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Iran springt Putin im Ukraine-Krieg bei – und das hat Folgen


Drohnen, Raketen und mehr?
Putin zieht den Iran in den Ukraine-Krieg


Aktualisiert am 23.10.2022Lesedauer: 5 Min.
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Putin besuchte im Juli Teheran: Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges haben Russland und der Iran seine strategische Partnerschaft vertieft.Vergrößern des Bildes
Putin besuchte im Juli Teheran: Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges haben Russland und der Iran ihre strategische Partnerschaft vertieft. (Quelle: IMAGO/Iranian Presidential Office/imago-images-bilder)

Die russische Armee erleidet in der Ukraine massive Verluste. Deshalb setzt Putin nun auf Waffenhilfe aus dem Iran. Welche Folgen hat das für den Krieg?

Es ist ein Akt der Verzweiflung. Im Angesicht der ukrainischen Gegenoffensive setzt die russische Armee auf Terror. Raketen schlagen landesweit in Wohngebieten ein, es gibt immer wieder Angriffe auf die kritische Infrastruktur der Großstädte.

Dafür setzen Putins Truppen einmal mehr eine wirkungsvolle Waffe ein: Kamikaze-Drohen aus iranischer Produktion. Und das ist womöglich erst der Anfang. Denn das iranische Mullah-Regime will nun offenbar auch Boden-Raketen an Russland liefern – zumindest schreibt das die "Washington Post" mit Verweise auf US-Sicherheitskreise.

Damit vertieft der russische Überfall auf die Ukraine eine strategische Partnerschaft, die eigentlich kaum mehr ist als ein Zweckbündnis und längst keine Freundschaft. So bleiben zwar die Vorbehalte zwischen Teheran und Moskau groß. Und doch ist längst von einer "Achse der Geächteten" die Rede, die sich gegen den Westen verbündet – auch wenn das in Moskau kaum jemand zugibt.

Offiziell nämlich hält sich die russische Führung bedeckt und will von iranischen Waffenlieferungen nichts wissen. Putin-Sprecher Dmitri Peskow etwa hat laut eigenen Angaben keine Informationen über einen Einsatz iranischer Drohnen bei russischen Luftangriffen in der Ukraine. "Es wird russische Ausrüstung mit russischen Bezeichnungen verwendet", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters zufolge vor der Presse.

Dabei hat die Ukraine zahlreiche mit Sprengstoff bestückte Drohnen vom Himmel geholt. Diese legen nahe, dass die iranischen "Schahed 136" in Russland einfach umlackiert wurden. Nun heißen sie "Geran-2", so die russische Bezeichnung.

Ungeachtet dessen, dass sich Putin in der Vergangenheit immer wieder als Kämpfer gegen islamistischen Fundamentalismus inszenierte, und trotz aller Folgen, die sich durch neuerliche Sanktionen für den Iran ergeben könnten: Der Ukraine-Krieg scheint die Partnerschaft zwischen Teheran und Moskau zu vertiefen. Aber das Bündnis ist aus der Not geboren und zeigt die Verzweiflung des Kremls. Russland hat kaum noch Verbündete.

Video | Aufnahmen zeigen russischen Beschuss mit "Kamikaze-Drohnen"
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Quelle: t-online

Darum braucht Putin den Iran

Der Kreml hat in der Ukraine nicht mit einem langen Krieg gerechnet. Er hat gleichzeitig die Wehrhaftigkeit der ukrainischen Armee und die westliche Unterstützung unterschätzt. Nun gehen der russischen Armee zumindest modernere Waffensysteme aus, heißt es von westlichen Militärexperten.

In der Entwicklung von Kampfdrohnen lag Russland aber schon vor dem Ukraine-Konflikt im internationalen Vergleich deutlich zurück. Bei der Beschaffung war der Iran nicht die erste Wahl Moskaus, eigentlich wollte der Kreml Bayraktar-Drohnen von der Türkei kaufen. Der Einsatz dieser Kampfdrohnen durch die Ukraine war in den ersten Kriegsmonaten sehr effektiv. Immer wieder griff die ukrainische Armee damit russische Konvois an.

Doch Putin fing sich in der Türkei eine Absage ein, die einer Ohrfeige gleichkommt. "Ganz gleich, wie viel Geld sie uns anbieten, in dieser Situation kommt es nicht infrage, ihnen Drohnen zu überlassen. Im Moment unterstützen wir voll und ganz die ukrainische Seite", sagte Haluk Bayraktar, der Geschäftsführer des türkischen Unternehmens Baykar, in der BBC. "Geld hat für uns keine Priorität. Geld und materielle Ressourcen waren nie das Ziel in unserem Geschäft."

Im Drohnengeschäft war der Iran also der Notnagel für den Kreml, wobei die iranische Technologie offenbar große Mängel aufweist. "Wenn man zehn Systeme über eine mittlere Distanz startet, kommen vielleicht sieben an", sagte ein Experte, der sich mit iranischen Drohnen auskennt, dem "Spiegel". Die "Washington Post" schrieb im September von "zahlreichen Fehlern" und zitierte einen US-Geheimdienstmitarbeiter: "Die Russen sind nicht zufrieden."

Trotzdem muss der Kreml nun offenbar Waffen aus dem Iran nutzen, um eigene Löcher im Arsenal zu stopfen. Schon lange berichten westliche Geheimdienste, dass der russischen Armee die modernen Lenkflugkörper ausgehen. Lieferungen aus dem Iran würden demnach durchaus Sinn ergeben.

Der Iran sieht Weg aus der Isolation

Umgekehrt wittert der Iran in der Kooperation seine Chance, der internationalen Isolation zu entfliehen, indem sich das Regime dem Block mit Russland und China anschließt. Dabei jedoch dürfe man niemals vergessen, so der Nahost-Experte und Orientalist Daniel Gerlach im Juli bei der Deutschen Welle:

"Für die gesamte politische Mentalität der iranischen Führung gibt es keine Verbündeten. Es betrachtet Russland überhaupt nicht als Verbündeten, sondern als Rivalen in vielen Gebieten, mit dem man punktuell zusammenarbeiten muss." Für den Iran sei die Ukraine-Krise eine Möglichkeit, sich wieder ins Spiel zu bringen.

Dabei geht es dem Mullah-Regime vor allem um das Aushebeln westlicher Sanktionen, gerade wenn die Verhandlungen über einen neuen Nukleardeal scheitern würden. Besonders im Rohstoffsektor möchte Teheran sein Öl auf den Markt bringen und hat hier mit Moskau ähnliche Interessen.

So scheint sich Russland vom Iran abzuschauen, wie es westliche Sanktionen im Rohstoffsektor umgehen kann. Britische Medien berichten darüber, dass zahlreiche russische "Geisterschiffe" mit ausgeschalteten Peilsender auf hoher See ihr Öl mit "politisch-unbedenklichem" Öl vermischen. Die Herkunft wird somit verschleiert, ein Trick, der in der Regel gut funktioniert. Das Vorgehen trägt den Namen "iranisches Öl-Schema", das sich Russland einiges kosten lassen dürfte.

Doch auch darüber hinaus wird die Unterstützung aus dem Iran für Russland teuer. "Wir haben mit Russland eine Absichtserklärung über die Erschließung von Gasfeldern im Wert von vier Milliarden Dollar sowie ein Abkommen über den Bau von Gaspipelines und Anlagen für die Produktion von verflüssigtem Erdgas im Wert von 40 Milliarden Dollar unterzeichnet", erklärte der iranische Ölminister Javad Ouji im Oktober. Heißt im Klartext: Von der Not Putins will der Iran demnach vor allem wirtschaftlich profitieren.

Begrenzter Nutzen der iranischen Waffen

Für Russland denn ist der Nutzen eines Bündnisses mit Teheran auch eher wirtschaftlich und politisch. Putin kann so demonstrieren, dass er international noch Unterstützer findet. Dass es sich dabei um radikale Islamisten handelt, ist für den Kreml in der gegenwärtigen Situation zweitrangig. Der russische Präsident setzt auch auf den Ausbau der Handelsrouten durch den Iran nach Indien.

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Und militärisch? Könnte der Iran mit seinen Waffen den Ukraine-Krieg womöglich entscheidend beeinflussen?

Rein technologisch gibt es an dieser Darstellung erhebliche Zweifel. Denn die iranischen Drohnen sind laut Militärexperten nur effektiv, wenn keine moderne Luftverteidigung der Ukraine aktiv ist. Für S-300- oder auch Iris-T-Systeme sind sie durch ihre geringe Geschwindigkeit leichte Ziele.

Darüber hinaus verfügt der Iran über viele veraltete Waffensysteme, die in Eigenproduktion modernisiert wurden. Ihre Schlagkraft ist ungewiss, vor allem außerhalb des Kampfes in der Wüste.

Immerhin hat sich der Iran jahrelang auf die Landesverteidigung oder auf einen Krieg gegen Saudi-Arabien vorbereitet. Wenn man bedenkt, dass Putins Armee in der Ukraine nun vor allem auch Ausrüstung für den Winter braucht, ist Teheran dafür wahrscheinlich nicht der richtige Ansprechpartner.

Doch vielleicht geht es Moskau dabei auch nur in der Nebensache. Möglich ist auch, dass Moskau lediglich weiter internationale Unterstützung verhindern will. Je offensiver der Iran Kriegspartei an der Seite Putins wird, desto größer wird nämlich auch der politische Druck auf Israel und Saudi-Arabien.

Die israelische Regierung steht ohnehin schon international und national in der Kritik, weil sie auf Sanktionen gegen Russland verzichtet. Mit einer stärkeren Unterstützung durch den Iran könnte Putin am Ende also nicht nur Teheran in den Ukraine-Krieg ziehen, sondern auch andere Mächte, die mit dem Iran verfeindet sind – und Angst vor Konsequenzen im Nahen Osten haben.

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