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Die Panzerwende im Ukraine-Krieg: Olaf Scholz ist sauer


Scholz ist sauer


08.02.2023Lesedauer: 4 Min.
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Olaf Scholz: Der Kanzler teilt im Bundestag gegen Kritiker aus. (Quelle: IMAGO)

Mit seinem Zaudern bei den Waffenlieferungen hat Olaf Scholz viel Schaden angerichtet. So sehen es die VerbΓΌndeten, so sieht es die Opposition. Oder hat der Kanzler doch recht?

Olaf Scholz ist sauer, auch wenn er dabei klingt, als lese er das Telefonbuch vor. "Kampfpanzer, U-Boote, Flugzeuge – wer fordert noch mehr?", fragt der Kanzler am Mittwoch in seiner RegierungserklΓ€rung im Bundestag. "Markige innenpolitische Statements und Kritik an Partnern und VerbΓΌndeten auf offener BΓΌhne", sagt Scholz, ein "ΓΆffentlicher Überbietungswettbewerb" – das alles schade der Geschlossenheit der westlichen Partner.

Und mehr noch: "Jede Dissonanz, jede Spekulation ΓΌber mΓΆgliche Interessensunterschiede nutzt einzig und allein Putin und seiner Propaganda", findet Scholz. Jede Kritik an seinem Kurs – ein kleiner Sieg fΓΌr Putin? Da tippen einige Politiker, die in den vergangenen Wochen fΓΌr die Dissonanzen zustΓ€ndig waren, betont desinteressiert auf ihren Handys herum.

Die Verstimmungen waren zuletzt wieder spürbar geworden. Aber diesmal, weil es unter den europÀischen Partnern das Gegenteil eines Überbietungswettbewerbs gab. Nach Scholz' Ankündigung, Leopard-2-Panzer zu liefern, kam aus mehreren UnterstützerlÀndern erst einmal: nichts. Panzer liefern? Wir? Gerade eher schwierig.

Die Bilanz der Panzerwende ist fΓΌr Olaf Scholz deshalb zwiegespalten. Es ist ein Erfolg des deutschen Kanzlers, US-PrΓ€sident Joe Biden davon ΓΌberzeugt zu haben, dass die USA auch Abrams-Kampfpanzer liefern. Doch dieser Erfolg hat offensichtlich Nebenwirkungen: Der Zusammenhalt unter den europΓ€ischen Partnern – "unser hΓΆchstes Gut", wie Scholz es im Bundestag selbst nennt – er ist noch immer angeknackst.

Spitze gegen Polen

Dass nicht alles ganz so glattlaufen kânnte mit der großen Panzerwende, das schien Olaf Scholz schon bei der Ankündigung in der vergangenen Woche geahnt zu haben. Als er gefragt wurde, wie viele Partner sich an den Lieferungen beteiligen würden, lÀchelte Scholz kurz und sagte: "Das wird jetzt ganz interessant werden. Übrigens auch für diejenigen, die sich besonders damit hervorgetan haben, in âffentlichen Diskursen der deutschen Innenpolitik teilzunehmen." Denn das müsse nun bedeuten, "dass man dann auch substanziell etwas beitrÀgt".

Es ist eine unverblΓΌmte Spitze gegen EU-Staaten wie Polen, die den Kanzler ΓΆffentlich und zum Teil deftig angegangen sind. Und es ist eine "Dissonanz" aus dem Munde des Kanzlers selbst, um es mit seinen Worten zu sagen.

Solche Kritik spart sich Scholz an diesem Mittwoch im Bundestag. Die Fakten sprechen inzwischen fΓΌr ihn und seine Version der Geschichte. Und mit zusΓ€tzlicher Kritik, so sieht er das wohl, bewegt er die Partner nun auch nicht dazu, bei seiner Panzerwende mitzumachen.

Bislang fallen die konkreten Zusagen sparsam aus. Besonders die nΓΆrdlichen Staaten halten sich zurΓΌck: Schweden zieht sich darauf zurΓΌck, gerade 50 Kampffahrzeuge versprochen zu haben. Norwegen verweist vor allem auf "langjΓ€hrige Hilfszahlungen" an die Ukraine. DΓ€nemark scheint nicht zu wissen, wie viele Panzer es hat. Und Finnland war zwar vorne dabei, die Panzerwende zu fordern. Nun sagt die Regierung aber, dass sie viele Leopard-Panzer an der langen Grenze zu Russland selbst brauche.

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Anton Hofreiter: "Es geht jetzt darum, Vertrauen zurΓΌckzugewinnen."

Die deutsche Bundesregierung hingegen hatte nach den zunΓ€chst angekΓΌndigten 14 Leopard-2-Kampfpanzern Anfang der Woche noch eine gute Nachricht fΓΌr die Ukraine: Der Bundessicherheitsrat genehmigte den Export von 178 Leopard-1-Panzern, die bei RΓΌstungskonzernen herumstehen. Viele davon mΓΌssen zwar noch repariert werden und werden wohl erst nΓ€chstes Jahr einsatzbereit sein. Aber ein Ende des Krieges ist bislang ja auch nicht in Sicht.

Doch es gibt in der Ampelkoalition eben auch Politiker, die glauben, dass Scholz an den "Dissonanzen" und auch an der ZΓΆgerlichkeit der Partner nicht ganz unschuldig ist. Gerade weil er gerne tut, was er diesmal auch tat: Die Panzerentscheidung mit dem US-PrΓ€sidenten Joe Biden zunΓ€chst "vertraulich vorbereiten – und dann erst kommunizieren". Was im Klartext heißt: Alle anderen bekommen die Fakten erst im Anschluss prΓ€sentiert.

Der GrΓΌnen-Politiker Anton Hofreiter sieht Scholz jedenfalls nun wieder in der Pflicht. "Es geht jetzt darum, Vertrauen zurΓΌckzugewinnen und die europΓ€ischen Partner zu ΓΌberzeugen", sagte er t-online. "Es ist gut, dass der Kanzler endlich eine koordinierende Rolle ΓΌbernimmt."

Unmut bei den VerbΓΌndeten

Das ist auch nâtig. Denn vom "Gleichklang", den Scholz in seiner RegierungserklÀrung beschwor, ist bei vielen Verbündeten nichts zu spüren. Im Gegenteil: Dort hat das lange Schweigen des Kanzlers in der Panzerfrage den Eindruck hinterlassen, dass Berlin kein verlÀsslicher Verbündeter ist. "Weiß er überhaupt, dass es gerade einen Krieg gibt?", lÀsterte der britische "Telegraph".

Der US-Nachrichtendienst "Bloomberg" bezeichnete Scholz als "das schwache Glied des Westens in der Ukraine-Krise". Von einem "geschwΓ€chten Kanzler" schrieb auch die franzΓΆsische Tageszeitung "Le Monde" und fΓΌhrte dies unter anderem auf Uneinigkeit im KoalitionsbΓΌndnis zurΓΌck. In Paris hat man Scholz noch nicht verziehen, dass er Anfang November allein zum Antrittsbesuch nach China reiste und Frankreichs PrΓ€sidenten Emmanuel Macron nicht mitnahm.

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Friedrich Merz: Der CDU-Chef macht dem Kanzler VorwΓΌrfe. (Quelle: IMAGO/Frederic Kern)

Der Blick auf Scholz scheint im Ausland derzeit vor allem vom Geist des alten Zitats aus Goethes "Faust" geprΓ€gt zu sein: "Die Botschaft hΓΆr' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube." Trotz der Panzerwende gibt es weiter Zweifel, ob man auch kΓΌnftig auf Deutschland zΓ€hlen kann. Oder ob Scholz wieder wochenlang zΓΆgert und zaudert. Dass man selbst in der Umsetzung der eigenen markigen Worte ZurΓΌckhaltung ΓΌbt, wird dabei gern ausgeblendet.

Im Inland nutzt die Opposition diesen Eindruck fΓΌr die politische Attacke. In seiner Antwort auf die RegierungserklΓ€rung warf Unionsfraktionschef Friedrich Merz dem Kanzler am Mittwoch vor, "bis zum Schluss gebremst und gezΓΆgert" zu haben. Auch bemΓ€ngelte er die angeblich schlechte Vorbereitung der Lieferungen. Man kΓΆnne nur hoffen, dass die versprochene Hilfe nicht zu spΓ€t komme, sagte Merz.

Zumindest außenpolitisch scheint Scholz nun entschlossen zu sein, den Eindruck des Zauderers korrigieren zu wollen. So entschied er sich, den ukrainischen PrΓ€sidenten Wolodymyr Selenskyj bereits am Mittwochabend in Paris zu treffen – und damit noch vor Beginn des EU-Sondergipfels am Donnerstag. Schon am Dienstag war Verteidigungsminister Boris Pistorius nach Kiew gereist.

Es sind solche Gesten, die demonstrieren sollen: Deutschland steht fest an der Seite der Ukraine, allen Kritikern zum Trotz. Doch spΓ€testens, wenn die Diskussion ΓΌber die Lieferung von Kampfjets richtig Fahrt aufnimmt, kΓΆnnte Scholz wieder in ErklΓ€rungsnot geraten.

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