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Skurrile Anrufe: Putins Minister spricht von "schmutziger Bombe" in der Ukraine


Krieg in der Ukraine
"Schmutzige Bombe": Putins Minister warnt Nato am Telefon

Von dpa, pdi, aj

Aktualisiert am 24.10.2022Lesedauer: 3 Min.
Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu und der Chef des Generalstabes der russischen Streitkräfte, Waleri Gerassimow: Gegen sie richtet sich Kritik.Vergrößern des BildesDer russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu (rechts im Bild). (Quelle: Sputnik/Aleksey Nikolskyi/Kremlin/Reuters)
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Russlands Verteidigungsminister Schoigu hat mehrere Nato-Staaten vor einer weiteren Eskalation in der Ukraine gewarnt. Im Westen wächst die Sorge vor einem russischen Atomwaffeneinsatz.

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat gegenüber den europäischen Atommächten Großbritannien und Frankreich behauptet, Kiew plane zur Diskreditierung Moskaus die Zündung einer radioaktiven Bombe. Schoigu habe "seine Besorgnis über mögliche Provokationen der Ukraine mit Hilfe einer "schmutzigen Bombe" übermittelt", teilte das russische Verteidigungsministerium am Sonntag mit.

Er sprach demnach mit dem französischen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu und mit dem britischen Minister Ben Wallace. Auch der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar bekam einen Anruf Schoigus.

Als "schmutzige Bombe" werden konventionelle Sprengsätze bezeichnet, die auch radioaktives Material verstreuen. Die Ukraine hat nach dem Zerfall der Sowjetunion ihre Atomwaffen jedoch abgegeben.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reagierte sofort auf die Behauptung. Wenn Moskau der Ukraine vorwerfe, eine "schmutzige Bombe" werfen zu wollen, bereite es selber irgendetwas Schmutziges vor. Das sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Sonntag.

"Wenn jemand in unserem Teil Europas Atomwaffen einsetzen kann, dann ist das nur einer und dieser eine hat dem Genossen Schoigu befohlen, dort anzurufen", sagte Selenskyj unter Anspielung auf Russlands Staatschef Wladimir Putin. Die Welt müsse klarstellen, dass sie nicht bereit sei, diesen "Schmutz" zu schlucken.

Westen weist Vorwurf zurück

Auch die USA, Frankreich und Großbritannien wiesen die russischen Anschuldigungen in einer gemeinsamen Erklärung zurück. Die drei Länder träten den "durchsichtig falschen Behauptungen" entgegen, die Ukraine plane den Einsatz einer solchen Bombe auf ihrem eigenen Territorium, hieß es in der am Sonntag vom US-Außenministerium veröffentlichten Stellungnahme, die auch im Namen der Regierungen in Paris und London abgeben wurde.

In der Erklärung wird Russland davor gewarnt, derartige Anschuldigungen als "Vorwand für die Eskalation" seines Kriegs gegen die Ukraine zu benutzen. Dies würde "von der Welt durchschaut" werden, hieß es.

Putin spielt mit der Angst im Westen

Frühere russische Behauptungen, die Ukraine könnte etwa auf biologische Waffen zurückgreifen, hatten im Westen die Sorge geweckt, dass Moskau unter einer falschen Identität Taten begehen und dann Kiew dafür verantwortlich machen könnte. Nach Schoigus Anrufen wächst im Westen demnach die Sorge vor einem russischen Atomwaffeneinsatz. Dabei setzt der Kreml auch darauf, eben diese Angst im Westen zu verbreiten, um die westliche Unterstützung der Ukraine zu schwächen. Schoigus Anrufe könnten diesen strategischen Hintergrund haben.

Aus London hieß es nach dem Telefonat, Wallace habe die Behauptungen zurückgewiesen und gemahnt, solche Vorwürfe sollten nicht als Vorwand für eine weitere Eskalation genutzt werden. Der Verteidigungsminister habe außerdem den Wunsch nach einer Deeskalation betont.

US-Außenminister Antony Blinken wies Russlands Behauptung zurück. Die russischen Vorwürfe seien falsch, schrieb Blinken am Sonntagabend (Ortszeit) auf Twitter. Er habe darüber mit seinem ukrainischen Amtskollegen gesprochen und ihm die weitere Unterstützung der USA zugesagt.

"Die russischen Lügen über angebliche Pläne der Ukraine, eine "schmutzige Bombe" zu nutzen, sind so absurd wie sie gefährlich sind", reagierte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter. Die Ukraine stehe treu zum Atomwaffensperrvertrag. "Die Russen beschuldigen andere oft dessen, was sie selber planen", warnte Kuleba in Kiew.

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"Unkontrollierte Eskalation"?

Laut dem russischen Verteidigungsministerium spitzt sich die Lage in der Ukraine immer stärker auf eine "unkontrollierte Eskalation" hin zu. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti behauptete, dass Kiew die Fertigstellung einer kleinen taktischen Atombombe faktisch abgeschlossen habe. Die Ukraine sei bereit, diese auf eigenem Boden zu zünden, "um eine starke antirussische Kampagne zu starten, die das Vertrauen zu Moskau untergraben soll".

Ungewöhnlicherweise sprach Schoigu am Sonntag auch zum zweiten Mal in zwei Tagen mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Es sei um die Lage in der Ukraine gegangen, hieß es. Ein Verweis auf das Atomthema fehlte in der Mitteilung des Verteidigungsministeriums in Moskau.

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine läuft seit Monaten nicht so, wie von Moskau geplant. Der Vormarsch geriet zunächst ins Stocken, inzwischen sind die russischen Einheiten sogar teilweise in die Defensive geraten. Vor diesem Hintergrund mehren sich Spekulationen über einen möglichen russischen Einsatz taktischer Atomwaffen gegen das Nachbarland. Moskau bestreitet derartige Absichten.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
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