem kurzfristig vorgelegten Dringlichkeitsantrag wird eine kategorische Absage an eine Bürgerversicherung gefordert. Dadurch werde – anders als von der SPD behauptet – die Zweiklassenmedizin nicht abgeschafft. Vielmehr werde eine Einheitsversicherung zu Qualitätseinbußen führen, "wie die Erfahrungen in anderen europäischen Ländern zeigen".