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Trotz Coronavirus-Krise weltweit: Endlich gute Nachrichten!


Was heute wichtig ist
Endlich gute Nachrichten

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 12.06.2020Lesedauer: 7 Min.
Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Angestellte in einem Auto-Verkaufshaus in Peking.Vergrößern des Bildes
Angestellte in einem Auto-Verkaufshaus in Peking. (Quelle: Mark Schiefelbein/ap-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

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Und hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

In Corona-Zeiten haben wir uns an Hiobsbotschaften gewöhnt. Die tägliche Zählung der Infizierten und Verstorbenen, immer mehr Arbeitslose, immer mehr Insolvenzen. Die Krise hält uns in permanenter Habachtstellung: Wieder ein Einschlag! Wen trifft es als nächsten? Das ist nicht schön, und gesund ist es sicher auch nicht. Höchste Zeit also, auch einmal einen Blick auf jene Dinge zu werfen, die trotz (oder auch wegen) Corona gut funktionieren. Die gibt es nämlich, und es sind gar nicht so wenige. Schon eine halbe Stunde haben meiner Kollegin Laura Stelter und mir gereicht, um acht positive Nachrichten aus den vergangenen Tagen zu finden. Also gönnen Sie sich doch eine Tasse Kaffee oder Tee und werfen Sie mit uns einen Blick auf diese Meldungen:

Chinas Automarkt brummt wieder: Viele davon sind Elektromobile. Weil die Volksrepublik der Motor der Weltwirtschaft ist, werden auch die deutschen Autobauer und -zulieferer davon profitieren, was wiederum die Arbeitsplätze tausender deutscher Angestellter sichern kann. Daimler meldet bereits ein zweistelliges Monatswachstum in China.

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Schon viele Unternehmen sind wegen Corona in die Pleite gestürzt – aber manche schaffen ein Comeback. Zum Beispiel die Restaurantkette Vapiano:

Die Deutsche Bahn baut ihren Güterverkehr aus und stellt trotz Verlusten viele neue Mitarbeiter ein. "Das ist eine Richtungskorrektur", sagt die Vorständin Sigrid Nikutta. "Wir weiten unser Angebot aus und bieten deutlich engere Taktungen an." So will der Staatskonzern den klimafreundlichen Verkehr voranbringen. Firmen können ihre Waren auf Einzelwaggons transportieren, die zu Güterzügen zusammengekoppelt werden: eigentlich ein Verlustgeschäft, aber eben umweltschonend. So müssen weniger Lastwagen über die Autobahnen brettern.

Neuseeland, dessen Strategie gegen das Virus wir im Tagesanbruch bereits ausführlich gelobt haben, hat sich für Corona-frei erklärt. Geht also, Glückwunsch!

Die aufgedeckten Fälle von Kindesmissbrauch in Münster, Lügde und andernorts werden Folgen haben. Justizministerin Christine Lambrecht kündigt nach längerem Zögern nun doch härtere Strafen für Missbrauchstäter an. Außerdem will sie ein Gesamtkonzept entwickeln, um die Präventionsarbeit zu verstärken und Jugendämter, Polizei und Justiz endlich angemessen auszustatten.

Österreich rettet mit viel Steuergeld die Fluglinie Austrian Airlines – aber verbindet dies mit ökologischen Fortschritten: Im kommenden Jahr wird ein "1-2-3-Ticket" eingeführt, mit dem alle Bürger für drei Euro täglich sämtliche öffentlichen Verkehrsmittel im gesamten Land nutzen können. Billig-Flugtickets werden durch gesetzliche Gebühren de facto abgeschafft, so dass niemand mehr für zwölf Euro zum Shoppen nach London oder zum Komasaufen nach Malle jetten kann. Daran könnte sich Deutschland doch ein Beispiel nehmen.

Pandora, der weltgrößte Schmuckhersteller, will bald nur noch Recycling-Gold und -Silber für seine Produktion verwenden. Der Abbau der Edelmetalle unter oftmals unmenschlichen Bedingungen wird so zurückgedrängt.

Australische Forscher haben auf einer Insel in der Nähe des Great Barrier Reef 64.000 Exemplare

So ist sie, die Welt, in der wir leben: Zwischen den Schatten blitzt vielerorts das Licht auf. Wir müssen es nur sehen wollen. Und wer es sieht, der kann sich ja dafür einsetzen, dass die Schatten kürzer werden.


WAS STEHT AN?

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit Ihren Nachbarn, mit denen Sie eng befreundet sind, bei Kaffee und Kuchen auf der Terrasse zusammen. Mit etwas Abstand, klar, wegen Corona. Gerade noch haben Sie angeregt über die aktuelle Lage diskutiert: wie Sie sich gegenseitig aushelfen und ein paar anderen Nachbarn unter die Arme greifen können, die es krisenbedingt besonders hart getroffen hat. Ihre Familien wohnen schon lange hier, und während Sie sinnierend auf Ihre Kaffeetasse schauen und die Gedanken schweifen lassen, fällt Ihnen auf einmal Ihr Großvater wieder ein. Wie er damals den Zaun zwischen den Grundstücken eingetreten hat. Um den Großvater Ihres Nachbarn umzubringen.

Sagen Sie jetzt bitte nicht, die Geschichte sei an den Haaren herbeigezogen. Denn sie beschreibt in all ihrer Absurdität unsere gemeinsame Vergangenheit mit dem großen französischen Nachbarn. Vor achtzig Jahren rollten unsere Großväter mit Panzerkolonnen in den attraktiven Garten nebenan. Am 14. Juni 1940 fiel Paris in deutsche Hand. Heute, nach Jahrzehnten deutsch-französischer Verständigung, unzähligen Klassenfahrten und Schüleraustauschprojekten, gemeinsamer Abstimmung in europäischen Fragen und sogar der Aufstellung einer gemeinsamen Infanterie-Brigade, mag man kaum noch glauben, dass unsere Völker einmal eine angebliche "Erbfeindschaft" getrennt haben soll, die über viele Jahrzehnte immer wieder in Gemetzel mündete. Unfassbar, dass unsere Vorfahren nicht im Traum daran dachten, ihren Nachbarn zu konsultieren, sondern lieber davon träumten, ihn zu besetzen.

Angesichts des Kontrasts zwischen jenen Zeiten und der gemeinsamen Nachkriegsgesellschaft kann man über den wildgewordenen Nationalismus von einst nur noch den Kopf schütteln. Fixe Ideen statt offener Grenzen. Großmacht- statt Urlaubsgelüste. Die Gestrigen arbeiteten sich an ihren aggressiven Wahnvorstellungen ab – wir Heutigen reisen in Flugzeugen, die in Toulouse und Hamburg gemeinsam zusammengeschraubt werden, zum Sightseeing nach Paris und zum Baden nach Korsika. Die Corona-Zwangspause hat uns noch stärker vor Augen geführt, wie selbstverständlich das eigentlich ist. Wem hat die Geschichte recht gegeben? Wer fährt mit seiner Wahl besser? Die Antwort ist so offensichtlich, dass die meisten Menschen inzwischen nicht einmal mehr die Frage stellen. Unseren Ahnen wäre die Selbstverständlichkeit, mit der wir ein freundschaftliches Verhältnis mit unseren Nachbarn und insbesondere mit Frankreich voraussetzen, genauso absurd vorgekommen wie uns die Hasstiraden von einst. Das wird nie und nimmer gutgehen!, hätten sie gerufen, dem Franzmann kann man nicht trauen! Von gegenüber wären ähnliche Töne herübergeschallt.

Sie erteilen uns eine klare Lektion: Die Mauer in den Köpfen verstellt den Blick. Ob unsere Urenkel in achtzig Jahren auch uns Engstirnigkeit vorwerfen werden, angesichts unserer wiederkehrenden Ausbrüche von Europa-Skepsis, unserer zögerlichen Solidarität in Krisenzeiten, auch unseres innerdeutschen Getues zwischen Ost und West? Wir können es nicht wissen, aber wir sollten es uns gelegentlich fragen. Den Vorwurf allerdings, bei unserem Nachbarn den Zaun eingetreten zu haben, werden wir uns nicht machen lassen müssen. Nie wieder sollen Deutsche ein anderes Land besetzen. Lieber besetzen wir einen schönen Platz auf einer Bank an der Seine.


Ein Großteil des Berliner Politikbetriebs ist mit der Corona-Krise beschäftigt, wie sollte es anders sein. Die Gesundheitsgefahr ist noch längst nicht gebannt, das Konjunkturpaket muss noch vor der Sommerpause in trockene Tücher. Doch immer häufiger spricht man in Berlin nun auch über einen anderen wichtigen Termin: Vor der Bundestagswahl im Herbst des nächsten Jahres müssen die Parteien jetzt die Weichen für den Wahlkampf stellen, sonst wird das nichts – Corona hin, Corona her. Und es wird ein ganz besonderer Wahlkampf, soviel ist jetzt schon klar: zum ersten Mal seit vielen Jahren ohne Angela Merkel. Sie tritt nicht wieder an, das hat sie zuletzt noch einmal klargestellt. Also kann ihre Popularität auch niemanden überschatten.

Das ist die Chance für den neuen Kanzlerkandidaten der Union, wer auch immer es sein wird. Und ebenso eine Chance für die SPD. Darauf verweisen die Genossen gerne, um sich über ihre kläglichen Umfragewerte hinwegzutrösten. Wenn sie wirklich eine Chance haben will, braucht die SPD einen guten Kanzlerkandidaten. Die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans wollen nicht, wie sie vor einigen Wochen auf t-online.de erklärten. Wer macht‘s dann? Diskutiert werden zwei Namen: Olaf Scholz und Rolf Mützenich. Die Ambitionen des Finanzministers wehen inzwischen um jede Berliner Hausecke. Sein Problem: Er ist bei vielen Bürgern beliebt, aber bei seinen Parteichefs eher nicht. Sie tendieren angeblich zu Mützenich, was passen würde, weil er ihrem linken Politikprofil besser entspricht.

Mützenich selbst waren lange gar keine Ambitionen nachgesagt worden, aber das ändert sich gerade. Meine Kollegen Peter Schink und Johannes Bebermeier haben ihn zum Interview getroffen und einfach mal nachgefragt. Seine Antworten lassen aufhorchen – und viel Raum für Spekulationen: "Dass der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion auch genannt wird, ist nicht überraschend", sagt er sibyllinisch. Seine Kandidatur jetzt schon zu bestätigen, wäre nicht klug, so ist das im Berliner Politikgeschäft. Aber er schließt sie eben auch nicht aus. Ist das ein vielsagendes Schweigen? Machen Sie sich bitte selbst ein Bild.


WAS LESEN UND ANSCHAUEN?

Der Leserbeirat ist ein wichtiges Gremium von t-online.de: Leserinnen und Leser bewerten unsere journalistische Arbeit, geben uns Anregungen und äußern Kritik. Da der geplante Lesertag in unseren Redaktionsräumen nicht möglich war, haben wir ein neues Format ausprobiert: eine Online-Diskussion. Meine Kollegin Charlotte Janus gibt Ihnen einen kurzen Einblick in die Debatte.


Der Youtuber Rezo hat mal wieder für Schlagzeilen gesorgt, diesmal rechnet er mit der Presse ab. Leider enthält sein Video eine ganze Menge Ungereimtheiten. Also hat der "FAZ"-Redakteur Constantin van Lijnden ihm geantwortet.


Mitten in der Corona-Krise tobt in der Türkei ein Machtkampf, und er nimmt immer hässlichere Züge an: Die Regierung betreibt eine Hexenjagd auf Oppositionelle, ein AKP-Politiker bezeichnet Homosexualität als Ursache von Corona-Erkrankungen, und der Präsident unterstützt die Hetze. Zeitgleich ist die Lira im freien Fall, die Wirtschaft kriselt. Erdogan ist zur Gefahr für sein Land geworden, analysiert unser Außenpolitikredakteur Patrick Diekmann.


Die Debatte über Gewalt und Rassismus hat auch die deutsche Polizei erreicht. Sowohl während der Ausbildung als auch im Dienst würden zu wenig Beamte ihre Arbeit reflektieren, sagt der Hamburger Polizeiausbilder Rafael Behr im Interview mit meiner Kollegin Madeleine Janssen. Er beobachtet eine chauvinistische "Dominanzkultur", die alle Kritiker mundtot mache. Was dagegen hilft, weiß er auch.


In Zeiten der Corona-Pandemie wirken die Bilder surreal: 25.000 Zuschauer strömten zum "ewigen Derby" zwischen FK Partizan und Roter Stern Belgrad im serbischen Pokalhalbfinale ins Stadion. Was soll man davon halten? Mein Kollege Dominik Sliskovic hat sich auf die Spurensuche begeben und Verantwortliche befragt.


Jahrzehntelang zählte Werder Bremen zu den Top-Klubs der Bundesliga, sogar ich war in meiner Jugend eine Zeit lang Werder-Fan (Entschuldigung, Noah!). Tempi passati. Heute dümpeln die Bremer im Bundesligakeller herum und werden wohl die zweite Abstiegsschmach ihrer Vereinsgeschichte hinnehmen müssen. Wie konnte es soweit kommen? Unser Kollege Platschko (ebenjener Noah, der zum Glück VfB-Fan ist) erklärt es uns (gänzlich unparteiisch natürlich).


WAS AMÜSIERT MICH?

Herrlich, bald sind wir wieder frei!

Ich wünsche Ihnen einen herrlichen Tag. Im Wochenend-Podcast sprechen Marc Krüger und ich morgen über die Folgen der Corona-Kontaktsperre.

Herzliche Grüße (und Entschuldigung, liebe Bremer),

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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