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Migration | Söder will "Integrationsgrenze" – SPD wirft ihm Wahlkampf vor


Debatte um Migration
Söder fordert "Integrationsgrenze" – scharfe Kritik von der SPD

Von dpa, afp, csi

Aktualisiert am 18.09.2023Lesedauer: 4 Min.
Markus Söder (Archivbild): Der bayerische Ministerpräsident will für Geflüchtete eine Chipkarte zum Bezahlen einführen.Vergrößern des BildesMarkus Söder (Archivbild): Der bayerische Ministerpräsident will für Geflüchtete eine Chipkarte zum Bezahlen einführen. (Quelle: Stefan M. Prager/imago images)
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Die Union fordert unter anderem eine Obergrenze für Geflüchtete in Deutschland. SPD-Chef Lars Klingbeil wirft ihm eine Spaltung der Gesellschaft vor.

CSU-Parteichef Markus Söder hat einen "Deutschlandpakt" im Kampf gegen ungeregelte Migration in Deutschland gefordert. Experten rechneten in diesem Jahr mit bis zu 400.000 Asylanträgen, sagte Söder nach einer Sitzung seines Parteivorstandes in München. Er wiederholte seine Forderung nach einer Obergrenze in Höhe von rund 200.000 Asylbewerbern pro Jahr in der Bundesrepublik. "Es braucht eine Integrationsgrenze als Richtwert für unser Land", sagte Söder.

Die Asylbewerberzahlen in Deutschland stiegen kontinuierlich an, während etwa im Nachbarland Österreich die Zahlen zurückgingen. Migration sei deshalb nicht nur eine europäische, sondern auch eine nationale Frage. Wenn die Flüchtlingszahlen zu hoch seien, sei Integration nicht mehr leistbar, sagte Söder mit Verweis etwa auf die Kapazitäten von Kindertagesstätten und Schulen. "Es braucht jetzt eine grundlegende Wende", sagte er.

Klingbeil übt deutliche Kritik

SPD-Chef Lars Klingbeil kritisierte die Forderung von Bayerns Ministerpräsident Söder scharf. Rund drei Wochen vor der Wahl in Bayern habe Söder "wieder zur großen Keule ausgeholt" und mache Politik auf dem Rücken von Migrantinnen und Migranten, sagte der SPD-Politiker am Montag in Berlin. Es sei ein Politikmodell von Söder, dem Bund immer Ratschläge zu erteilen, "aber selbst anpacken wäre ja auch nicht falsch".

"Deswegen können wir nur dringend davon abraten, jetzt die Gesellschaft zu spalten und hier dann wirklich mit solchen Worten auch dafür zu sorgen, dass die Polarisierung weiter vorangetrieben wird", sagte Klingbeil.

Söder wies die Vorwürfe zurück: "Lampedusa kennt keine Landtagswahl in Bayern", sagte er mit Blick auf die italienische Mittelmeerinsel, auf der gerade eine große Zahl von Geflüchteten aus Nordafrika ankommt. Mehr dazu lesen Sie hier.

Chipkarten statt Geld für abgelehnte Asylbewerber

Zuvor hatte Söder in der "Bild am Sonntag" verkündet, dass es für abgelehnte Asylbewerber in Bayern bald kein Geld mehr, sondern Chipkarten zum begrenzten Einkauf bestimmter Waren geben werde. Er kündigte zudem ein Programm an, damit Asylbewerber bis zur Entscheidung über ihren Aufenthaltsstatus verstärkt gemeinnützige Arbeit übernehmen können. Dabei gehe es um Arbeit in Bauhöfen oder Parks. "Das sollte überall in Deutschland gemacht werden", sagte Söder rund drei Wochen vor der bayerischen Landtagswahl.

Linke-Chef Martin Schirdewan warf dem CSU-Chef vor, er spiele auf der Klaviatur des Rechtspopulismus. Menschen versuchten unter Lebensgefahr, einen sicheren Hafen zu erreichen, sagte er der "Augsburger Allgemeinen". "Söder fällt dazu nichts Besseres ein, als sie unter Generalverdacht zu stellen und ihnen das Leben bei uns möglichst unangenehm zu machen. Entmündigung beim Einkauf und Zwangsarbeit sind die Rezepte, die er als bayerisches Vorbild zum Umgang mit Geflüchteten anpreist."

Doch auch die große Schwesterpartei der CSU, die CDU, dringt auf schnell umsetzbare Maßnahmen zur Begrenzung der Migration nach Deutschland. "Die Zahlen müssen herunter", sagte Generalsekretär Carsten Linnemann nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. Dafür sollten nach dem Vorbild der deutsch-österreichischen Grenze auch an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz Grenzkontrollen eingeführt werden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sei in der Verantwortung, dies umzusetzen. Außerdem sollten die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten im Asylrecht eingestuft werden.

Bundesregierung will europäische Lösung

Die Bundesregierung wies die Forderungen nach einer solchen Obergrenze in Deutschland hingegen zurück. "Eine Obergrenze löst das Problem nicht", sagte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag in Berlin. Das Problem müsse auf europäischer Ebene gelöst werden: "Die einzige vernünftige Möglichkeit, bei diesem komplexen Thema Migration voranzukommen, ist eine dauerhafte Steuerungsordnung im europäischen Rahmen."

Die Ampelkoalition signalisierte Unterstützung für den Notfallplan von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für die Bewältigung der ansteigenden Geflüchtetenzahlen in Italien, die unter anderem eine strengere Überwachung der Meeresgrenzen bis hin zu einem Marineeinsatz vorsehen. "Wir werden das nicht anders machen können", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Sonntagabend in der ARD. "Ansonsten bekommen wir die Migrationslage so nicht in den Griff."

Faeser sprach sich wie von der Leyen für eine Verstärkung der Maßnahmen gegen Schleuser aus. "Die Schleusungen haben unglaublich zugenommen und bringen viele Menschen in Gefahr", sagte die Ministerin. "Wir verändern jetzt das Recht, indem man auch Schleusern zum Beispiel hier den Aufenthaltstitel entziehen kann."

FDP schlägt Bezahlkarte für Asylbewerber vor

Die FDP schlägt indessen wie Söder vor, eine bundesweite Bezahlkarte zu etablieren, mit der Asylbewerber ihren täglichen Bedarf im Einzelhandel decken können. Anders als bei der Auszahlung von Geld wären dann keine Rücküberweisungen in Herkunftsländer möglich, heißt es in einem Beschluss des Parteipräsidiums. "Damit würde ein wesentlicher Anreiz zur Einreise in die Sozialsysteme entfallen", argumentiert die FDP in ihrem Papier mit dem Titel "Irreguläre Migration rechtsstaatlich und geordnet wirksamer bekämpfen und spürbar reduzieren".

Die Partei fordert Länder und Kommunen zudem auf, bei Asylbewerbern mit geringer Bleibeperspektive die Möglichkeit zu nutzen, vermehrt auf Sach- anstatt auf Geldleistungen zu setzen. Anstatt etwa Geld für Bus- und Bahntickets oder Handy-Guthaben zu überweisen, könne man Fahrscheine oder Prepaid-Karten direkt zur Verfügung stellen.

FDP: Liste der sicheren Herkunftsstaaten ausweiten

Die FDP wiederholte außerdem ihren Vorschlag, Marokko, Tunesien und Algerien zu sogenannten sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, um die Asylverfahren von Staatsbürgern dieser nordafrikanischen Staaten zu beschleunigen. Diesen Vorschlag hatten die Grünen allerdings schon mehrfach zurückgewiesen.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte: "Ja, da haben wir einen Konflikt innerhalb der Koalition, vor allem mit dem grünen Koalitionspartner, aber das ist etwas, was aus unserer Sicht zentral ist und eine Notwendigkeit, und deswegen werden wir auch diese intensive Auseinandersetzung innerhalb der Koalition so austragen und führen."

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex sollte "perspektivisch auch die Seenotrettung im Mittelmeer und die Ausschiffung der Geretteten in sichere Drittstaaten mit Migrationsabkommen übernehmen", heißt es in dem Papier weiter. Aus Sicht der FDP sollten außerdem Fördermaßnahmen ausgeweitet werden, um Menschen, die Deutschland verlassen müssen, zur freiwilligen Ausreise zu bewegen.

Die FDP warnte, der gesellschaftliche Zusammenhalt drohe zu zerbrechen, wenn es nicht gelinge, Schutzbedürftige fairer in Europa zu verteilen und die Zahl unberechtigter Anträge erheblich zu senken. Gleichzeitig forderte sie mehr Tempo bei der Umsetzung der bereits beschlossenen Pläne für erleichterte Erwerbsmigration. Um die Visa-Vergabe an Fachkräften zu beschleunigen, müssten an deutschen Auslandsvertretungen rasch zusätzliche Kapazitäten geschaffen und Verfahren digitalisiert werden.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa und AFP
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