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Was der neue Dax-Rekord für die Anleger heißt


Aktien-Hype
Diese fünf Risiken birgt der Börsen-Boom

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 06.04.2021Lesedauer: 4 Min.
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Blick in den Handelssaal der Deutschen Börse: Vergangene Woche hat der deutsche Leitindex Dax die Marke von 15.000 Punkten geknackt.Vergrößern des Bildes
Blick in den Handelssaal der Deutschen Börse: Vergangene Woche hat der deutsche Leitindex Dax die Marke von 15.000 Punkten geknackt. (Quelle: Staff/reuters)

Trotz zunehmender Warnsignale investieren die Deutschen in Aktien wie selten zuvor. Dafür gibt es viele Gründe. Einige Anleger sollten jetzt aber besonders aufpassen.

Die Warnungen sind kaum zu übersehen: In China schwächelt die Nach-Corona-Konjunktur. In den USA wachsen die Sorgen vor der Inflation, in Europa lässt der Aufschwung auf sich warten.

An den Börsen der Welt aber ist die Stimmung so gut wie nie. Ein Höchststand jagt den nächsten, von einer Korrektur ist weit und breit nichts zu sehen. Das wird nicht mehr furchtbar lange gut gehen. Wer sein Geld demnächst braucht, sollte darüber nachdenken, Kasse zu machen.

Im vergangenen Jahr sind Millionen Deutsche neu in das Geschäft mit Aktien eingestiegen. 17,5 Prozent der über 14-Jährigen sind heute Aktionäre, das ist fast so viel wie am Ende der großen Aktienbegeisterung zur Jahrtausendwende. Damals hatte die Privatisierung der Telekom zuerst große Begeisterung und dann tiefe Enttäuschung ausgelöst. Nach dem Zusammenbruch der Internetaktien-Euphorie im Jahr 2001 stießen die Deutschen ihre Aktien und Fonds ab. 2010 waren nur noch etwas mehr als acht Prozent der Bürger Aktionäre.

Dass die Anleger nun wieder Aktien kaufen, hat viele gute Gründe. Sie haben im vergangenen Jahr viel gespart. Kaum jemand konnte in den Urlaub fahren, auswärts essen oder ausführlich shoppen. Die Sparquote – das ist der Anteil des verfügbaren Einkommens in Privathaushalten, der nicht ausgegeben wird – stieg von knapp 11 auf mehr als 16 Prozent.

Weil es auf dem Girokonto und auf Sparbüchern schon lange keine Zinsen mehr gibt, haben sich viele zum ersten Mal mit der Börse beschäftigt. Zu Recht: Denn die Rendite, die man langfristig mit einer Aktienanlage erzielen kann, liegt fast immer über der sicheren Geldanlage auf Sparbüchern oder mit Staatsanleihen.

Der Aktienhandel wird immer einfacher

Der Zeitpunkt zum Einsteigen war nach dem Crash vom März 2020 ideal. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie sackte der deutsche Aktienindex Dax von 13.700 Punkten auf unter 8.500. Wer am 18. März 2020 zum Tiefststand einen sogenannten ETF auf den Dax kaufte, ist heute um mehr als 70 Prozent reicher.

"Exchange Traded Funds", auch Indexfonds genannt, bilden meist nur einen Index nach, werden nicht aktiv gemanagt und haben deshalb geringe Gebühren. Mehr dazu lesen Sie hier.

Dazu kommt: Das Investieren in Aktien wird immer komfortabler und preisgünstiger. Statt beim Bankberater teure Orders in einzelne Papiere aufzugeben, lassen sich Finanzprodukte problemlos und preisgünstig mit dem Handy kaufen und verkaufen. Vor allem die Gruppe der unter 30-Jährigen ist im vergangenen Jahr auf diesen Zug aufgesprungen.

Diese Punkte sollten Sie beim Investieren beachten

Insgesamt eine mehr als erfreuliche und kluge Entwicklung. Doch nun nähert sich die Sache einem Ende, die Luft nach oben wird dünn. Ein paar wichtige Dinge müssen beachtet werden.

  1. Aktien sind Risikopapiere, es gibt keinen garantierten Gewinn. Das gilt auch für Fonds – auch wenn sich das Risiko hier über mehrere Unternehmen verteilt. Wer zu einem bestimmten Zeitpunkt Geld braucht, oder einen benötigten Betrag nur ein paar Wochen oder Monate anlegen will, ist nicht gut aufgehoben. Wer also in kürzerer Frist das Geld für Ferien, ein neues Auto oder eine Wohnungsrenovierung braucht, sollte jetzt über einen Ausstieg nachdenken.
  2. Die Inflation zieht an, damit auch die Zinsen. Auch wenn die Notenbanken ihre Füße noch still halten, steigen die Zinsen für langfristige Anleihen bereits deutlich. Damit gibt es nach und nach wieder Alternativen zum Aktienmarkt. Das wird die Kurse mittelfristig dämpfen.
  3. Die Einschläge kommen näher. Der Markt wird schwankungsanfälliger. Der Kollaps des Family-Office-Fonds Archegos in der vergangenen Woche war möglicherweise nur der Vorbote weiterer Turbulenzen im unregulierten Teil des Finanzmarktes. Schwanken die Börsen, lassen sich zwar hohe Gewinne machen – doch das Gegenteil ist wahrscheinlicher. Das sollten sich vor allem diejenigen zu Herzen nehmen, die ihr Depot auf dem Handy verwalten. Sie kaufen und verkaufen ohnehin schon öfter als Anleger, die am Computer handeln, und gehen höhere Risiken ein, wie eine Studie des Schweizer Finanzprofessors Marc Arnold von der Universität St. Gallen zeigt.
  4. Die Investments in Homeoffice-Produkte lassen nach, große Aktienpakete werden gerade umgeschichtet. Im Jahr 2020 haben die Menschen weltweit in neue Computer, Tablets, Kameras und Smartphones investiert, weil sie von jetzt auf gleich ihren Schreibtisch im Büro mit dem Küchentisch tauschen mussten. Je mehr Menschen geimpft sind, desto mehr von ihnen können an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Deshalb verlieren Tech-Aktien und Hebel-Produkte auf diese Anteile an Sex Appeal. Umgekehrt werden nun wieder klassische Unternehmensanteile höher geschätzt, wie zum Beispiel deutsche Autoaktien. Das alles macht Aktien der Firmen, die im vergangenen Jahr am schärfsten gelitten haben, attraktiver. Die Umstellung aber kann rumpelig werden.
  5. Die Euro-Konjunktur läuft langsamer wieder an als erwartet. Es kann länger dauern als erhofft, bis die europäischen Aktienunternehmen die Kurse rechtfertigen, zu denen sie gerade gehandelt werden.

Das alles spricht nicht gegen Aktien an sich. Und es spricht vor allem nicht dagegen, dass junge Leute in Unternehmensanteile investieren, oder entsprechende Fonds kaufen.

Es sind aber Signale für diejenigen, die bald auf ihr Geld angewiesen sind. Und es ist eine Warnung für die, die jeden Tag kaufen und verkaufen.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Gemeinsam mit t-online.de und der Leibniz-Gemeinschaft produziert sie den Podcast .

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