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"Steadfast Defender" soll Putin warnen – Diese Rolle spielt Deutschland


Nato-Warnung an Putin
Nun rollen die Panzer durch Deutschland

Von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 04.02.2024Lesedauer: 5 Min.
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Pistorius beim Panzerbataillon 203 im Januar: Wo kommen die Leoparden her?Vergrößern des Bildes
Verteidigungsminister Pistorius beim Panzerbataillon 203 im Januar: Deutschland stellt für das Nato-Manöver "Steadfast Defender" 12.000 Soldaten. (Quelle: Sascha Schuermann)

Das Nato-Manöver "Steadfast Defender" ist mit 90.000 Soldaten die größte Militärübung seit Ende des Kalten Krieges. Es ist eine Warnung an Wladimir Putin, bei der Deutschland eine besondere Rolle zukommt.

Alarm an der Ostsee. In der Nähe von Rügen erkennt die Luftsicherung am Dienstagabend ein russisches Aufklärungsflugzeug vom Typ Iljuschin 20. Binnen Minuten steigen zwei Eurofighter der deutschen Alarmrotte auf, fangen das Flugzeug ab, das ohne Transpondersignal geflogen ist. Die russische Militärmaschine wird im internationalen Luftraum "identifiziert, kurzzeitig begleitet, bevor diese wieder nach Osten abgedreht ist", heißt es später in einer Mitteilung der Luftwaffe auf der Plattform X (früher Twitter).

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Der Einsatz ist kein Einzelfall. Seit der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 fliegen russische Flugzeuge immer wieder auch in Richtung Nato-Luftraum, um die Reaktionsfähigkeit des Militärbündnisses zu testen. Nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 gewannen diese Vorfälle zusätzlich an Brisanz.

Denn Wladimir Putins Krieg in Europa hat auch das Sicherheitsverständnis auf dem Kontinent komplett auf den Kopf gestellt. Die Nato scheint aus einem jahrzehntelangen Schlaf erwacht, Russland ist wieder zur Gefahr geworden. Das derzeit laufende Großmanöver "Steadfast Defender" ist eine Warnung an Putin, aber gleichzeitig auch eine Selbstvergewisserung für die Nato. Denn die Übung soll zeigen, dass das westliche Bündnis jedes Mitgliedsland verteidigen kann.

t-online beantwortet die wichtigsten Fragen zum Nato-Manöver:

Was ist Steadfast Defender?

An dem Großmanöver "Steadfast Defender" ("Standhafter Verteidiger") sollen sich bis Ende Mai rund 90.000 Soldaten beteiligen. Die erste große Übung wird nach Angaben des Hauptquartiers am 11. Februar im belgischen Mons beginnen. "Das Bündnis wird seine Fähigkeit unter Beweis stellen, den euroatlantischen Raum durch transatlantische Truppenbewegungen aus Nordamerika zu stärken", erklärte Nato-Oberbefehlshaber Christopher Cavoli am Mittwoch.

Das Ziel der Übung: die Verlegung von US-Soldaten zur Unterstützung europäischer Truppen in an Russland angrenzenden Ländern und an der Nato-Ostflanke im Fall eines Konfliktes.

Russland wird in dem Nato-Strategiepapier nicht namentlich erwähnt. Doch bei "Steadfast Defender" wird das Szenario eines russischen Angriffs auf unterschiedliche Nato-Mitglieder durchgespielt, wie t-online aus Sicherheitskreisen erfuhr. Es geht also um den sogenannten Bündnisfall nach Artikel 5 des Nato-Vertrages, in dem Soldaten und militärisches Gerät möglichst schnell in Richtung Osten verlegt werden müssen. Der Artikel regelt die Beistandsverpflichtung in der Allianz und besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Alliierte als ein Angriff gegen alle angesehen wird. Die Nato probt also ihre Reaktionsfähigkeit, es ist keine Angriffsübung.

Video | Zuletzt griff die Ukraine einen russischen Panzerkonvoi an
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Quelle: t-online

Wo findet das Nato-Manöver statt?

Viele europäische Nato-Staaten sind von der Verlegeübung betroffen, da die Logistikketten vom Westen in den Norden oder nach Osten gehen. Dabei hat die Nato unterschiedliche neuralgische Punkte gewählt, an denen ein russischer Angriff stattfinden könnte. Deswegen geht es bei "Steadfast Defender" vor allem darum, Bodentruppen erst nach Norwegen und im Laufe der Monate nach Rumänien und ins Baltikum zu transportieren. Und das möglichst schnell.

Deutschland wird dabei zur Drehscheibe für nationale und internationale Kräfte, für Panzer und anderes militärisches Gerät. "Aufgrund des Umfanges wird die Übung in Europa und insbesondere in der deutschen Öffentlichkeit für alle Bürgerinnen und Bürger sichtbar sein", schreibt die Bundeswehr dazu auf ihrer Homepage. "Welche konkreten Auswirkungen es auf den Straßen-, Luft- und Seeverkehr geben wird und wie die Übung abläuft, darüber wird die Bundeswehr auf allen Medienkanälen umfassend informieren."

Wie ist der genaue Ablauf?

Aktuell geht es erst einmal darum, Soldaten und militärisches Gerät aus den USA und Kanada über den Atlantik und über die Arktis nach Europa zu transportieren. Dieser Prozess läuft seit Januar.

Die Bundeswehr wird sich nach eigenen Angaben unter anderem mit einem vierstufigen Großmanöver mit dem Namen "Quadriga 2024" an "Steadfast Defender" beteiligen. Es gibt vier größere Stoßrichtungen: Erst werden schnell verlegbare Kräfte wie Gebirgsjäger zum Training nach Norwegen gebracht ("Grand North"). Sie sollen in der Grenznähe zu Russland im Norden vor allem bei sehr niedrigen Temperaturen trainieren. Soldaten und Ausrüstung werden per Flugzeug, Bahn, Schiff und auf dem Landweg in den Norden verlegt.

In der zweiten Phase ("Grand Center") wird eine Brigade mit schwerem Gerät und Panzern in den Osten verlegt. Erst geht es vor allem auf Straßen zu Übungen nach Polen, danach weiter nach Litauen.

In Phase drei ("Grand South") werden dann im Mai schnell verlegbare Kräfte an die Südostflanke gebracht. Teilweise werden die Soldaten direkt nach Rumänien geflogen, teilweise fliegen sie davor nach Ungarn. Die Logistik zur Versorgung der Truppen läuft dann über Schiene und Lastwagen.

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Zum Schluss stehen erneut die Panzer und das Baltikum im Fokus. Die Bundeswehr schreibt dazu: "Die 10. Panzerdivision verlegt auf verschiedenen Wegen Soldatinnen und Soldaten mit Gefechtsfahrzeugen nach Litauen und zeigt dort in einem Gefecht ihre Fähigkeit zum Kampf." Dabei werden alle möglichen Verkehrsmittel genutzt, dieses Mal auch Schiffe.

Wer nimmt an "Steadfast Defender" teil?

An der viermonatigen Übung beteiligen sich alle 31 Bündnisländer und der Beitrittsanwärter Schweden. Laut Nato-Angaben werden neben den 90.000 Soldaten 50 Marineschiffe, 80 Flugzeuge und über 1.100 Kampffahrzeuge daran teilnehmen.

Die Bundeswehr stellt dabei einen großen Teil: Bis Ende Mai sind mehr als 12.000 deutsche Soldaten im Einsatz. Ab Mitte Mai wird beispielsweise die 10. Panzerdivision auf verschiedenen Wegen Soldaten mit Gefechtsfahrzeugen nach Litauen verlegen. Es ist damit die größte Übung deutscher Landstreitkräfte seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.

Dabei unterstrich die Bundeswehr im Januar mehrfach die Notwendigkeit des großen Aufwands. So bekräftigte der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, am Dienstag die besondere Verantwortung der Bundesrepublik. "Deutschland ist das Rückgrat der Verteidigung Europas", sagte Breuer der Deutschen Presse-Agentur. "Die Übung Quadriga ist ein wichtiger Schritt zur Kriegstüchtigkeit mit dem Ziel, einen Gegner abzuschrecken."

Es ist laut Breuer das erste Mal, dass Deutschland Dreh- und Angelpunkt für die Verteidigung Europa sei. Weiter erklärte er: "Die Verlegung von Truppen ist militärisches Kerngeschäft. Jeder Handgriff muss sitzen. Nur was geübt wird, klappt im Ernstfall!" In den kommenden Jahren werde die Bundeswehr mehr und mehr Großübungen mit den Alliierten auch in Deutschland durchführen.

Wie reagiert Russland?

Der Kreml hat die Nato als eine "Bedrohung" Russlands bezeichnet. "Wir ergreifen ständig geeignete Maßnahmen, um damit umzugehen", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau auf eine Frage nach dem derzeit laufenden Nato-Manöver. "Die Allianz hat ihre militärische Infrastruktur seit mehreren Jahrzehnten ununterbrochen auf unsere Grenzen zubewegt."

Der Kreml bespielt damit sein Narrativ, dass die Nato sich immer weiter in Richtung Osten ausbreite und Russland damit bedrohe. Aber die baltischen Länder sind nun schon fast 20 Jahre in der Nato. Das jetzige Manöver und die Aufnahme von Schweden und Finnland in die Nato dagegen sind Reaktionen auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine – also auf die russische Reaktion.

Bereits im Januar hatte der Kreml das Nato-Großmanöver als endgültigen Rückfall des transatlantischen Militärbündnisses in die Zeiten des Kalten Krieges kritisiert. Das Manöver sei ein weiteres Element des hybriden Krieges, den "der Westen gegen Russland entfesselt" habe, sagte Vizeaußenminister Alexander Gruschko der staatlichen Nachrichtenagentur RIA im Januar.

Auch das ist Propaganda, schließlich hat Putin den Krieg gegen die Ukraine begonnen. Die Reaktionen aus Moskau legen nahe, dass die Nato-Übung Wirkung zeigt – und das ist mit Blick auf Russland auch das Ziel des Westens.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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