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Roth (SPD) über 12-Punkte-Plan: "China will die Ukraine-Koalition spalten"


Pekings 12-Punkte-Plan
SPD-Politiker Roth: "Damit will China die Ukraine-Koalition spalten"

Von dpa, mvl, TiK

Aktualisiert am 24.02.2023Lesedauer: 6 Min.
Xi Jinping (Archivbild): China ruft zu Waffenstillstand und Verhandlungen im Ukraine-Krieg auf.Vergrößern des BildesXi Jinping (Archivbild): China ruft zum Waffenstillstand und Verhandlungen im Ukraine-Krieg auf. (Quelle: Li Gang/imago-images-bilder)
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China ruft zum Waffenstillstand und zu Verhandlungen im Ukraine-Krieg auf. Die Regierung in Peking legte ein 12-Punkte-Papier vor. Aus der SPD gibt es Lob, ein Experte reagiert verhalten.

China hat zu einem Waffenstillstand im Ukraine-Krieg aufgerufen. In einem mit Spannung erwarteten 12-Punkte-Papier, welches das Außenministerium in Peking am Freitag veröffentlicht hat, fordert China eine sofortige Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland. Die Vorschläge im Einzelnen:

  • "Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität aller Länder muss wirksam aufrechterhalten werden", heißt es im ersten Punkt des Papiers, was Beobachter häufig auf die Grenzen der Ukraine vor den völkerrechtswidrigen Annexionen durch Russland seit 2014 beziehen. Auch fordert China, dass die Grundsätze der Vereinten Nationen streng beachtet werden müssten.
  • Die Sicherheit eines Landes dürfe nicht auf Kosten eines anderen gehen, wird weiter gefordert, und auch militärische Blöcke dürften sich nicht deswegen verstärken oder erweitern. Das könnte eine Anspielung auf die geplante Erweiterung der Nato um Schweden und Finnland, aber auch eine mögliche Mitgliedschaft der Ukraine im Verteidigungsbündnis sein.
  • "Konflikt und Krieg dienen niemandem. Alle Parteien müssen rational bleiben, Zurückhaltung üben und vermeiden, die Flammen anzufachen, und verhindern, dass sich die Krise weiter verschlechtert oder sogar außer Kontrolle gerät", mahnt Peking außerdem.
  • "Dialog und Verhandlungen sind die einzig machbare Lösung für die Ukraine-Krise", heißt es in dem Positionspapier, Verhandlungen sollen wiederaufgenommen werden. Die Bemühungen Chinas, sich mit Vorschlägen stärker einzubringen, waren zuvor allerdings mit Skepsis betrachtet worden, da China den russischen Angriffskrieg bis heute nicht verurteilt hat. "Alle Parteien sollten Russland und die Ukraine unterstützen, in die gleiche Richtung zu arbeiten und letztendlich einen umfassenden Waffenstillstand zu erreichen", ist es in dem Dokument zu lesen. Bislang sind Gespräche zwischen der Ukraine und Russland unterbrochen.
  • Das Papier verweist auf die durch den Krieg entstandene humanitäre Krise und es wird gefordert, dass alle humanitären Operationen den Prinzipien der Neutralität folgen sollen.
  • Kriegsgefangene und Zivilisten sollen geschützt werden: Peking mahnt, dass keine zivilen Einrichtungen attackiert werden sollen.
  • Weiterhin wird in dem Papier dafür geworben, dass Atomkraftwerke geschützt werden sollen: "China ist gegen Angriffe auf Atomkraftwerke." Die Ukraine und Russland hatten sich gegenseitig Angriffe vor allem auf das Kernkraftwerk Saporischschja vorgeworfen, das derzeit von russischen Truppen kontrolliert wird.
  • Das Risiko eines Atomwaffeneinsatzes macht den chinesischen Außenpolitikern offenbar Sorgen: Sie sollen nicht eingesetzt werden, Drohungen damit sollten verurteilt werden, so das Papier. Kremlchef Wladimir Putin hatte allerdings immer wieder zumindest indirekt mit Atomwaffen gedroht, einige seiner Getreuen sogar deren Einsatz gefordert.
  • Die Getreideexporte werden ebenfalls erwähnt: China wirbt für die Initiative der Türkei und unterstützt deren Umsetzung.
  • "Einseitigen Sanktionen" erteilt Peking allerdings eine Absage. "Einseitige Sanktionen und maximaler Druck können das Problem nicht lösen; sie schaffen nur neue Probleme", heißt es in dem Dokument. Die EU und viele Einzelstaaten haben seit Beginn des Kriegs Sanktionen gegen russische Personen, Firmen und staatliche Einrichtungen verhängt, China hat sich diesen aber nicht angeschlossen.
  • Die zivilen Versorgungswege der Industrie sollen geachtet werden. Peking fordert, dass alle Parteien das Weltwirtschaftssystem aufrechterhalten und es nicht als Waffe benutzen sollen.
  • Schließlich wünschen sich die chinesischen Machthaber, dass die internationale Gemeinschaft Maßnahmen ergreift, um den Wiederaufbau nach Konflikten in Konfliktgebieten zu unterstützen. China bietet dafür seine Hilfe an.

Das Papier ist als "Position Chinas zu politischen Lösungen der Ukraine-Krise" überschrieben. Diplomaten in Peking waren allerdings vorsichtig, die Vorschläge als "neue Friedensinitiative" oder "Friedensplan" zu beschreiben. Es wurde auf die besondere Nähe Chinas zu Russland und seine mangelnde Neutralität verwiesen. Seit Beginn der Invasion Russlands in der Ukraine vor einem Jahr hatte China dem russischen Präsidenten Wladimir Putin immer Rückendeckung gegeben und die USA und die Nato als eigentliche Verursacher der Krise beschrieben.

Kritik und Skepsis von Experten

"Das ist kein Friedensplan, sondern die Auflistung allgemeiner Prinzipien des Völkerrechts und der Diplomatie, an die sich China selber nicht hält und deren Verstöße durch Russland für Peking offenkundig kein Problem darstellen", urteilt Joachim Krause, Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel. "In der Bewertung der Ursachen und der Treiber des Krieges stellt sich China offen auf die Seite Russlands. Wer gehofft hatte, es könne Anzeichen für Versuche Chinas geben, Russland zur Vernunft zu bringen, sieht sich enttäuscht. Das Papier ist ebenso substanzlos wie die Aufrufe von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer."

Auch SPD-Außenpolitiker Michael Roth kritisiert den 12-Punkte-Plan Chinas scharf als Pseudo-Friedensangebot und Versuch der Spaltung. "Die chinesische Friedensinitiative ist leider alter Wein in neuen Schläuchen", sagte er dem Nachrichtenportal t-online. "Keiner der 12 Punkte stellt eine Veränderung der bekannten chinesischen Positionen dar."

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Seit Beginn des russischen Angriffskriegs verfolge China eine "neutrale, aber faktisch prorussische Strategie", so Roth, der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag ist. Offiziell fordere die chinesische Führung zwar einen Waffenstillstand und Respekt für die Souveränität der Ukraine, zugleich stütze sie aber Russland politisch wie wirtschaftlich massiv und verbreite russische Narrative über den Krieg. "Klar ist: Für China ist die strategische Partnerschaft mit Russland wichtiger als Frieden in der Ukraine."

Roths Fazit zum 12-Punkte-Plan: "Mit dem Papier will sich China als Friedensmacht im Globalen Süden präsentieren und die internationale Ukraine-Koalition spalten."

SPD-Politiker Stegner lobt den Plan

Der SPD-Politiker Ralf Stegner hingegen lobt Chinas Ausführungen. Stegner sagte t-online: "Der 12-Punkte-Plan, den China vorgelegt hat, geht in die richtige Richtung. Vor allem, dass die territoriale Integrität der Ukraine anerkannt wird, ist ein ganz zentraler Aspekt." Einschränkend fügte der Sozialdemokrat hinzu: "Natürlich ist da trotzdem noch das Manko, dass China Russlands Auftreten nicht als das benennt, was es ist: ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg."

Stegner fügte hinzu: "Der Hinweis in dem Papier, dass russische Nukleardrohungen eingestellt werden sollten, ist ein Erfolg der Gespräche von Kanzler Scholz und US-Präsident Biden mit China. Diesen Weg sollten wir weitergehen."

Stegner warnte dennoch: "Im Übrigen darf es keinesfalls dazu kommen, dass China womöglich Russland auch noch mit Waffenlieferungen unterstützt!"

Linken-Chefin fordert stärkere Bemühungen Pekings

Diese Gefahr sieht auch Janine Wissler, Parteivorsitzende der Linken. Auch sie begrüßt Chinas Forderung nach einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. Aber: "Entscheidend ist, dass Peking seinen Einfluss auf Russland nutzt, um Druck für Verhandlungen und einen Abzug der Truppen zu machen", sagte sie t-online.

Eine diplomatische Initiative unter Vermittlung internationaler Institutionen wie der UN und der OSZE unter Einbeziehung von Ländern wie China oder Brasilien sei sinnvoll. "Voraussetzung dafür ist, dass es keinerlei chinesische Waffenlieferungen an Russland geben wird", so Wissler weiter. Auch die Bundesregierung und die EU müssten ihren "militärischen Tunnelblick" aufgeben und diplomatische Initiativen unterstützen. "Eine schnelle militärische Lösung wird es in dem Konflikt nicht geben."

Nach Informationen des "Spiegel" verhandelt ein chinesischer Drohnenhersteller gerade mit dem russischen Militär über die Produktion und Lieferung von Kamikazedrohnen.

Baerbock fordert UN-Dach für Friedensplan

Außenministerin Annalena Baerbock hatte China am Donnerstag aufgefordert, seinen Ankündigungen Taten folgen zu lassen und einen Friedensplan zur Beilegung des Ukraine-Konflikts unter dem Dach der UN-Charta vorzulegen. Dies sei notwendig, weil China als UN-Sicherheitsratsmitglied nicht nur Vetorechte, "sondern eben als Mitglied eine besondere Verantwortung hat, den Weltfrieden wiederherzustellen", sagte die Grünen-Politikerin in New York am Rande der UN-Vollversammlung zum Jahrestag des russischen Einmarsches in der Ukraine vor Journalisten. "Deswegen wäre ein echter Friedensplan absolut notwendig, den China mit unterstützt."

Die US-Spitzendiplomatin Victoria Nuland warnte China am Donnerstag vor Waffenlieferungen an Russland. "Wir wissen, dass die Russen die Chinesen immer wieder um Waffen gebeten haben." Einige chinesische Unternehmen würden bereits versuchen, Moskau zu unterstützen. Die Chinesen müssten verstehen, dass Waffenlieferungen eine "völlige Veränderung bedeuten würden, und zwar nicht nur in Bezug darauf, wie (China) und seine Neutralitätsbehauptungen weltweit gesehen werden, sondern auch in Bezug auf unsere Beziehungen zu China".

Sicherheitsexperte Joachim Krause ordnet den 12-Punkte-Plan auch in Hinsicht auf mögliche Waffenlieferungen Pekings an Moskau ein: "Sollte sich die Meldung bewahrheiten, wonach China Russland demnächst Drohnen für Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine überlassen wird, dann wäre es ein einzigartiges Dokument des politischen Zynismus."

Verwendete Quellen
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