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Friedrich Merz und die CDU: Wie seine ungeklärte Rolle die Partei belastet


Merz und die CDU
Zwischen Sehnsucht und Hass

MeinungEin Kommentar von Tim Kummert

Aktualisiert am 20.01.2021Lesedauer: 3 Min.
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Friedrich Merz: Der ehemalige Unionsfraktionschef irritierte mit seiner Forderung, Wirtschaftsminister zu werden.Vergrößern des Bildes
Friedrich Merz: Der ehemalige Unionsfraktionschef irritierte mit seiner Forderung, Wirtschaftsminister zu werden. (Quelle: imago-images-bilder)

Bleiben wir zusammen oder trennen wir uns endgültig: Friedrich Merz und seine Partei sind wie zwei Liebende, die trotz gegenseitiger Anziehung kein erträgliches Verhältnis hinbekommen. Kann Armin Laschet die komplizierte Beziehung kitten?

Es sah aus, als lägen die Karten auf dem Tisch. In diesem Fall sind die Karten zwar ein Brief, gestern Abend verschickt, von Friedrich Merz an die CDU-Mitglieder, aber die Worte wirkten deutlich: "Auch ohne Amt werde ich mein Versprechen einlösen, für die Partei weiter engagiert zu arbeiten." Zugleich rief er zur Wahl von Armin Laschet auf, den jetzt die Delegierten via Briefwahl als neuen CDU-Chef bestätigen müssen.

Alles paletti, alles in Ordnung, der Ehrgeizling Friedrich Merz dreht bei. Wirklich?

Die Wahrheit ist: Der Brief von Merz war eine Art Blitz-Beruhigungspille. Merz hatte nach seiner Niederlage gegen Armin Laschet abgelehnt, Teil des CDU-Präsidiums zu werden. Zugleich beanspruchte er am Samstag nach Laschets Sieg sofort das Amt des Wirtschaftsministers für sich. Sogar der Unionsfraktionsvize und Merz-Anhänger Carsten Linnemann äußerte sich später darüber "mehr als irritiert". In der Partei war die Unruhe groß.

Ein vergiftetes Angebot

Dazu schreibt Merz in seinem Brief nur: "Zugleich bedauere ich sehr, dass in diesem Zusammenhang am Wochenende Irritationen um meine Person entstanden sind." Eine bemerkenswerte Formulierung. Denn der 65-Jährige war mit seiner Forderung via Nachrichtenagentur Reuters selbst vorgeprescht.

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Die "Irritationen", wie er sie nennt, waren ein vergiftetes Angebot an Armin Laschet, das diesen in eine Zwickmühle beförderte: Entweder er legt sich mit der Kanzlerin an oder er verprellt einen großen Teil der Partei. Merz brauste aus der Berliner Messehalle davon und ließ Laschet allein. Der entschied sich dafür, den Vorstoß abtropfen zu lassen, die Kanzlerin ließ derweil kühl ausrichten, eine Kabinettsumbildung sei nicht geplant.

Das Schweigen enthüllt ein Problem in der CDU

Tja, wie geht es weiter? Merz steht in der CDU da wie eine Art menschgewordene Statue des Konservatismus: Groß, eindrucksvoll – aber ohne reale Macht. Das bewies einmal mehr sein Vorstoß in eigener Sache.

Mittlerweile, so ist zu hören, haben sich Laschet und Merz verständigt, sie hätten sich ausgesprochen. Der Posten als Wirtschaftsminister sei vorerst vom Tisch, Laschet sei auch über den Blitzberuhigungs-Brief informiert. Nur: Was bei den Gesprächen genauer herauskam, lässt sich nicht herausfinden. Weder Laschet noch Merz sprechen bislang darüber. Und dieses Schweigen enthüllt das große Problem der CDU.

Ist Merz in der engeren Wahl für einen Ministerposten in der nächsten Bundesregierung? Steigt er zu einem späteren Zeitpunkt doch noch ins Präsidium oder sogar in den Vorstand der Partei auf? Welche Rolle wird er beim anstehenden Bundestagswahlkampf übernehmen?

Dazu nur: Schweigen. Die große Statue Merz steht in der CDU herum, und keiner weiß so recht, wohin mit ihr.

Die Partei will sich nicht zwischen zwei Polen entscheiden

Das liegt im Übrigen auch an der Kanzlerin. Die eiernde Geschichte von Merz in der CDU erzählt auch etwas über Angela Merkel. Vor einem Jahr versuchte die ehemalige Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer mit einem Vorstoß Merz im Kabinett unterzubringen. Das Veto der Kanzlerin war damals genauso deutlich wie dieses Mal. Sie will ihren ehemaligen Rivalen partout nicht einbinden. Und nicht am Ende ihrer Amtszeit.

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Damit steht für den neuen Vorsitzenden Laschet die Frage im Raum, was die CDU eigentlich sein will. Eine Partei, die alle inhaltlichen Strömungen abdeckt, dafür warb er immer und verstand sich als "Zusammenführer". Merz steht für den klaren Fokus auf eine konservative Säule. Die Partei, so kann man die knappe Entscheidung am Samstag auch lesen, will sich zwischen diesen beiden Polen nicht recht entscheiden.

Wie ein Pärchen und ein gescheitertes Liebescomeback

Deshalb droht eine Zerreißprobe: Die Unterstützer von Merz werden sich nicht von heute auf morgen abwenden und auch nicht so schnell besänftigen lassen. Der Frust über Laschet ist im Osten und im Südwesten gewaltig. Gern wird nun kolportiert, es sei ja die Aufgabe des neuen Vorsitzenden, die Strömungen zusammenzuführen. Das stimmt zwar, aber vor allem muss er ganz praktisch entscheiden, wie es mit Merz weitergehen soll.

Denn Merz und die CDU, das erinnert an Pärchen, die sich in ihrer Jugend ineinander verliebten, sich dann aber rasch trennten, und seit zwei Jahren immer mal wieder überlegen, ob sie es nicht doch noch einmal miteinander versuchen wollen. Wirklich gelingen will das nicht. Ein Comeback der Liebe wird es wohl kaum geben, sonst wäre Merz nicht von zwei Parteitagen mehrheitlich abgelehnt worden. Doch wirklich voneinander lassen können beide eben auch nicht.

Die Lösung wäre, um im Bild zu bleiben, die Meisterleistung von Armin Laschet: Zumindest eine gemeinsame "Wohngemeinschaft" von Friedrich Merz mit seinen Anhängern und dem eher linken Flügel der CDU.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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