"Vermachen" statt "vererben": Schlupfloch spart Erbschaftsteuer
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Über die Frage, ob Steuern anfallen, entscheiden manchmal Kleinigkeiten. Ein Urteil des Bundesfinanzhofs zeigt, wie Sie die Erbschaftsteuer auf Immobilien umgehen.
Umgangssprachlich benutzen viele die Begriffe synonym, doch "vermachen" und "vererben" ist nicht dasselbe. Das zeigt auch ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) in München: Das oberste deutsche Steuergericht hat entschieden, dass Ausländer und länger im Ausland lebende Deutsche Immobilien und Grundstücke über ein Vermächtnis nach dem Tod steuerfrei weitergeben können (Az.: II R 37/19).
Dieses Schlupfloch im Gesetz könne "wahrscheinlich" auch für andere Vermögenswerte gelten, sagte die BFH-Richterin Anette Kugelmüller-Pugh. Also beispielsweise die Weitergabe von Unternehmen oder von Kapitalanteilen daran. Das aktuelle Urteil betrifft allerdings nur Immobilien.
Was Erbe und Vermächtnis unterscheidet
Voraussetzung ist, dass künftige Nutznießer das Haus, die Wohnung oder das Grundstück nicht als Erbe, sondern als Vermächtnis erhalten. Die deutsche Erbschaftsteuer fällt an, weil Sie als Erbin oder Erbe zum Zeitpunkt des Todes als Eigentümer gelten. Beim Vermächtnis muss zunächst ein Notar die sogenannte Eintragung übernehmen, bevor Sie Eigentümer werden.
In dem Fall, der vor dem BFH verhandelt wurde, ging es um eine in der Schweiz lebende Erblasserin, die ihre Wohnung in München einer Nichte in den USA vermacht hatte. Das Finanzamt forderte daraufhin Erbschaftsteuer, doch der BFH gab der Nichte recht. Als "beschränkt steuerpflichtige" Ausländerin müsse sie keine Erbschaftsteuer zahlen. Mehr zum Unterschied zwischen beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht lesen Sie hier.
Für Deutsche gilt die Steuerfreiheit allerdings nur, wenn sowohl Erblasser als auch Empfänger seit mindestens fünf Jahren im Ausland leben. Eine Ausnahme gibt es zudem in manchen EU-Ländern. So führt etwa in Polen ein Vermächtnis dazu, dass der Empfänger unmittelbar mit dem Tod zum Eigentümer wird. Die deutsche Erbschaftsteuer würden dann also greifen.