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Krise nach Nahles-Rücktritt: Wie geht es nun weiter bei der SPD?


Krise nach Nahles-Rücktritt
Wie geht es nun weiter bei der SPD?

Von reuters, dpa, pdi

02.06.2019Lesedauer: 4 Min.
Nahles tritt vom SPD-Partei- und Fraktionsvorsitz zurückVergrößern des BildesNahles tritt vom SPD-Partei- und Fraktionsvorsitz zurück (Quelle: dpa-bilder)
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Der Rücktritt von Andrea Nahles als Parteichefin stürzt die SPD in eine noch tiefere Krise. Auch der Fortbestand der großen Koalition steht auf der Kippe. Wie geht es nun weiter, wer kann die SPD übernehmen?

Die SPD steht mit dem Rückzug der Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles schlagartig vor weitreichenden Entscheidungen, die auch den Fortbestand der Regierung der größten Volkswirtschaft Europas infrage stellen könnten. Eine Konsequenz könnte eine vorgezogene Neuwahl des Bundestages noch in diesem Jahr sein.

Die Frage, ob die SPD die in der Partei und in der Bevölkerung unbeliebte große Koalition fortsetzt, ist eng verknüpft mit der Neuordnung der Führung von Fraktion und Partei. Im Folgenden mögliche Szenarien:

Fraktion

Die für Dienstagnachmittag angesetzte Wahl zum Fraktionsvorsitz könnte nach Einschätzung von SPD-Abgeordneten auf die letzte Sitzungswoche vor der Sommerpause Ende Juni verschoben werden. Als mögliche Kandidaten sind derzeit zwei Männer im Gespräch: Achim Post, Vorsitzender der Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen, die mit 40 Parlamentariern über ein Viertel der 152 SPD-Abgeordneten stellen - und Matthias Miersch, Chef der Parlamentarischen Linken (PL), dem mit über 70 Mitgliedern größten Zusammenschluss in der Fraktion.


Post ist bislang Vizefraktionschef unter anderem für Europa und Finanzen - sein Herzblut gehört aber der Europapolitik. Er ist einer der umtriebigsten SPD-Politiker, der sich zu allen Themen öffentlich äußert. Er gilt als der maßgebliche Kritiker von Nahles hinter den Kulissen. Nach der Europa- und Bremenwahl forderte er "Ernsthaftigkeit, inhaltliche Zuspitzung und Mut zu neuen Impulsen". Teilen der Fraktion stößt sauer auf, dass er auch nach der Aufforderung von Nahles an ihre Kritiker, beim Fraktionsvorsitz gegen sie zu kandidieren, nicht aus der Deckung gekommen ist und bis zum Sonntag keine Kandidatur anmeldete.

Miersch hat sich als Umwelt- und Klimapolitiker einen Namen gemacht, ist dafür auch als Vizefraktionschef verantwortlich. Der Niedersachse beackert damit ein Themengebiet, auf dem viele Wähler Defizite der SPD sehen und auf dem die Sozialdemokraten erklärtermaßen stärker punkten wollen. So arbeitet er seit langem mit anderen in der Parteiführung an einem Grundsatzpapier zum Thema Arbeit und Umwelt, das der Parteivorstand noch vor der Sommerpause auf den Weg bringen sollte.

Partei

Die Neuwahl des Parteivorsitzes soll auf einem ordentlichen Parteitag stattfinden. Dieser kann wegen der Einladungsfrist von mindestens drei Monaten frühestens im September stattfinden. Die SPD könnte auch bis zum geplanten Parteitag im Dezember warten. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist als Übergangsparteichefin im Gespräch. Die Entscheidung könnte am Montag im Parteivorstand fallen. Die in der SPD beliebte Politikerin hat in der Vergangenheit eine dauerhafte Übernahme des Parteivorsitzes aus gesundheitlichen Gründen ausgeschlossen.


Als mögliche Kandidaten für den Parteivorsitz gelten Vizekanzler Olaf Scholz, Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Scholz ist ein enger Vertrauter und Wegbegleiter von Nahles, steht wie sie für die große Koalition und macht kein Hehl daraus, dass er die Kanzlerkandidatur für die SPD anstrebt. In der Partei ist er seit vielen Jahren einer der einflussreichsten Strippenzieher, bei deren Funktionären aber nicht sonderlich beliebt, gemessen an den Wahlergebnissen, die er auf Parteitagen erzielte. In Umfragen in der Bevölkerung schneidet er deutlich besser ab. Er stünde nicht für einen Neuanfang. Zudem koordiniert er als Vizekanzler die SPD in der Bundesregierung - gut möglich, dass er sich nicht auch noch den Parteivorsitz aufbürden möchte.

Chancen auf den Parteivorsitz könnte sich Schwesig ausrechnen, seit vielen Jahren Vizechefin der Partei. Die Regierungschefin in Schwerin gilt als ehrgeizig, hat aber noch keine Landtagswahl als Spitzenkandidatin bestritten. Wenn die Fraktionsführung an einen Mann ginge, dürften ihre Chancen steigen. Scholz und Weil können dagegen auf Wahlerfolge in Hamburg und Niedersachsen verweisen. Weil entschied die Landtagswahl in Niedersachsen im Oktober 2017 nur kurz nach dem SPD-Debakel bei der Bundestagswahl für sich. Er hat bislang keine Ambitionen erkennen lassen, den Parteivorsitz anzustreben, aber eine Konzentration der SPD auf wenige Themen gefordert.

Große Koalition

Angesichts des großen Unbehagens in der SPD mit der großen Koalition wird bei der Auswahl des SPD-Führungspersonals eine Rolle spielen, wie sie sich zur Regierung mit der Union positionieren. Scholz hat eine Aufkündigung der Koalition bisher stets abgelehnt, zeigte aber nun vorsichtige Distanz: In einem "Tagesspiegel"-Interview sagte er, "eine Fortsetzung der heutigen Koalition nach 2021 will niemand". Das beinhaltet auch ein Bekenntnis zur Fortsetzung der Koalition bis zum Ablauf der Wahlperiode.


Andere wie Juso-Chef Kevin Kühnert haben dagegen schon rote Linie gezogen für einen Verbleib in der Koalition. Er fordert den Abschied von der Union, wenn diese beim Klimaschutzgesetz mauert. Auch der Streit über die von der SPD geforderte Grundrente könnte den Sozialdemokraten Munition liefern, das Regierungsbündnis aufzukündigen. In dem Fall könnte es Neuwahlen zum Bundestag geben, wenn sich Union, FDP und Grüne nicht auf ein Jamaika-Bündnis verständigen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte von der SPD bereits ein klares Signal zur Fortsetzung der großen Koalition.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters, dpa
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