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Aufbruch in die Trump-Welt: Was jetzt auf Merz zukommt


Tagesanbruch
Die Vorbereitungen laufen längst

  • Bastian Brauns
MeinungVon Bastian Brauns

28.05.2025 - 05:50 UhrLesedauer: 7 Min.
US-Präsident Donald Trump beim Memorial Day auf dem Soldaten-Friedhof in Arlington: Alles muss auf ihn ausgerichtet werden.Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump beim Memorial Day auf dem Soldaten-Friedhof in Arlington: Alles muss auf ihn ausgerichtet werden. (Quelle: Ken Cedeno)
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Liebe Leserin und lieber Leser,

manche Dinge ändern sich einfach nicht. Als ich nach einem längeren Aufenthalt in Europa an diesem Montag von Berlin nach New York zurückfliegen wollte, konnte ich live erleben, was ich sonst nur aus der Presse kannte: die Dysfunktionalität des Hauptstadtflughafens. An der Sicherheitskontrolle im Terminal 1 des BER stauten sich die Menschenmassen und wurden plötzlich brüsk von einer Frau in Uniform mit grellgelben Neonstreifen abgewiesen. Auf Englisch schleuderte sie den internationalen Fluggästen, die seit einer Stunde artig gewartet hatten, entgegen: Hier sei jetzt geschlossen, sie sollten zum Terminal 2 gehen. Ende der Durchsage.

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Von der Panik der Leute, die nun drohten, ihren Flug zu verpassen, schien sie ungerührt. Sie habe es ihnen ja schließlich jetzt schon dreimal gesagt. Orientierungslos blieben die Menschen zurück und suchten nach einer Beschilderung zum Terminal 2, die es nicht gab. Ein Mann hinter mir, der es wie ich glücklicherweise schon durch das Drehkreuz geschafft hatte, sagte desillusioniert: "Es ist einfach nicht zu fassen. Wir sind in der deutschen Hauptstadt und das ist unser Flughafen."

Manche Dinge ändern sich in Deutschland aber dann eben doch, zumindest etwa alle vier Jahre. Seit einigen Wochen gibt es nun eine neue Bundesregierung. Die wird die zu langen Wege und fehlenden Rolltreppen am Hauptstadtflughafen zwar auch nicht beheben können – dafür ist sie schlicht nicht zuständig. Mehr Effizienz und weniger Bürokratie in deutschen Behörden verspricht aber zumindest das neu geschaffene Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung. Noch ist davon zwar nicht viel zu hören. Aber immerhin in einem anderen Feld hat der neue Bundeskanzler Friedrich Merz das Tempo bereits angezogen: der Außenpolitik.

Neuanfänge bieten einmalige Chancen. Im Sinne Deutschlands und Europas müssen sie jetzt auch dringend ergriffen werden. Merz und sein Außenminister Johann Wadephul haben mit ihren Reisen, Treffen und europäischen Initiativen bereits vorgelegt. In dieser Woche aber wird es ernst. Um wichtige Vorarbeit für ein Treffen mit US-Präsident Donald Trump zu leisten, lässt Merz seinen Außenminister nach Washington reisen. Dort trifft Wadephul auf seinen Amtskollegen Marco Rubio.

Am selben Tag empfängt der Bundeskanzler in Berlin den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Der wird am Flughafen voraussichtlich freundlicher begrüßt als normale Fluggäste. Nur die vielen Berliner Pendler müssen sich wohl wieder auf die üblichen Verzögerungen im Nahverkehr und die Straßensperrungen gefasst machen. Verkraftbar, wenn es denn der Sache dient. Mein Kollege Johannes Bebermeier begleitet für Sie heute aktuell die Geschehnisse in Berlin.

Merz muss in diesem seit mehr als drei Jahren andauernden Krieg Engagement zeigen. Nicht nur wegen der Ukraine selbst, sondern auch wegen Donald Trump. Der Bundeskanzler muss Balance halten. Dem Weißen Haus will er als starker, neuer Anführer einerseits signalisieren: Deutschland und Europa können eigenverantwortlich handeln – angesichts eines Krieges, den Donald Trump zuletzt einmal mehr als europäische Angelegenheit bezeichnet hat. Andererseits darf Merz die US-Regierung mit seinen eigenen Initiativen auch nicht vor den Kopf stoßen.

Die Schwierigkeit dabei: Trump verfolgt einen nach wie vor für viele schwer nachvollziehbaren eigenen Ansatz, um Putin zu einem Frieden zu bewegen. Der US-Präsident wirkt dabei zunehmend frustriert, und die größte Angst der Europäer ist ein vollständiger Rückzug Amerikas. Ähnlich verhält es sich bei den weiteren Krisenherden, die uns direkt betreffen. Ob der noch immer erbittert geführte Krieg im Gazastreifen, bei dem die unschuldigen Geiseln der Hamas und die palästinensischen Zivilisten die Leidtragenden sind. Oder die dramatischen wirtschaftlichen Auswirkungen der von Trump angezettelten Handelskriege mit der Europäischen Union.

Die Politik des amerikanischen Präsidenten wirkt nicht nur hier erratisch bis chaotisch. Doch davon sollte sich niemand täuschen lassen – davor warnt unter anderem der US-Journalist David Graham. Im Hintergrund verfolgen aggressive, ultrakonservative Kräfte konsequent einen Masterplan für Amerika. Mein Kollege Marc von Lüpke und ich haben mit ihm darüber in einem ausführlichen Interview gesprochen, das Sie hier lesen können.

Die Trump'sche Politik zu verstehen, ist schwierig. Der Charakter des Präsidenten aber ist zumindest einschätzbar. Darum laufen im Bundeskanzleramt seit Wochen die Planungen für ein erstes persönliches Aufeinandertreffen von Donald Trump und Friedrich Merz. Akribisch soll sich der Bundeskanzler auf den US-Präsidenten vorbereiten. Trump ist schließlich berüchtigt für seine inszenierten Eskalationen bei Staatsbesuchen im Oval Office. Beim nordischen Gipfel in Finnland betonte Merz darum nicht ohne Grund gerade erst, wie wichtig ihm Aufrüstung und Sicherheitspolitik sind. Ein Signal, das nicht nur den europäischen Partnern galt, sondern auch Trumps Fünf-Prozent-Beitragsforderungen für die Nato.

Den finnischen Präsidenten Alexander Stubb wird Merz dabei womöglich auch um Tipps für das Treffen mit Trump gebeten haben. Stubb spielte schon im März bei einem überraschenden, inoffiziellen Besuch in Florida mit Trump eine Runde Golf in dessen Ressort in Palm Beach. Dabei und bei einem Lunch sprachen die beiden auch über die Ukraine. Trump lobte später die Golfkünste des Finnen. Es ist einer dieser kleinen Hoffnungsschimmer, an die sich die Europäer gerne klammern. Mein Kollege Christoph Schwennicke sprach darüber ausführlicher in der Sendung Maischberger.

Auch Merz spielt Golf. Ob es bei einem Treffen mit Trump ebenfalls zu einem Golfmatch kommen wird, ist noch ungewiss. Klar ist nur: Der Präsident wird den neuen Bundeskanzler erstmals wohl Mitte Juni beim G7-Gipfel im kanadischen Kananaskis treffen. Und Ende Juni noch einmal beim Nato-Gipfel in Den Haag. Was ebenfalls klar ist: Zwischen Trump und Merz stehen die Chancen auf ein gutes Verhältnis deutlich besser als zwischen Scholz und Trump. Der US-Präsident soll zumindest schätzen, dass Merz sich mit seinem langjährigen Engagement bei der US-Investmentgesellschaft Blackrock viele Jahre auch außerhalb der Politik bewegt hat. Mit seiner Gegnerschaft zu Angela Merkel dürfte Merz ebenfalls punkten.

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Als Vorhut schickt Friedrich Merz in dieser Woche also seinen Außenminister Johann Wadephul nach Washington. Der CDU-Politiker kommt am heutigen Mittwoch auf Einladung seines amerikanischen Amtskollegen Marco Rubio für einen Blitz-Antrittsbesuch in die US-Hauptstadt. Mein Kollege Patrick Diekmann ist mitgeflogen und wird für Sie aktuell von dem mit Spannung erwarteten Treffen in Washington berichten. Hier können Sie seinen Vorbericht aus der vergangenen Nacht lesen. Er hat mir außerdem noch verraten, dass bei der Abreise am BER übrigens alles glattlief. Aber als Mitflieger einer Regierungsmaschine gelten natürlich auch andere Regeln.

Wadephuls Begegnung mit Rubio könnte kaum wichtiger sein. Auch wenn sich beide schon beim Nato-Außenministertreffen in der Türkei getroffen und freundlich die Hände geschüttelt haben. Trumps Außenminister ist aktuell auch sein Nationaler Sicherheitsberater und darum quasi täglich im Austausch mit dem Präsidenten. Bei dem Gespräch mit Wadephul soll es vor allem um die Lage in der Ukraine, aber auch um die Zollstreitigkeiten gehen. Merz und Wadephul versprechen eine Außenpolitik "aus einem Guss". Das ist womöglich tatsächlich ein Vorteil der neuen deutschen Regierung. Die frühere Außenministerin Annalena Baerbock setzte oft andere Akzente als Ex-Bundeskanzler Olaf Scholz.

Was in dieser Woche in Berlin und Washington geschieht, könnte richtungsweisend für die Politik der kommenden Jahre sein. Der Zustand der deutsch-amerikanischen Beziehungen ist bedeutend und kann mitentscheidend für unseren künftigen Wohlstand und die Friedensordnung in Europa sein.

Darum ist seinem Außenminister in Washington viel Glück zu wünschen. Es steht viel auf dem Spiel in diesem Sommer der Entscheidungen. Für die Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz wird er zur diplomatischen Reifeprüfung.


Termine des Tages

In Berlin tritt heute zum ersten Mal der Koalitionsausschuss von Union und SPD zusammen. Er soll zu einem maßgeblichen Entscheidungsgremium der schwarz-roten Koalition werden und monatlich tagen. Dabei will die Regierung erste Gesetzentwürfe auf den Weg bringen.


In der französischen Stadt Vannes soll heute das Urteil über einen Chirurgen fallen, dem hundertfacher Missbrauch von Kindern vorgeworfen wird. Der 74-jährige Mediziner hat gestanden, über einen Zeitraum von 25 Jahren 158 Patienten und 141 Patientinnen im Durchschnittsalter von elf Jahren missbraucht zu haben.


Die Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht ihren Arbeitsmarktbericht für Mai 2025. Die Zahlen geben ein erstes wirtschaftliches Stimmungsbild unter der schwarz-roten Koalition.


Lesetipps

Angesichts des Leids der Palästinenser nimmt die Kritik an Israels Vorgehen im Gazastreifen zu. Meine Kollegen Malte Bollmeier und Philipp Michaelis diskutieren darüber, ob Deutschland als Reaktion keine Waffen mehr an Israel liefern sollten.


Friedrich Merz verkündet, die Ukraine dürfe mit deutschen Waffen nun auch auf Militärziele in Russland feuern. Es wäre eine bemerkenswerte Wende, haben meine Kollegen Daniel Mützel und Johannes Bebermeier aufgeschrieben.


Die Flugzeugtür öffnet sich und wir sehen eine Hand, die Präsident Emmanuel Macron ins Gesicht fasst. Was wie Slapstick aussieht, löst eine Debatte aus. Meine Kollegin Janna Halbroth schreibt über das Video, das derzeit überall verbreitet wird.


Ohrenschmaus

Beim vielen Hin- und Herreisen schalte ich auf meinem Smartphone häufig meine Lieblings-App "Shazam" oder die Alternative "SoundHound" an. Immer wenn ich einen Song höre, der mir gefällt, hört das Programm zu und spuckt mir Namen und Interpreten aus. Beim Eurovision Song Contest hatte ich neben den vielen guten Beiträgen einen persönlichen Favoriten, bei dem es auch ums Reisen ging: Voyage von der Schweizer Sängerin Zoë Më.


Zum Schluss

Ich wünsche Ihnen einen ereignisreichen Tag mit gutem Ausgang – und einen erholsamen Feiertag am Donnerstag. Den nächsten Tagesanbruch schreibt am Freitag meine Kollegin Heike Vowinkel für Sie.

Ihr

Bastian Brauns
Washington-Korrespondent
Twitter @BastianBrauns

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Mit Material von dpa.

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