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Brennpunkt Gladbach | Effenberg: "Rose droht ein Schreckensszenario"


Zukunft in Dortmund
Rose droht ein Schreckensszenario

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 04.03.2021Lesedauer: 6 Min.
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Marco Rose macht Gebrauch von einer Ausstiegsklausel und wechselt im Sommer von Borussia Mönchengladbach zu Borussia Dortmund.Vergrößern des Bildes
Marco Rose macht Gebrauch von einer Ausstiegsklausel und wechselt im Sommer von Borussia Mönchengladbach zu Borussia Dortmund. (Quelle: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa-bilder)

Marco Rose steht in Gladbach unter Druck und in Dortmund vor der Reifeprüfung. Es droht ein Schreckensszenario. Gut, dass der BVB Edin Terzic hat.

Was für eine turbulente Woche: Auf Schalke wird die Lage immer dramatischer, bei Eintracht Frankfurt verkündet der wichtigste Mann seinen Abschied und im Pokal scheitert Trainer Marco Rose mit Borussia Mönchengladbach an seinem künftigen Co-Trainer beim BVB. Da verkommt eine vollkommen überraschende Trainerentlassung zur Randnotiz. Vier Klubs – viermal Ärger. Und teilweise unabsehbare Folgen.

Brennpunkt Mönchengladbach: Zweieinhalb Wochen ist die Pressemitteilung her. Borussia Mönchengladbach verkündete den Abschied von Marco Rose zum Saisonende – Borussia Dortmund kurz darauf dessen Verpflichtung zur neuen Saison. Seitdem hat Gladbach vier Spiele absolviert und alle verloren. Tiefpunkt: Das Aus gegen Roses künftigen Arbeitgeber Borussia Dortmund im Viertelfinale des DFB-Pokals, bei dem derzeit auch noch sein künftiger Co-Trainer Edin Terzic als Chef auf der Bank sitzt. Schlimmer hätte es für Rose nicht kommen können.

Hat die Verkündung etwas mit den Negativergebnissen zu tun? Ganz offensichtlich hat sie das. Denn sie hat natürlich nicht dazu beigetragen, dass die ohnehin schon gedämpfte Stimmung Mitte Februar besser wird. Nun ist die noch mieser und der Druck auf Gladbach und Rose massiv.

Die Tür im Pokal war sehr weit offen und die Chance da, nach 26 Jahren mal wieder einen Titel zu holen. Nachdem dieser Traum geplatzt ist, droht nach dem 0:2 im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinals gegen Manchester City auch dort das Aus. Bei neun Punkten Rückstand auf den Tabellenvierten Eintracht Frankfurt geht es deshalb einzig um Schadensbegrenzung in der Liga. Dafür braucht Gladbach aus den ausstehenden elf Spielen sieben, acht Siege. Und das wird nicht einfach.

Das bedeutet auch: Es kann jetzt böse ausgehen. Verpasst Gladbach den internationalen Wettbewerb gänzlich, werden sich auch die Topspieler Gedanken über ihre Zukunft machen. Ich habe da insbesondere Florian Neuhaus, Marcus Thuram, Alassane Plea und Denis Zakaria im Kopf. Sie werden in ihrer Karriere Titel gewinnen und in der Champions League spielen wollen. Gut möglich, dass sie ihren Abschied forcieren, wenn das bei der Borussia nicht möglich sein wird auf absehbare Zeit.

Ich könnte es ihnen nicht verübeln. Ich habe nach unserem Pokalsieg 1995 mit Borussia Mönchengladbach in einer ähnlichen Situation gesteckt. Mir war klar: Mehr werde ich hier nicht erreichen. 1998 bin ich dann zum FC Bayern gewechselt, um weitere Titel zu gewinnen.

Für Gladbach und Rose wird schon das Duell mit Leverkusen am kommenden Wochenende vorentscheidend sein, in welche Richtung es geht. Schaffen sie die Wende und bringen die Saison seriös und gemeinsam zu Ende, wie es Gladbach-like und gut für alle Beteiligten wäre? Oder gibt es die nächste Niederlage und immer lautere Stimmen, die eine vorzeitige Ablösung Roses fordern? Rose droht dann ein persönliches Schreckensszenario.

Stellen Sie sich vor, Rose verliert die nächsten Spiele mit Gladbach, fährt die Mission Schadensbegrenzung an die Wand und wird doch noch gefeuert. Und auf der anderen Seite führt Edin Terzic den BVB in der Liga noch auf einen der ersten vier Plätze, kommt in der Champions League weiter und gewinnt am Ende den DFB-Pokal. Und dann soll Terzic wie vereinbart Co-Trainer von Rose werden. Das klingt kurios, könnte aber wirklich passieren.

Schon jetzt muss die Amtszeit von Rose bei Gladbach aus meiner Sicht neu bewertet werden. Max Eberl trennte sich 2019 von Trainer Dieter Hecking, um mit Rose "den nächsten Schritt machen" zu können. Hat Gladbach den gemacht? Ich denke: nein.

In der ersten Saison unter Rose hat Gladbach zwar in der Liga Platz vier und damit verbunden die Champions-League-Qualifikation geschafft. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sie in der Europa League kläglich in der Gruppenphase gescheitert sind – und auch im Pokal in der zweiten Runde an Dortmund.

In der zweiten Saison, also der aktuellen, droht Gladbach neben dem jeweiligen Aus in Champions League und Pokal ein Mittelfeldplatz in der Liga ohne Qualifikation für das internationale Geschäft. Stand heute hat Gladbach in der Liga 13 Punkte weniger als in der vergangenen Saison zum gleichen Zeitpunkt. Eine spielerische Weiterentwicklung kann ich nicht erkennen.

Marco Rose ist ganz sicher ein angesehener Trainer. Aber wenn ich mir die Fakten anschaue, fällt die Bilanz seiner Amtszeit bestenfalls mittelmäßig aus. Vielleicht sogar ernüchternd. Dann ist es legitim, im Nachhinein darüber zu diskutieren, ob seine Verpflichtung 2019 ein Fehler war.

Wie geht es in der neuen Saison weiter für Rose, Terzic und den BVB?

Fakt ist: Dortmund ist nicht Gladbach und wird die große Reifeprüfung für Rose werden. Er ist beim BVB zum Erfolg verdammt. Er wird dort für einen zweiten oder vierten Platz keinen Applaus bekommen so wie in Gladbach. Für Dortmund wiederum gilt: Rose ist kein Jürgen Klopp. Ich kann nur hoffen, dass sie sich nach sechs Jahren endlich von der haarsträubenden Vorstellung gelöst haben, dass es noch mal einen vergleichbaren Typen geben wird. Denn den wird es nicht geben. Aber gerade weil es ein paar Unwägbarkeiten gibt, ist die künftige Rolle von Edin Terzic so wichtig.

Dortmund braucht ihn nicht nur als Co-Trainer und Identifikationsfigur, sondern auch als Back-up. Geht es mit Rose schief, brauchen sie Terzic vielleicht schon früher wieder an vorderster Front, als ihnen lieb ist. Dann ist es natürlich ein gigantischer Vorteil, ihn in der Hinterhand zu haben.

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Brennpunkt Frankfurt: Sportvorstand Fredi Bobic hat seinen Abschied zum Saisonende angekündigt und damit für großen Aufruhr gesorgt. Nach fünf Jahren erfolgreicher Arbeit und trotz eines Vertrages bis 2023 will er Schluss machen. Aller Wahrscheinlichkeit nach zieht es ihn zu Hertha BSC und seinem Vertrauten Carsten Schmidt, der dort Vorsitzender der Geschäftsführung ist.

Für Hertha wäre das der beste Transfer in den vergangenen fünf Jahren – alle Spieler und Trainer eingerechnet. Als Fan wäre ich total happy und würde optimistisch in die Zukunft schauen. Mit Bobic würde Hertha einen absoluten Topmann bekommen – und Bobic im Gegenzug eine herausragende Aufgabe bei einem megaspannenden Projekt. Auch wenn sie das in Frankfurt nicht gerne hören: Bobic hat hier alles erreicht, was er erreichen konnte. Die Krönung: Der DFB-Pokalsieg gegen den FC Bayern. Kann ich seinen Wechselwunsch nachvollziehen? Ja. Definitiv.

Brennpunkt Schalke: Noch am Sonntag habe ich im "Doppelpass" bei Sport 1 gesagt, dass Schalke nach den Entlassungen in der sportlichen Leitung sofort einen neuen Trainer braucht. Einen, der den Kader filtert und für die kommende Spielzeit aufstellt, die für den Verein aller Voraussicht nach in der zweiten Liga stattfindet. Noch eine Interimslösung wäre keine gute, denn dann müssten sie im Sommer schon wieder bei null anfangen.

Schalke hat dies nun mit der Verpflichtung von Dimitrios Grammozis umgesetzt und frühzeitig einen Mann für die kommende Saison installiert.

Ist Grammozis der Richtige? Das kann und will ich nicht beurteilen, weil ich ihn nicht persönlich kenne. Aber: Die wichtigste Aufgabe für ihn ist es nun, nach dem Duell mit Mainz am morgigen Freitag den Kader auszusieben und ihn einem Charaktertest zu unterziehen. Wer nicht bereit ist, den Weg in die zweite Liga mitzugehen, hat auch kein Recht mehr auf Einsätze. Grammozis muss sich von den Spielern trennen, die sich im Sommer verabschieden wollen. Er muss stattdessen auf Ergänzungs- und Nachwuchsspieler setzen, die ihre Zukunft auf Schalke sehen. Das sind sicherlich harte Entscheidungen gegen Sead Kolasinac, Klaas-Jan Huntelaar oder Shkodran Mustafi, die erst im Januar in die Bundesliga gewechselt sind. Aber sie sind notwendig.

Noch wichtiger ist es für Schalke allerdings, dass sich der Verein auch insgesamt neu strukturiert und aufstellt. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen.

Brennpunkt Bielefeld: Die Arminia hat sich von Trainer Uwe Neuhaus getrennt und Frank Kramer als Nachfolger verpflichtet. Das war für viele überraschend – für mich war es das auch. Der Vorgang beweist mal wieder: Für Romantik ist im Fußball kein Platz.

Ich muss ehrlich sagen: Für mich ist dieser Trainerwechsel nicht nachvollziehbar. Uwe Neuhaus kennt die Mannschaft, hat sie in die erste Liga geführt und steht dort mit Bielefeld auf dem Relegationsplatz. Ich weiß nicht, was sie sich bei der Arminia von dieser Saison versprochen haben. In meinen Augen ist es ein großer Erfolg, dass sie nach 23 Spieltagen im Kampf um den Klassenerhalt alle Chancen hat. Neuhaus hat aus dem Kader das Beste rausgeholt.

Ich würde nicht ausschließen, dass den Verantwortlichen diese Entscheidung am Ende vor die Füße fällt. Und vielleicht ist es nicht die einzige Personalie, die sich bei den Brennpunkt-Klubs am Ende doch als falsch herausstellt.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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