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Flexible Rente: Robert Habecks Erkenntnis kommt kurz vor knapp


Flexibles Rentenalter
Habecks Renten-Erkenntnis kommt in letzter Sekunde

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

22.02.2022Lesedauer: 3 Min.
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Robert Habeck: Der Bundeswirtschaftsminister spricht sich für ein flexibles Rentenalter aus.Vergrößern des Bildes
Robert Habeck: Der Bundeswirtschaftsminister spricht sich für ein flexibles Rentenalter aus. (Quelle: Future Image/imago-images-bilder)

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will das Rentenalter flexibler gestalten. Doch die bisherigen Regelungen dazu funktionieren nicht. Was es nun braucht.

Es hat keine hundert Tage gedauert, da macht sich bei der Bundesregierung eine Erkenntnis breit, die nicht neu, aber wichtig ist: Die Renten sind nicht so sicher, wie man im Wahlkampf glauben machen wollte. Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck ist der Erste, der die vorsichtige Kehrtwende einleitet.

Ein flexibles Renteneintrittsalter sei doch eine schöne Sache, sagte er am Wochenende dem "Handelsblatt". Er hat recht.

Das Problem ist nur: Die Flexirente gibt es schon seit 2017. Sie ist nur nicht attraktiv genug, um die Rentenfinanzen zu stabilisieren und die Fachkräftelücke zu schließen.

Fachkräftemangel wird zur Wachstumsbremse

Beide Probleme aber muss die Bundesregierung rasch in den Griff bekommen, wenn sie ihre anderen Ziele – den Kampf gegen den Klimawandel, den Umbau der Industrie, die Energiewende – erreichen will. Denn wenn ab 2025 die Babyboomer zu Hunderttausenden in Rente gehen, wird die Facharbeiterlücke zu einer echten Wachstumsbremse.

Die Einnahmen der Sozialversicherungen werden noch weniger als heute ausreichen, um die Ansprüche der Ruheständler zu befriedigen. Die Zusatzkosten müsste Finanzminister Lindner aus dem Bundeshaushalt finanzieren – mit Geld, das die Bundesregierung eigentlich dem Kampf gegen den Klimawandel widmen will.

Pro Jahr eine halbe Million Arbeitskräfte weniger

Es ist also richtig und nötig, dass Habeck jetzt aktiv werden will. Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) rechnet vor, dass sich von der Mitte des Jahrzehnts an pro Jahr eine halbe Million mehr Arbeitskräfte aus dem Erwerbsleben verabschieden, als neue nachkommen.

Doch schon heute gibt es üppige Rentenzuschläge für diejenigen, die noch ein oder zwei Jahre dranhängen, wenn sie das Rentenalter eigentlich schon erreicht haben. Selbst Frührentner können inzwischen großzügig hinzuverdienen, wenn sie zusätzlich zur Rente eine Stelle antreten wollen.

Viele Rentner begnügen sich mit Minijob

Dennoch ist der Zuspruch überschaubar. 80 Prozent der "arbeitenden" Rentner begnügen sich mit einem Minijob, für den sie eigentlich überqualifiziert sind. Nur etwa acht Prozent der Erwerbspersonen sind jenseits des Alters von 65 Jahren erwerbstätig – die meisten von ihnen sind Selbstständige und Freiberufler. Hochqualifizierte arbeiten häufiger bis in ein höheres Lebensalter als Mittel- und Geringqualifizierte.

Es wäre schon viel erreicht, wenn die meisten tatsächlich bis zum gesetzlichen Rentenalter berufstätig blieben. Denn heute verabschieden sich die Deutschen mit durchschnittlich 64 Jahren in den Ruhestand, arbeiten müssten sie eigentlich noch gut zwei Jahre länger.

Vorruhestand ist oftmals Mittel der Wahl

Die Gründe dafür sind bekannt: Viele ältere Arbeitnehmer sind müde, wollen oder können nicht länger arbeiten. Auf der anderen Seite aber haben auch gesunde und motivierte Ältere immer noch große Probleme, eine neue Stelle zu finden, wenn sie arbeitslos werden.

Immer noch sind Vorruhestandsprogramme das Mittel der Wahl, wenn sozialverträgliche Lösungen für einen Personalabbau gefunden werden müssen. Und: Bei betrieblichen Weiterbildungen werden ältere Arbeitnehmer immer noch benachteiligt.

Da ist es kein Wunder, dass viele Ältere vorzeitig gehen wollen. Zumal sie von der Bundesregierung bisher dazu ermutigt wurden. Dass Ältere länger Arbeitslosengeld bekommen als Jüngere, war eine Idee der Sozialdemokraten – vor allem, um den betroffenen Arbeitnehmerinnen einen geschmeidigen Übergang in den Vorruhestand zu ermöglichen.

Habeck muss die SPD überzeugen

Außerdem paukte die frühere SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles die Rente mit 63 für besonders langjährige Versicherte durch und setzte damit das Signal, dass man den Ruhestand besser früher als später anstreben sollte.

Bevor der grüne Wirtschaftsminister also jetzt seine Operation "Zweite Luft" starten kann, muss er erst einmal seinen großen Regierungspartner überzeugen. Das dürfte fast noch schwerer werden, als die älteren Beschäftigten zu ein paar Monaten Mehrarbeit zu überreden.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Ihr neues Buch heißt:

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