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Tagesanbruch: Warum Angela Merkel erfolgreicher ist als Donald Trump


Was heute wichtig ist
Warum Angela Merkel erfolgreicher ist als Donald Trump

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 18.07.2019Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Bregenz: Eine Szene der Oper "Rigoletto" von Verdi auf der Seebühne.Vergrößern des Bildes
Bregenz: Eine Szene der Oper "Rigoletto" von Verdi auf der Seebühne. (Quelle: dpa-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Am Bodensee wurde einem Großen gestern Abend eine ganze große Bühne geboten. Die Bregenzer Festspiele wurden eröffnet mit einem Stück von Giuseppe Verdi. Die knapp 170 Jahre alte Oper "Rigoletto" wurde aufgeführt.

Die Kurzfassung in drei Sätzen: Ein rücksichtsloser und mächtiger Herrscher (der Herzog von Mantua) nimmt sich Frauen, weil er es aufgrund seiner Stellung kann. Der Hofnarr (Rigoletto) verliert seine Tochter Gilda an ihn und will sich rächen. Das Ende der Geschichte: Die Rache misslingt, Rigoletto verliert seine Tochter.

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Und heute? Die mächtige Angela Merkel tritt mit Annegret Kramp-Karrenbauer und Ursula von der Leyen im Schloss Bellevue auf. Um die Übergabe des Verteidigungsministeriums formell zu vollziehen. Das Lachen, das sich die alte und neue Verteidigungsministerin im Bendlerblock wenig später zuwerfen, werde ich lange nicht vergessen. Da sagen sich zwei starke Frauen: Wir haben es geschafft. Erleichtert, stolz und mächtig zugleich.

Es wäre eine falsche Analogie, Bundeskanzlerin Angela Merkel in diesem politischen Akt mit dem Herzog von Mantua gleichzusetzen. Zwar ist sie die Mächtige. In Brüssel, Straßburg und Berlin sind die Dinge in den vergangenen Wochen so verlaufen, wie sie es wollte. Aber sie regiert nicht wie ein Herzog. Sie agiert klug, aber nicht mit Gewalt. Sie ist zielstrebig, aber nicht laut. Sie ist erfolgreich, aber nicht dominant. Ein endgültiges Urteil über ihren Regierungsstil werden die Geschichtsbücher fällen, aber eines ist schon jetzt klar: Sie regiert anders als alle Kanzler vor ihr: Adenauer, Erhard, Kiesinger, Brandt, Schmidt, Kohl, Schröder. Warum? Unterschied ist nicht nur, dass alle ihre Vorgänger Männer waren. Merkel ist zugleich die erste Wissenschaftlerin, die erste Kanzlerin mit Ostbiografie und die erste Pfarrerstochter, die dieses Amt bekleidet. Klar ist: Merkel regiert anders.

In der Rolle des Herzogs von Mantua gefällt sich dagegen US-Präsident Donald Trump. Der Mächtige, der sich herausnimmt, was ihm passt. Weil er es kann.

Dem US-Repräsentantenhaus wurde es aber nun doch zu viel: Er hatte in einem Tweet vier demokratische Abgeordnete, allesamt Frauen, dazu aufgefordert, in ihre vermeintlichen Heimatländer zurückzukehren. Egal, dass drei von ihnen in den USA geboren wurden und die vierte schon als Teenager eingebürgert wurde. Weltweit gibt es derzeit einige Typen wie Trump. Wladimir Putin, Recep Tayyip Erdogan, Jair Bolsonaro – und die Liste ließe sich fortsetzen. Was sie eint, ist zum einen der Stil, das Regieren mit dominanten Machtgesten. Zum anderen eint sie alle ein egozentrisches Handeln, ohne Rücksicht auf Folgen.

Was Trump vergisst: In "Rigoletto" verliert der Herzog am Ende wie alle anderen auch. Die Zeit der Herzöge ist vorbei. Niemand kann nur um seiner eigenen Ziele willen regieren. Auch Trump muss zusehen, dass am Ende möglichst viele etwas dazugewinnen. Langfristig zählt das gute Ergebnis.

Natürlich weiß Trump auch, dass er nicht despotisch regieren kann wie ein Herzog. Deshalb erzeugt er Stimmungen. Das hilft kurzfristig, trägt aber nicht auf Dauer.

Erdogan hat genau das bei der erneuten Kommunalwahl in Istanbul erfahren müssen. Seine Wähler hatten seinen despotischen Politikstil genau so lange mitgetragen, wie sie sich von ihm Arbeitsplätze und Stabilität erhofften. Auch Donald Trump wird nicht wegen seiner Tweets unterstützt, sondern weil die Leute wirtschaftliche Erfolge seiner Politik erhoffen.

Der Politikstil der ostdeutschen Wissenschaftlerin und Pfarrerstochter Angela Merkel zeigt in die entgegengesetzte Richtung. Ihre Macht ist nicht despotisch, sondern durch Beharrlichkeit und Erfolge gefestigt. Ihr Politikstil hat auch etwas damit zu tun, dass Angela Merkel kein Mann ist. Aber ihn darauf zu verkürzen, wäre falsch. Ihr Erfolg beruht darauf, dass sie zielorientiert arbeitet, ohne Gehabe. Das können auch Männer.


WAS STEHT AN?

Zum Auftakt des Petersburger Dialogs treffen sich zwei Männer heute in Königswinter: Außenminister Heiko Maas und sein russischer Kollege Sergej Lawrow. Die beiden haben viel zu bereden. Der Konflikt in der Ukraine, die Sanktionen, der INF-Vertrag, der Iran-Konflikt, Syrien – die Liste der Themen ist lang. Aber die deutsch-russischen Beziehungen sind so schlecht wie selten.

Als Maas im Januar nach Moskau reiste, saß Lawrow bei einer Pressekonferenz minutenlang neben Maas, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Lawrow dozierte über die vermeintlichen Versäumnisse der USA, Maas wirkte daneben wie ein Schüler. Kein Wunder, der russische Außenminister ist knapp 17 Jahre älter und fast einen Kopf größer als Maas. Es fehlt an Gleichgewicht zwischen den beiden Männern.

Doch in Königswinter kommt Lawrow als Gast, Maas gibt den Gastgeber. Der Petersburger Dialog hat in den Jahren seit seiner Gründung durch Bundeskanzler Gerhard Schröder im Jahr 2001 immer gut als Diskussionsforum für deutsch-russische Fragen funktioniert. Ein besseres Verhältnis zu Russland würde bei vielen Themen weltweit helfen – von Syrien, Iran bis zu Nordkorea. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Das zeigt sich auch daran, dass die beiden wichtigsten Gäste in Königswinter fehlen werden: Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin.


Sommer. Endlich ist mal wieder richtig Sommer. Nur wenig Regen, Temperaturen knapp um die 25 Grad und viel Sonne erwarten uns die nächsten Tage, im Süden sogar um die 30 Grad. Die Klimakrise-verdächtigen Rekordtemperaturen sind wie weggeblasen. Niemand redet mehr von Waldbränden.

Doch nördlich des Polarkreises sieht es ganz anders aus. Dort tobt das vermutlich größte Feuer der Geschichte unseres Planeten. Auf mindestens 100.000 Hektar brennt der Torf, der die Tundra bedeckt. Feuer dort sind im Sommer normal, doch sind sie in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Der Permafrostboden taut immer früher und großflächiger auf, dadurch werden die Feuer erst möglich. Allein im Juni gelangten so 50.000.000 Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Zudem taut der Permafrostboden dort, wo es gebrannt hat, jeden Sommer viel schneller auf. Die Klimakrise verschärft sich selbst.


WAS LESEN?

Interessieren Sie sich für den Mond? Wenn ja, sind sie dieser Tage in guter Gesellschaft. Jede Nation, die etwas auf ihr Raumfahrtprogramm hält, plant derzeit wieder Expeditionen zum Mond. Die NASA will 2024 wieder Menschen auf unserem nächsten Nachbarn absetzen. Ich persönlich bin noch nicht überzeugt, ich halte den Mond für den langweiligsten Felsbrocken in unserem Sonnensystem. Die Kollegen der BBC haben in einem herausragenden Lesestück erklärt, warum der Mond doch nicht so langweilig ist – aber ein Leben auf dem Mond eine komplexe Angelegenheit wird. Und warum Forscher trotzdem fasziniert von der Idee sind.

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Siemens-Chef Joe Kaeser musste an die Hölle denken, als er den Absender einer Todesdrohung an sich sah: adolf.hitler@nsdap.de. Doch wer immer die Mail geschrieben hat, er war zumindest beim Schreiben noch unter den Lebenden und hat den Abstieg in die Hölle noch vor sich. Mein Kollege Lars Wienand ist der Frage nachgegangen, wie eine derartige Mail verschickt werden kann. Er hat nicht nur die Antwort gefunden, die nach Tschechien führt. Er ist auch auf weitere Menschen gestoßen, die abgrundtief böse Nachrichten von dieser Adresse bekommen haben. Und er hat mit dem Mann Kontakt, der den Versand ermöglicht hat und dabei kein schlechtes Gewissen zeigt.


WAS MICH AMÜSIERT

Die Wahl von Ursula von der Leyen zur EU-Kommissionspräsidentin ist ja durchaus unterschiedlich bewertet worden. In digitalen Zeiten äußert sich das dann gerne auch mal direkt, in diesem Fall in unmittelbar aufeinander folgenden Push-Mitteilungen: Erst bild.de, dann t-online.de, dann folgt Martin Sonneborn. Aber sehen Sie selbst.

Ich wünsche Ihnen jetzt erst einmal einen entspannten Sommertag.

Ihr

Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Twitter: @peterschink

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