Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Wechsel im Dax? Immoscout demütigt Porsche

Regelmäßig überprüft die Deutsche Börse die Dax-Mitglieder auf Substanz und Wert. Wer schwächelt, muss gehen. Diesmal winkt ein absurder Wechsel.
Eine viel größere Schmach kann man sich bei Porsche in Stuttgart-Zuffenhausen wohl kaum vorstellen. Der Autobauer ziert seit dem Jahr 2022 den Dax. Jetzt könnte die Fahrt ihr Ende finden. Denn nach einer Auswertung des Brokers RoboMarkets ist im September die Möglichkeit eines Doppelwechsels gegeben.
Der Laborausrüster Sartorius könnte vom Maschinenbauer Gea verdrängt werden. Weitaus spektakulärer wäre aber der Abstieg der Porsche-Aktien und die Aufnahme von Scout24 in den deutschen Leitindex. Denn dass die stolze Sportwagenfirma für den Betreiber eines Immobilienportals weichen muss, hinterließe in Baden-Württemberg sicher einen faden Beigeschmack.

Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten. Sie erreichen ihn auf seinem Portal www.feingoldresearch.de. Alle Gastbeiträge von Daniel Saurenz lesen Sie hier.
Miese Laune im Ländle
Dabei wäre es sinnbildlich für den Zustand der deutschen Industrie. RoboMarkets weist in seiner Auswertung darauf hin, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen in Baden-Württemberg zuletzt deutlich rückläufig waren. Dies erklärt sich vor allem aus der Schwäche bei Autobauern und Zulieferern und allen Mittelständlern, die Teil der Lieferketten sind. Fast wöchentlich liest man von Personalabbau bei Porsche, Daimler, Daimler Trucks, Bosch und vielen anderen.
Scout24 dagegen brummt – und die Erklärung ist so einfach wie ebenfalls sinnbildlich für Deutschland. Der Wohnungsmarkt ist angespannt, und das ist noch freundlich formuliert. Immer absurdere Vorstellungen der Regulierung vor allem in Berlin treffen auf ein den Erwartungen weit zurückhinkendes Neubauvolumen. Ergo treffen am Mietmarkt Angebot und Nachfrage so aufeinander, dass ohne große Mühen rein gar nichts mehr möglich ist.
Wer finanziell entspannt ist, kann auf Plattformen wie Wunderflats seine Traumwohnung finden. Viele andere müssen aber wohl oder übel Immoscout24 nutzen.
Geschäftsmodell simpel und gut
Für Vermieter hat die Plattform es so gestaltet, dass kostenlose Inserate so gut wie keine nützlichen Anfragen einspielen und nach kurzer Zeit enden. Kostenpflichtige Pakete sind dann die Alternative. Mieter wiederum sind darauf angewiesen, ebenfalls kostenpflichtig unterwegs zu sein und die Plusmitgliedschaft abzuschließen. Als Quintessenz spuckt die Datenbasis der Börse München eine Kursentwicklung bei Scout24 von 30 auf 120 Euro seit dem Jahr 2017 aus. An Börsenwert bringt Scout24 rund 8,5 Milliarden Euro mit und wird mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 40 alles andere als günstig bewertet.
Teuer, aber gern gesehen
Investoren finden das Plattformgeschäft, die Marke, die Abomodelle und die Skalierbarkeit jedoch spannender als Autobauer mit Problemen. Porsche sieht in der Performance nämlich mau aus. "Es ging seit Jahresbeginn für Sartorius um rund 17 Prozent abwärts – die Porsche AG büßte aber 23 Prozent ein und das bei einem extrem starken Dax im Jahr 2025", so Thomas Soltau vom Smartbroker. Er fügt noch an, dass Scout24 2025 dagegen um 39 Prozent und Gea um gut 32 Prozent zugelegt haben.
Der (Immobilien-)Kreis würde sich übrigens schließen, wenn die Analysten von JP Morgan mit ihrer Auswertung Recht behalten. Sie werfen nämlich noch Lufthansa und Nemetschek als Dax-Aufstiegskandidaten in den Ring. Laut Analyst Pankaj Gupta liegen aktuellen Daten zufolge beide Aktien aussichtsreich im Rennen. Gelänge Scout24 und Nemetschek der Aufstieg, wären eine Miet- und Kaufplattform sowie ein Bausoftware-Hersteller neu dabei.
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