Frauen verdienen weiterhin deutlich weniger als MĂ€nner
Wiesbaden (dpa) - Die Verdienstunterschiede zwischen MĂ€nnern und Frauen in Deutschland werden nur langsam kleiner. Im vergangenen Jahr lag der durchschnittliche Bruttostundenlohn der Frauen mit 17,72 Euro noch um 20 Prozent niedriger als der von MĂ€nnern mit 22,61 Euro, wie dasStatistische Bundesamtberichtete.
Vor einem Jahr hatte der Unterschied 21 Prozent betragen und 2014 waren es 22 Prozent.Europaweitliegt Deutschland damit auf dem vorletzten Platz. Nur in Estland fiel im Jahr 2018 der Lohnunterschied noch gröĂer aus.
Die LohnlĂŒcke fiel im Osten mit 7 Prozent erneut deutlich geringer aus als im Westen mit 21 Prozent. Hier wirkt sich immer noch aus, dass Frauen in der frĂŒheren DDR besseren Zugang auch zu besser bezahlten technischen Berufen hatten und hĂ€ufiger auf vollen Stellen arbeiteten.
Strukturelle GrĂŒnde fĂŒr Gender Pay Gap
Drei Viertel der GehaltslĂŒcke - die auch als Gender Pay Gap bezeichnet wird - lassen sich auf strukturelle GrĂŒnde zurĂŒckfĂŒhren, wie das Bundesamt ausfĂŒhrte. So werden in frauentypischen Berufen historisch gewachsen durchweg geringere GehĂ€lter gezahlt, Frauen arbeiten hĂ€ufiger in Teilzeit und seltener in qualifizierten FĂŒhrungspositionen. Hier könnten auch Erwerbspausen etwa zur Kindererziehung eine Rolle spielen, was aber statistisch nicht erfasst worden ist.
Den Berechnungen zufolge bleibt eine bereinigte GehaltslĂŒcke von zuletzt 6 Prozent - also das, was Frauen bei vergleichbarer Qualifikation und TĂ€tigkeit weniger verdienen als MĂ€nner. Auch diese Zahl ist tendenziell leicht rĂŒcklĂ€ufig, wird aber nur alle vier Jahre genauer erhoben, zuletzt im Jahr 2014. Neuere Ergebnisse sollen erst Mitte dieses Jahres vorliegen. Das Bundesamt vermutet, dass sich ein Teil dieser verbleibenden LĂŒcke durch die KarrierebrĂŒche von Frauen erklĂ€ren lĂ€sst, die ihre Erwerbsarbeit beispielsweise zur Kindererziehung unterbrochen oder reduziert haben.
Frauen leisten hÀufiger Care-Arbeit
Dies wird auch gestĂŒtzt durch eine Studie der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung. Frauen ĂŒbernĂ€hmen nach wie vor deutlich mehr unbezahlte Care-Arbeit als MĂ€nner - etwa Kinderbetreuung oder Aufgaben im Haushalt. "Frauen weichen deshalb im Job oft auf Teilzeit aus, was langfristig mit deutlichen EinbuĂen bei den Stundenlöhnen verbunden ist", erlĂ€utert die Forscherin und Mitautorin Karin Schulze Buschoff. Die Studie hat auch einzelne Berufe mit besonders hohen Einkommensunterschieden identifiziert. Bei gleicher Leistung und Qualifikation verdienen Frauen in Verkauf, Vertrieb und bei Banken weiterhin deutlich weniger als ihre mĂ€nnlichen Kollegen.
Anlass der Veröffentlichung ist der so genannte Equal Pay Day, der in diesem Jahr auf den 17. MÀrz fÀllt. Der Termin gibt symbolisch an, bis zu welchem Tag im Jahr Frauen praktisch unbezahlt gearbeitet haben, obwohl sie die gleiche Arbeit wie MÀnner leisten, die bereits seit dem 1. Januar bezahlt werden. Unterschiede nach Qualifikation, Branchen oder Teilzeitquote werden hier nicht gemacht.
EinbuĂen durch Erziehungszeiten
Vor allem Kinder fĂŒhren zu einer Minderung des Lebenseinkommens - und zwar deutlich bei MĂŒttern, aber "so gut wie gar nicht" bei VĂ€tern, wie es in der Studie hieĂ. Denn hauptsĂ€chlich MĂŒtter nehmen Auszeiten vom Arbeitsmarkt. Zudem sei Teilzeit fĂŒr Frauen im Haupterwerbsalter zwischen 30 und 50 die "dominante Erwerbsform". MĂŒtter, die heute Mitte 30 sind, könnten mit einem Erwerbseinkommen von 580.000 Euro (West) und 570.000 Euro (Ost) im Laufe ihres Lebens rechnen. Es gebe keinen nennenswerten Unterschied zwischen MĂŒttern jĂŒngerer und Ă€lterer JahrgĂ€nge. Bei kinderlosen Frauen nĂ€herten sich die Einkommen denen der MĂ€nner aber an.
Der hĂ€ufig genannte Unterschied beim Bruttostundenlohn (Gender Pay Gap) - er lag fĂŒr Frauen 2019 im Schnitt um 20 Prozent niedriger als fĂŒr MĂ€nner - greife zu kurz, urteilte die Stiftung laut Mitteilung. Denn damit wĂŒrden nur diejenigen berĂŒcksichtigt, die zu dem Zeitpunkt aktiv im Arbeitsmarkt waren. Wie groĂ die Kluft im gesamten Erwerbsleben wirklich sei, werde verschleiert.
DIW-Studie zum Lebenserwerbseinkommen
Ăber das gesamte Erwerbsleben hinweg verdienen Frauen in Deutschland nur etwa halb so viel wie MĂ€nner. Im Westen liege das erwartete Lebenserwerbseinkommen im Schnitt bei rund 830.000 Euro fĂŒr Frauen, MĂ€nner kommen auf durchschnittlich etwa 1,5 Millionen Euro. In Ostdeutschland sei von rund 660.000 fĂŒr Frauen und knapp 1,1 Millionen Euro fĂŒr MĂ€nner auszugehen. Das geht aus einer von der Bertelsmann Stiftung geförderten Untersuchung des Deutschen Instituts fĂŒr Wirtschaftsforschung (DIW) und der Freien Uni Berlin hervor, die zum Internationalen "Tag fĂŒr gleiche Bezahlung" veröffentlicht wurde.
FĂŒr die Studie war das Lebenserwerbseinkommen fĂŒr das 20. bis 60. Lebensjahr berechnet worden, vor Steuern und Abgaben und ohne Transfers wie Eltern- oder Kindergeld. Basis sind die Daten von knapp 18.200 Personen aus einer reprĂ€sentativen Wiederholungsbefragung.