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Tagesanbruch: Mord in Frankfurt und Stuttgart – der perverse Umgang mit den Opfern


Was heute wichtig ist
Der widerliche Umgang mit den Mordopfern

MeinungVon Florian Wichert

Aktualisiert am 02.08.2019Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Im Internet werden nach den jüngsten Gewalttaten selbst die Opfer diffamiert.Vergrößern des Bildes
Im Internet werden nach den jüngsten Gewalttaten selbst die Opfer diffamiert. (Quelle: imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Es war eine schlimme Woche, die Deutschland noch lange beschäftigen wird. Ein achtjähriger Junge hat auf brutale Art sein Leben verloren, als er von einem 40-jährigen Mann ohne Vorwarnung vor einen ICE gestoßen wurde. Eine Familie trauert um ihr Kind. Bahnfahrer, Mitarbeiter und Zeugen am Frankfurter Hauptbahnhof blieben verstört zurück und haben Bilder im Kopf, die sie womöglich bis an ihr Lebensende nicht wieder loswerden.

Viele Menschen nahmen daraufhin ehrlich Anteil, legten Kränze, Blumen oder Kuscheltiere nieder. Sie nahmen an einer Andacht der Bahnhofsmission teil oder sammelten Geld für die Familie.

Und dann gab es andere.

Die Anderen machten Stimmung gegen Ausländer und die Flüchtlingspolitik, obwohl bis heute nichts auf eine Verbindung zwischen dem eritreischen Geburtsort des Tatverdächtigen und der Tat an sich hindeutet. Sie entluden ihren Hass in sozialen Netzwerken oder den Kommentarspalten der Medien. Sie versuchten, das Drama von Frankfurt für ihre politische Agenda zu missbrauchen und die Gesellschaft zu spalten. Sie hetzten gegen Kanzlerin Angela Merkel, die sie aufgrund ihrer Flüchtlingspolitik auch für dieses Drama verantwortlich machen wollten.

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Absurd, denn die umstrittene Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge erfolgte in Deutschland 2015. Der Tatverdächtige kam 2006 in die Schweiz – und wohnte dementsprechend nicht einmal in Deutschland.

Ja, diese Tat war abscheulich.

Der Hass richtete sich aber auch in einem unglaublichen Maß gegen die Familie des mutmaßlichen Täters, der an einer psychischen Erkrankung leidet. Morddrohungen und -fantasien im Netz richteten sich sogar gegen die Kleinkinder des Eritreers, der jahrelang als Vorbild einer gelungenen Integration galt. Die Familie musste an einen sicheren Ort gebracht werden.

Das alles ist schlimm.

Noch schlimmer ist, wie einige Menschen selbst jeglichen Opferschutz ignorieren. Im Internet kursiert seit Mittwoch ein Bild von einem Jungen, der ein blaues T-Shirt mit weißem Kragen trägt, strubbeliges Haar hat und einen nachdenklichen Blick. Sein Name: Oskar. Oskar soll das Opfer von Frankfurt sein. Das Problem: Er ist es nicht. Dieses Profil ist frei erfunden und zusammengegaunert, wie mein Kollege Lars Wienand herausgefunden hat. Ein AfD-Kreissprecher hatte den Namen in die Welt gesetzt und sich geweigert, ihn zurückzunehmen. Wer dem Opfer ein Gesicht und einen Namen gibt, kann eben besser Emotionen und Assoziationen wecken sowie den Hass gegen den Täter schüren. Die Behörden hatten zu Recht keine Informationen zum Opfer und der Familie herausgegeben, um sie zu schützen.

Das Verhalten des Kreissprechers und aller Personen, die das Bild geteilt haben, ist an Widerwärtigkeit nicht zu überbieten.

Oder doch? Im Stuttgarter Stadtteil Fasanenhof hat ein 28-jähriger Syrer mutmaßlich einen 36 Jahre alten Mann auf offener Straße mit einem Schwert ermordet. Zeugen stellten ein Video davon ins Internet, das tausendfach geteilt wurde und die Würde des Opfers aufs Schlimmste verletzt. Auch die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel teilte das Video.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat einen Prüfvorgang gegen die Personen angestoßen, die die Aufnahmen veröffentlicht haben. Eine "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen" kann laut Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden. Das sollte das Mindeste sein.

Die Verrohung schreitet offenbar gerade in sozialen Netzwerken voran, wenn wir ihr nicht alle Einhalt gebieten. Für die Menschen, die die Würde der Opfer wie in Frankfurt oder Stuttgart so rücksichtslos verletzen, kann es nur eine Botschaft geben: Schämt euch!


Es sind beängstigende Bilder aus England: Nach massiven Regenfällen bröckelt Beton vom Staudamm in Whaley Bridge südöstlich von Manchester. Er droht zu brechen. Für die Bewohner der Region besteht Lebensgefahr. Sie wurden deshalb evakuiert. Im Falle eines Dammbruchs würde der Ort wohl weitgehend zerstört werden, weil die Wassermassen direkt hindurch fließen würden. Hoffen wir, dass der Damm hält.

WAS STEHT AN?

Tom Kaulitz war gerade 15 Jahre alt, als er 2005 als Gitarrist mit einer Pop-Band namens Tokio Hotel den ersten Song "Durch den Monsun" veröffentlichte und anschließend durchstartete. Er trug Dreadlocks, ein Piercing in der Unterlippe und eine Cap.

Heidi Klum war da gerade 32 Jahre alt geworden, ein international erfolgreiches Topmodel und hatte kurz zuvor zum zweiten Mal geheiratet – und zwar den erfolgreichen Musiker Seal. Diesmal sollte die Ehe für immer sein. Hätten Sie damals für möglich gehalten, dass der Junge aus Magdeburg einmal der dritte Mann von Klum werden würde? Wohl kaum.

Doch genau so sollte es kommen. An diesem Wochenende feiern sie auf Capri die Promi-Hochzeit des Jahres auf der Luxusjacht Christina O. Die Jacht hat Tradition. Marilyn Monroe, Frank Sinatra, John F. Kennedy oder Winston Churchill feierten hier bereits.


WAS LESEN ODER ANSCHAUEN?

Verhärtete Fronten im Brexit-Streit. Boris Johnson will Theresa Mays Austrittsvertrag und vor allem den darin enthaltenen Backstop nicht – für die EU ist der ausgehandelte Deal inklusive Backstop alternativlos. Beide Seiten stehen sich so unvereinbar gegenüber, dass derzeit niemand weiß, wie eine Lösung aussehen könnte.

Und die Zeit wird immer knapper.

Was so brisant und kompliziert an der Backstop-Regelung ist, hat mein Kollege Stefan Rook aufgeschrieben. Er kommt zu dem Ergebnis, dass am Ende wohl nur eine radikale Maßnahme helfen könnte, um den Brexit-Knoten zu zerschlagen. Wenn überhaupt ...


Der Mensch hat normalerweise 32 bleibende Zähne inklusive der Weisheitszähne. Ein Milchgebiss umfasst 20 Zähne. Über die Anzahl machen wir uns in der Regel selten Gedanken. Sie sind eben da, die Zähne. Etwas anders erging es dem siebenjährigen Ravindranath aus Indien, der seit seinem dritten Lebensjahr über eine Kieferschwellung klagte. Nun stellte sich heraus: Es lag nicht an nur einem Zahn – dem Jungen mussten gleich 526 Zähne entfernt werden. Wie ein kleiner Junge mit seinem Gebiss Medizingeschichte geschrieben hat, sehen Sie in diesem Video.

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Im Fußball geht es irgendwie immer um Geld. Wer viel Geld hat, kann teure Spieler kaufen – und hat dann auch Erfolg. So dachte man bis vor wenigen Jahren auch beim VfL Wolfsburg. Der Verein verpflichtete die Weltmeister Julian Draxler, André Schürrle oder die brasilianischen Stars Diego und Marcelinho für viel Geld. Immer wieder ein neuer klangvoller Name. Und doch blieb der Erfolg aus.

Vergangene Saison das Gegenteil: Die teuren Stars waren weg. Auf dem Platz standen No-Name-Spieler. Und siehe da: Der Verein spielte eine hervorragende Saison und qualifizierte sich am Ende für den Europapokal.

Wie das zu erklären ist, wollte mein Kollege Alexander Kohne von einem wissen, der es wissen muss: Der 27-jährige Abwehrspieler Robin Knoche spielt mittlerweile die Hälfte seines Lebens für den VfL und hat beide Phasen mitgemacht: Die mit den großen Stars und die mit den Unbekannten.


WAS AMÜSIERT MICH?

Heute ist der Internationale Tag des Bieres ...

Ich wünsche Ihnen einen schönen Freitag und anschließend ein wunderbares Wochenende. Am Montag wird Florian Harms wieder für Sie schreiben.

Ihr

Florian Wichert
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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