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Annalena Baerbock trifft Wladimir Putin: Die eiserne Lady


Baerbock knallhart

Von Florian Harms

Aktualisiert am 19.01.2022Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Besuch in der Krise: Baerbock fand nach ihrem Treffen mit dem russischen Außenminister klare Worte. (Quelle: t-online)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

Annalena Baerbock kann Klartext – auch in der vornehmen Sprache der Diplomatie: Das ist das Ergebnis der wichtigsten politischen Reise dieser Woche. Ihren Antrittsbesuch bei Russlands gewieftem Außenminister Sergej Lawrow hat die Grünen-Politikerin für eine unmissverständliche Botschaft genutzt: Moskau soll die Bedrohung der Ukraine einstellen, sonst zieht Deutschland Konsequenzen. "Wir haben keine andere Wahl, als unsere gemeinsamen Regeln zu verteidigen, auch wenn dies einen hohen wirtschaftlichen Preis hat", stellte Baerbock im Namen der EU klar.

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Entscheidend ist der zweite Halbsatz. Putins Chefdiplomat konnte ihm eine Drohung entnehmen: Greift Russland die Ukraine tatsächlich an, wird Deutschland die geplante Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 versenken – nicht im Meer, sondern im Aus. So bestätigt es heute Morgen auch die Chefin des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, im Gespräch mit unseren Reportern Sven Böll und Tim Kummert. Eigentlich hätte das längst klar sein müssen. Doch weil sich in der Regierungspartei SPD jede Menge außenpolitische Traumtänzer tummeln, die für Putins Säbelrasseln größtes Verständnis zeigen, und weil auch Kanzler Olaf Scholz lange herumgedruckst hat, ist Baerbocks Satz jetzt so wichtig. Zum ersten Mal hat die Bundesregierung den Kraftmeiern im Kreml öffentlich klargemacht: Bis hierhin und nicht weiter. Wir sind immer bereit zu fairen Verhandlungen. Aber wenn ihr eure Soldaten über die Grenze ins Nachbarland schickt, werden wir nicht mit Wattebällchen werfen. Sondern hart reagieren.

Diese Ankündigung ist umso bemerkenswerter, weil Deutschland sich in einer Zwangslage befindet: Wir sind abhängig vom russischen Erdgas, das bislang zum großen Teil durch die Ukraine Richtung Westen strömt. Falls also Putins Generäle bei einem Einmarsch die Leitungen kappen sollten, womit viele Militärs rechnen, würden sich die deutschen Gasspeicher schnell leeren. Dann gingen hierzulande entweder viele Lichter aus und blieben viele Wohnungen kalt. Oder die Bundesregierung müsste sich Hals über Kopf darum bemühen, dass die Energieversorger mehr amerikanisches Flüssiggas, mehr französischen Atomstrom und mehr Erdgas aus arabischen Diktaturen einkaufen. Angesichts der ohnehin galoppierenden Preise kämen auf viele Haushalte noch höhere Kosten zu. Da würde sich schnell Ärger regen, den die Regierung vermutlich mit üppigen Ausgleichszahlungen und Steuergeschenken besänftigen müsste. Schließlich hat sich die SPD auf die Fahnen geschrieben, Bürger mit geringen Einkommen zu entlasten.

Wir dürfen davon ausgehen, dass Baerbocks Botschaft in Moskau verstanden worden ist. Ob Herr Putin sich davon beeindrucken lässt, bleibt offen. Die Kremlologen wispern, der Präsident habe die Diplomatie längst abgeschrieben und höre nur noch auf die Kommissköpfe in seinem Sicherheitsrat. Er wolle nun partout sein politisches Erbe bestellen und sich im Dienst des großrussischen Nationalismus unsterblich machen, indem er so weit wie möglich die alten Sowjetgrenzen wiederherstellt. Wladimir der Große. Es ist eine Weltsicht, die nicht mehr in die heutige Zeit passt. Deshalb rückt die zerstrittene EU nun wieder zusammen, deshalb ringt sich die Bundesregierung endlich zu einer klaren Haltung durch und legt die milliardenschwere Pipeline in die Waagschale.

So ist das in der globalisierten Welt: Innenpolitik geht nicht ohne Außenpolitik, alles hängt mit allem zusammen. Und am Ende zählt, ob man eine klare Linie hat.


Jetzt aber Jubel!

In Hamburg sind wir wählerisch: entweder Pauli oder der HSV. Beides geht nicht. Bei wem der Totenkopf auf dem Hoodie prangt, der hat das Herz am rechten Fleck, und wer die Raute trägt, der trägt halt die Raute. Mit "Religion" ist das fußballerische Schisma in der Hansestadt noch untertrieben beschrieben. Der FC St. Pauli: Das ist der Kiezklub an der Reeperbahn, ewiger Underdog, immer cool, Rock 'n' Roll. Der Hamburger SV: Das sind die Millionäre im Volkspark, Stolz bis zur Überheblichkeit, in den vergangenen Jahren nach unten durchgereicht, aber sie haben eben auch die Legenden Seeler, Kaltz, Keegan. Fan kann man nur von einem der beiden Klubs sein. Entweder oder.

Doch heute ist alles anders. Denn heute ist der Tag nach zwei spektakulären Fußballspielen, in denen beide Hamburger Vereine über sich hinausgewachsen sind. Pauli hat die große Borussia aus Dortmund vom Platz gefegt, 2:1, zack-bumm! Der HSV hat den FC aus Köln niedergekämpft, 4:3 nach kuriosem Elfmeterschießen, zack-bumm!

Damit steht fest: Nach den Bayern sind auch die Dortmunder weg vom Fenster, der DFB-Pokal ist also zum ersten Mal seit dem Frankfurter Titelgewinn vor vier Jahren wieder spannend. Und Hunderttausende Hamburger Fußballfans haben endlich mal etwas gemeinsam: zwei nicht nur stolze, sondern auch erfolgreiche Klubs. Das Viertelfinale kann kommen! Und was das für den BVB bedeutet, hat mein Kollege Florian Wichert kommentiert.


Termine des Tages

Auf Baerbock folgt Blinken: Heute reist der amerikanische Außenminister auf Krisenmission nach Kiew. Morgen wird er dann in Berlin erwartet.

In Mainz beginnt der Prozess gegen einen früheren AfD-Landtagsabgeordneten. Er soll auf einer Corona-Demo zum Sturz der Regierung aufgerufen und Mitstreiter zu Straftaten angestachelt haben.

Auch in Frankfurt beginnt ein Prozess: Ein syrischer Arzt soll in einem Militärkrankenhaus in der Stadt Homs Häftlinge gefoltert haben. Er kann aufgrund des Weltstrafrechts angeklagt werden.

Viele Türken gedenken heute des armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink. Vor 15 Jahren wurde er in Istanbul erschossen, nachdem er die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich angeprangert hatte.

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Was lesen?

Die Grünen galten bei der Verteilung der Kabinettsposten als Verlierer. Durch die Zusammenarbeit von zwei Ministerien wollen sie nun eine Revolution auslösen, berichtet unser Reporter Sebastian Späth.


Im US-Senat hat die Schlacht um die Zukunft der amerikanischen Demokratie begonnen – und Joe Bidens Leute werden sie wohl verlieren. Warum der Präsident jetzt alles auf eine Karte setzt, erklärt Ihnen unser Washington-Korrespondent Bastian Brauns.


Vermutlich sprachen sie nur anderthalb Stunden, doch was sie besprachen, war ungeheuerlich: Morgen vor 80 Jahren, am 20. Januar 1942, planten 15 Männer während der Wannseekonferenz die Ermordung von elf Millionen Juden. Tatsächlich war der Holocaust da schon längst im Gange, wie unser Zeitgeschichtsredakteur Marc von Lüpke berichtet.


Omikron grassiert nun auch in China, 20 Prozent der Bevölkerung sind in Quarantäne. Die Reaktion der Regierung hat schwerwiegende Folgen für die Weltwirtschaft, analysiert unsere Kolumnistin Ursula Weidenfeld.


Die niederländische Unterhaltungsbranche wird von einem Missbrauchsskandal erschüttert. Meine Kollegin Maria Bode berichtet, was sich hinter den Kulissen der Castingshow "The Voice of Holland" abgespielt haben soll.


Was amüsiert mich?

Russlands Außenminister war vom Besuch seiner deutschen Kollegin tief beeindruckt.

Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tag. Morgen schreibt Camilla Kohrs den Tagesanbruch, von mir lesen Sie am Freitag wieder.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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