Interview mit Roland Leuschel "Es weht ein Parfum von 1987 über das Parkett"
Die Stimmung an den Börsen ist bestens. Dies könnte allerdings nur die Ruhe vor dem großen Sturm sein. Davor warnt zumindest der ausgewiesene Crash-Prophet Roland Leuschel. Schon 1987 hat der langjährige Banker und Anlageexperte den großen Crash vorhergesehen. Auch vor dem Lehman-Crash im Jahr 2008 warnte er vor einem Kursrutsch. Jetzt hebt er wieder den Zeigefinger. Er sieht sogar Parallelen zu 1987. "Der Aktionär" sprach mit ihm darüber, was ihn zu dieser These bewegt.
"Der Aktionär": Herr Leuschel, Sie gelten als Crash-Prophet. Derzeit sieht es an den Märkten aber alles andere als schlecht aus. Glauben Sie dennoch an einen Einbruch?
Roland Leuschel: Ich glaube nach wie vor, dass wir vor einer großen Korrektur stehen, die von den USA ausgeht. Davon wird sich Europa sicher nicht abkoppeln können.
Sehen Sie Parallelen zu anderen Crashs?
Absolut. Es gibt viele Anzeichen, die mir sagen, dass ein Parfum von 1987 über das Börsenparkett weht. Damals hatten wir auch noch einen wunderbaren Sommer an der Börse. Zu diesem Zeitpunkt fingen aber bereits die langfristigen Zinsen vor allem in Japan an zu steigen. Man hat diese Anzeichen damals einfach nicht wahrhaben wollen. Und jetzt sehen wir in Japan eine Verdopplung der Zinsen, wenn auch auf ein niedrigeres Niveau als 1987. Und auch in den USA sind die langfristigen Zinsen nach oben gegangen. Es gibt also viele Anzeichen, die mir sagen, dass wir uns in einer ähnlichen Situation wie 1987 befinden. Auch die Leute sind unbekümmert. Es herrscht ein grenzenloser Optimismus. Und je optimistischer die Anleger sind, desto größer ist dann der anschließende Fall.
Wie tief kann es gehen?
Ich halte im S&P 500 eine Halbierung für möglich. Und auch im DAX glaube ich an einen 50-Prozent-Einbruch.
Es gibt derzeit Anzeichen, dass die längste Rezession in der Eurozone überwunden zu sein scheint. Ist damit die Finanzkrise und das Schlimmste an den Börsen nicht eventuell doch schon ausgestanden?
Die Finanzkrise ist keinesfalls bereits ausgestanden. Die hohe Verschuldung ist nach wie vor das Damoklesschwert, das über den Märkten schwebt. Wenn jetzt tatsächlich die Konjunktur anziehen würde und die Zinsen ansteigen würden, dann würde das Verschuldungsproblem sowohl in den USA als auch in Europa sogar noch viel größer.
Rein mathematisch gesehen ist die Verschuldung mittlerweile so hoch geworden, dass auch ein kleines Wirtschaftswachstum über mehrere Jahre nicht in der Lage sein wird, den Schuldenstand zu reduzieren. Da müsste schon ein enormes Wachstum entstehen wie beispielsweise 1981/82, als in den USA die Einkommensteuer, die marginal bei 70 Prozent lag, auf ein Ziel von 30 Prozent zurückgeschraubt wurde. Das hat damals einen Riesenschub gegeben. Etwas Derartiges kann ich derzeit nirgends erkennen.
Was könnte dann ein Ende der Finanzkrise einläuten?
Ich bin der festen Meinung, dass eine Währungsreform kommen wird. Man kann das ganze System erst dann wieder auf Vordermann bringen, wenn die Schulden bereinigt werden. Es wird meiner Meinung nach einen sogenannten Reset geben, bei dem unter anderem die Schulden von Griechenland erlassen werden.
Was raten Sie Anlegern in der aktuellen Situation?
Eine absolute Sicherheit und gleichzeitig noch Rendite, das gibt es nicht. Ich kann nur sagen, was ich tue. Eine schuldenfreie Immobilie ist eine Säule. Wichtig ist in der aktuellen Phase außerdem ein relativ hoher Cash-Anteil von rund 50 Prozent. Dafür bekomme ich zwar keine Zinsen, aber die Freiheit des Handelns, wenn nach dem Blutbad an den Märkten die Blue-Chip-Aktien wieder günstig sind. Zudem sollten mindestens 25 Prozent in physischem Gold und Silber gehalten werden - zumal ich glaube, dass das neue Währungssystem wie das alte Bretton-Woods-System wieder irgendwie an Gold gebunden wird. Mittelfristig sehe ich Gold bei 2500 Dollar. Risikobereite Anleger können zudem auch ein paar Short-Positionen einstreuen und sich dann sogar freuen, wenn die Märkte fallen.
Vielen Dank für das Gespräch.