Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Tagesanbruch Was heute Morgen wichtig ist

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:
WAS WAR?
Akt der Verzweiflung mit Kreuz
Zuweilen kommen Menschen auf die tollsten Ideen. Vor allem jene, die herrschen wollen. So einer ist Markus Söder (CSU). Seit Kurzem bayerischer Ministerpräsident. Und das möchte er auch bleiben. Seine jüngste Idee, um sein Volk von sich und seiner Herrschaft zu überzeugen: Ein Kreuz soll verpflichtend in jeder bayerischen Landesbehörde aufgehängt werden. Nicht in seiner Bedeutung als Kruzifix im kirchlichen Sinne, sondern als Symbol für Heimat, Kultur und Identität. Aha. Er hätte doch gleich sagen können: Ein Symbol gegen Zuwanderung und Andersartigkeit. Mia san mia. Ein Mia-san-mia-Kreuz.
Für mich ist das ein Akt der Verzweiflung. In Bayern stehen Wahlen an. Die AfD besetzt Themen der CSU. Schon bei den Bundestagswahlen war sie vielerorts zweite Kraft. Aber helfen da wirklich nur Populismus, Heimattümelei (in allen Ehren) und Effekthascherei? Glaubwürdige politische Arbeit, offene Ohren für die Alltagssorgen der Menschen, lösungs- und nicht problemorientierte Ansätze. Das wäre doch mal etwas. Viele Menschen in unserem Land haben den Glauben an Politiker und die Politik der alten etablierten Parteien verloren, denen wiederum die Antworten auf die AfD fehlt. Die Meinungsbildung mit plumpen Kabinettsbeschlüssen beeinflussen zu wollen, ist aber nicht besser als leicht verdauliche Stammtischparolen abzusondern. Markus Söder sollte sich bemühen, mit inhaltlich stärkeren Themen die öffentliche Debatte zu dominieren. mehr
Spahn will keinen Hartz-IV-Selbstversuch machen
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will nicht einen Monat von Hartz IV leben. Das verwundert Sie jetzt nicht? Mich ehrlich gesagt auch nicht. Und ganz ehrlich: Gut so. Uns allen bleibt ein Schmierentheater erspart. Zumal wäre es mit seinem Amt wohl etwas schwierig geworden. Aber was hätte das auch bringen sollen? Noch mehr Aufmerksamkeit für den Minister? Tägliche Wasserstandsmeldungen über sein Budget, seine Mahlzeiten und Einkäufe? Gott bewahre. Außerdem wäre nach vier Wochen alles vorbei gewesen. Aus den tatsächlichen Sorgen der Menschen sollte man kein Experiment oder Abenteuer machen.
Dennoch traf er am Wochenende Sandra Schlensog, die mit ihrer Petition, die genau das forderte, 210.000 Unterzeichner fand. Wenigstens stellte er sich seinen Kritikern. Das zeugt von Respekt – und von Kalkül. Er bleibt im Gespräch. Eine Lösung für das Hartz-IV-Dilemma hat er aber keine. Und das beschädigt seine Glaubwürdigkeit. Es kommt nicht gut, eine öffentliche Diskussion anzuzetteln, mit der man sich nur profilieren will. Man muss auch liefern.
Mich beschäftigte gestern noch eine andere Meldung, die Menschen betrifft, die mit dem Nötigsten auskommen müssen – obwohl sie arbeiten gehen. Vollzeit. 18 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verdienen weniger als 2.000 Euro brutto im Monat. Das sind 3,7 Millionen Menschen. Besonders hart trifft es dabei Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern. Im Schnitt sind es dort 30 Prozent. mehr
Bündnis gegen Strafzölle
Letztes Aufbegehren oder cleverer Schachzug? Morgen läuft die von Donald Trump gesetzte Schonfrist für US-Zölle auf Aluminium- und Stahlimporte aus der EU ab. Jetzt haben Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und Großbritanniens Premierministerin Theresa May den US-Präsidenten aufgefordert, von seinen Plänen abzuweichen. Andernfalls wolle man entschlossen dagegen vorgehen. Und das mit Unterstützung der Europäischen Kommission.
"Wir bereiten eine dreifache Reaktion vor, die mit den Regeln der WTO (Welthandelsorganisation) kompatibel sein wird", teilte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström laut "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" mit. Konkret geht es um diese drei Punkte:
1. Eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation WTO
2. Schutzmaßnahmen für die europäische Wirtschaft
3. Strafzölle auf US-Waren wie Whiskey, Motorräder oder Jeans
Ob das reicht? Trump jedenfalls lässt sich weiter bitten, politische Schwergewichte wie Macron und Merkel bei ihren persönlichen Treffen vergangene Woche in dieser Frage abblitzen. Er genießt seine Machtspielchen. Aber es steht viel auf dem Spiel. Ein Handelskrieg zwischen der EU und den USA würde einer anderen Wirtschaftsmacht gerade gelegen kommen: China.
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WAS STEHT AN?
Klimakonferenz in Bonn
Eine weitere UN-Klimakonferenz in Bonn soll ab heute das Regelwerk zur Umsetzung des Pariser Abkommens von 2015 weiter ausarbeiten. Beschlossen werden soll es dann bei der nächsten Weltklimakonferenz im Dezember im polnischen Kattowitz. Es geht um einheitliche Regeln, wie die einzelnen Länder ihren CO2-Ausstoß messen und angeben. Niemand soll schummeln können. Die Konferenz läuft bis Donnerstag kommender Woche.
Die 10.000-Stunden-Regel
Wie werden Genies zu Genies? Wie ist Bill Gates zu Bill Gates, wie sind die Beatles zu den Beatles geworden? Talent besaßen auch andere Überflieger, aber weder das Glück noch das intensive Training noch die Disziplin zur Selbstschulung. Das kann man bei einem kanadischen Autor lernen, der in Deutschland zu wenig bekannt ist. Unser Kolumnist Gerhard Spörl will das ändern und Sie an dem faszinierenden Buch "Überflieger" teilhaben lassen. Ich kann den Text, der heute Morgen auf unserer Seite zu finden sein wird, nur empfehlen. Ich zähle schon meine Stunden ...
Trainerlegende Hitzfeld glaubt an die Bayern
Nach dem 1:2 im Hinspiel muss der FC Bayern morgen bei Real Madrid unbedingt gewinnen, um noch ins Finale der Champions League einzuziehen. Wie man in Madrid gewinnt, weiß kaum jemand so gut wie Trainerlegende Ottmar Hitzfeld. Er hat mit sieben Siegen und nur vier Niederlagen nicht nur eine überragende Bilanz gegen die Königlichen insgesamt. Er hat es 2001 auch vorgemacht, wie man bei Real siegt – und anschließend die Champions League gewinnt. Damals übrigens mit unserem Kolumnisten Stefan Effenberg als Kapitän. Meine Kollegen Florian Wichert und David Digili trafen den 69-Jährigen in Basel zum Interview. Hitzfeld hatte gleich zwei gute Nachrichten: Er glaubt an ein Weiterkommen der Bayern – und er ist überzeugt, dass auch der deutsche Teammanager Jürgen Klopp mit dem FC Liverpool ins Finale einzieht. Klopp habe sogar das Zeug, in den nächsten Jahren eine Ära in Europa zu prägen. Das Interview lesen Sie heute morgen auf unserer Seite.
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WAS LESEN?
Faktencheck: Der Anfang des gestrigen "Polizeirufs" war nur der Auftakt zu nahezu apokalyptischen Szenen. Stromausfall im ganzen Land. Kann so etwas überhaupt passieren? Können Hacker ein ganzes Land lahmlegen? mehr
Tragödie: Der Tod eines Siebenjährigen schockiert das Städtchen Künzelsau bei Heilbronn: Der Junge hatte bei einer Bekannten übernachtet. Als die Eltern ihn am Samstagmorgen abholen wollen, macht zunächst niemand auf. Mithilfe eines Nachbarn kommen sie in die Wohnung und machen eine furchtbare Entdeckung. Ihr Sohn ist tot. mehr
Skandal: Die Affäre um die Nobelpreis-Akademie zieht weitere Kreise: Jean-Claude Arnault, Ehemann eines Mitglieds, steht im Verdacht, über Jahre hinweg mindestens 18 Frauen sexuell belästigt zu haben. Auch Kronprinzessin Victoria soll zu seinen Opfern zählen. mehr
Fund: In einem Massengrab im Norden Perus haben Archäologen aus Peru und den USA Knochenreste von mehr als 140 Kindern gefunden. Es könnte sich um Überreste des größten Kinderopferrituals der Welt handeln, heißt es in einem Beitrag der Zeitschrift "National Geographic". mehr
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WAS MICH AMÜSIERT
Der Mensch ist ein komplexes Wesen. Gliedmaßen müssen koordiniert werden. Abgestimmt auf das Gesehene, Gerochene, Ertastete oder Gehörte unserer Sinnesorgane. Ja, schmecken können wir auch noch. Die gustatorische Wahrnehmung kommt vor allem beim Genießen zur Geltung. Deshalb lieben wir Köche, die ihr Handwerk verstehen. Genau Handwerk. Es ist wichtig, dass die linke Hand weiß, was die rechte macht. Hier ist eine Erklärung, warum Sie vielleicht auch schon einmal in den "Genuss" einer versalzenen Mahlzeit gekommen sind. mehr
Ich wünschen Ihnen einen schönen Tag und morgen einen erholsamen Tag der Arbeit. Am Mittwoch schreibt Ihnen wieder Florian Harms.
Ihr Jan Hollitzer
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: Jan.Hollitzer@t-online.de
Twitter: @janhollitzer
Mit Material von dpa.
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