Prozess gegen Investor Staatsanwaltschaft klagt René Benko an
Investor René Benko muss vor Gericht. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien wirft ihm mehrere Vergehen vor.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien hat Anklage gegen René Benko erhoben. Dem Gründer der insolventen Signa-Gruppe wird vorgeworfen, im Zuge seiner privaten Insolvenz Vermögenswerte beiseitegeschafft und damit Gläubiger benachteiligt zu haben. Das teilte die Behörde am Dienstag mit.
Konkret geht es um zwei Zahlungen: Zum einen soll Benko 360.000 Euro als Miet- und Betriebskostenvorauszahlung für ein von seiner Familie genutztes Objekt geleistet haben – laut WKStA wirtschaftlich und sachlich nicht vertretbar. Zum anderen soll er rund 300.000 Euro an Angehörige verschenkt haben. Beide Transaktionen sollen laut Anklage erfolgt sein, als sich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Benkos bereits deutlich abzeichneten. Die Anklage wurde beim Landesgericht Innsbruck eingebracht.
Der Vorwurf lautet auf betrügerische Krida – ein Delikt im österreichischen Strafrecht, das bei schuldhafter Schädigung von Gläubigern im Zuge einer Insolvenz zur Anwendung kommt. Der gesetzliche Strafrahmen liegt bei bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Die Anklage ist nicht rechtskräftig. Benkos Anwalt Norbert Wess kann innerhalb von 14 Tagen Einspruch einlegen. Eine Stellungnahme lag zunächst nicht vor.
Zwölf Ermittlungsstränge laufen gegen Benko
Benko hat die Vorwürfe in bisherigen Vernehmungen und Stellungnahmen stets bestritten. Für ihn gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.
Die WKStA führt derzeit zwölf Ermittlungsstränge rund um den Fall Benko. Der 48-Jährige sitzt seit Januar 2025 in Untersuchungshaft in der Justizanstalt Josefstadt in Wien. Mehrere Anträge auf Enthaftung wurden bislang abgelehnt. Aufgrund der U-Haft gilt ein Beschleunigungsgebot, das eine baldige Terminierung des Prozesses wahrscheinlich macht.
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Im Juni hatte die WKStA ihren ersten Vorhabensbericht im Fall Benko vorgelegt, den das Justizministerium inzwischen genehmigt hat. In öffentlichkeitswirksamen Verfahren – sogenannten clamorosen Fällen – ist diese Zustimmung gesetzlich erforderlich, wenn Anklage erhoben oder ein Verfahren eingestellt werden soll.
Ermittlungen reichen weit über Österreich hinaus
Die Justiz will damit offenbar auch Fehler aus der Vergangenheit vermeiden: Im Fall des Ex-Finanzministers Karl-Heinz Grasser hatte es rund sieben Jahre bis zur Anklage gedauert, ein Urteil folgte erst neun Jahre später. Auch deshalb wird der Fall Benko in Teilschritten verfolgt. Insgesamt beläuft sich der durch Signa verursachte Schaden laut WKStA auf rund 300 Millionen Euro. Ermittelt wird gegen mehr als ein Dutzend Personen sowie zwei Unternehmen.
Die Vorwürfe reichen über Österreich hinaus: Die WKStA kooperiert auch mit den Staatsanwaltschaften in Berlin und München I. Dort geht es unter anderem um mutmaßlichen Investmentbetrug beim Immobilienprojekt "Franz" am Münchner Bahnhofsplatz. Ein Großteil der Investorengelder soll zweckwidrig verwendet worden sein.
Aufstieg und Fall eines Selfmade-Milliardärs
Benko, der mit 17 Jahren die Schule abgebrochen hatte, hatte sich in der Niedrigzinsphase mit dem Aufbau eines verschachtelten Immobilienimperiums ein Milliardenvermögen erarbeitet. Zu den Prestigeobjekten der Signa-Gruppe zählten unter anderem das Chrysler Building in New York, das KaDeWe in Berlin und die Warenhauskette Galeria.
Der Einstieg in den stationären Handel gilt rückblickend als strategischer Fehler. Während die Immobilienbranche lange boomte, häuften die Einzelhandelsprojekte wie Galeria oder der Hamburger Elbtower hohe Verluste an. Hinzu kamen gestiegene Zinsen, hohe Energiepreise und explodierende Baukosten. Ende 2023 meldete die Signa Holding Insolvenz an, im März 2024 folgte Benko mit einem Antrag auf Privatinsolvenz.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und afp