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Ampel-Entlastungen: Rentner profitieren am wenigsten von Maßnahmen


"Überlegen, ob nachgelegt werden muss"
Rentner profitieren am wenigsten von Ampel-Entlastungen


Aktualisiert am 11.04.2022Lesedauer: 4 Min.
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Eine Rentnerin zählt ihr Geld (Symbolbild): Älteren Menschen greift die Ampel nur wenig unter die Arme.Vergrößern des Bildes
Eine Rentnerin zählt ihr Geld (Symbolbild): Älteren Menschen greift die Ampel nur wenig unter die Arme. (Quelle: imago-images-bilder)

Deutschlands Rentner bekommen dieses Jahr eine starke Erhöhung ihrer Bezüge. Bei den finanziellen Entlastungen durch die Ampel jedoch gehen sie weitgehend leer aus, zeigt eine neue Studie.

Schon als die Ampelparteien sie präsentierten, zeichnete es sich ab – jetzt ist es amtlich: Die Maßnahmen, die für finanzielle Entlastungen sorgen sollen, bringen den Rentnern in Deutschland mit am wenigsten.

Das geht aus einer aktuellen Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor, die am Montag veröffentlicht wurde. Demnach glichen die beiden Entlastungspakete zwar bei "typischen Erwerbstätigen-Haushalten" zu einem "beträchtlichen Teil" die zusätzlichen Ausgaben für höhere Energiekosten aus.

"Kaum entlastet werden dagegen Haushalte von Rentnerinnen und Rentnern", heißt es in der Studie. Studienautor und IMK-Chef Sebastian Dullien dazu: "Hier sollte die Regierung noch einmal überlegen, ob nicht etwa bei Rentnerinnen und Rentnern noch einmal nachgelegt werden muss."

Inflation so hoch wie zuletzt vor 40 Jahren

Zwar dürften die Renten im laufenden Jahr kräftig steigen. "Dies gleicht aber nicht die gestiegenen Preise aus", so der Ökonom. Auch müsse man mit beachten, dass die Renten im vergangenen Jahr nicht gestiegen seien (Lesen Sie hier, was das Renten-Plus für Sie bedeutet).

Nötig wurden die Entlastungen wegen der zuletzt auf breiter Front anziehenden Preise. Die Inflation lag im März zuletzt bei 7,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat – so hoch war sie seit 40 Jahren nicht. Treiber dieser Entwicklung sind vor allem die Energiekosten, die zunächst wegen der Corona-Krise stiegen, inzwischen zusätzlich durch den russischen Überfall auf die Ukraine.

Die Ampelregierung hat deshalb eine ganze Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Bürger zu entlasten. Die Ökonomen vom IMK haben sich diese nun im Detail angeschaut, um zu klären, ob sie ihre Wirkung tatsächlich wie geplant entfalten.

Ärmere Haushalte profitieren stärker als reichere

Wichtigstes Ergebnis: Im Großen und Ganzen sind die Entlastungen sozial ausgewogen, wirken also – wie von der Ampel geplant – bei ärmeren Haushalten mehr als bei reicheren.

Bei einer vierköpfigen Familie, in der beide Eltern zusammen lediglich 2.000 bis 2.600 Euro netto pro Monat verdienen, federn die Maßnahmen rund 90 Prozent der Mehrbelastungen ab. Eine vergleichbare Familie mit einem mittleren Monats-Netto zwischen 3.600 und 5.000 Euro entsprechen die Entlastungen lediglich 77 Prozent.

Die Krux dabei: Viele der Maßnahmen richten sich gezielt an Menschen, die noch einem Beruf nachgehen – und nicht an Rentner. Sie fallen deshalb bei vielen Punkten durchs Raster, wie die IMK-Forscher feststellen:

  • Einkommenssteuer: Die Anhebung des Grundfreibetrages sowie des Arbeitnehmer-Pauschbetrags sorgen dafür, dass vor allem Erwerbstätige mehr Netto vom Brutto haben. Wer ohnehin über nur eine geringe Rente verfügt und nicht mehr arbeitet, profitiert deshalb nicht automatisch und nur in geringerem Umfang.
  • Pendlerpauschale: Die Anhebung der Pauschale hilft abermals Arbeitnehmern, sofern sie einen längeren Arbeitsweg zurücklegen. Wer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist, geht leer aus.
  • Energiepreispauschale: Die größte Einzelmaßnahme (Kosten für den Bund: rund 9 Milliarden Euro) richtet sich erneut primär an einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige. Die einmal fälligen 300 Euro zahlen die Arbeitgeber aus. Wer, wie Rentner, keinen hat, bekommt nichts. IMK-Direktor Dullien zu t-online: "Es fehlt weiterhin ein Mechanismus, um staatliche Zuwendungen direkt an sämtliche Bürger auszuzahlen. Dieser Behelfsmechanismus über die Arbeitgeber hilft Rentnern nicht."
  • Familienzuschuss: 100 Euro gibt es, parallel zum Kindergeld, pro Kind. Wer keine Kinder hat, die noch in der Ausbildung stecken, erhält kein Geld.

Gleichzeitig gibt es auch eine Reihe von Maßnahmen, die durchaus auch Senioren helfen. Zu ihnen zählen unter anderem:

  • Abschaffung der EEG-Umlage: Dadurch wird der Strom billiger, und zwar um insgesamt 4,43 Cent je Kilowattstunde. Ein Durchschnittshaushalt spart dadurch in der zweiten Jahreshälfte rund 60 Euro. Zwar dürfte diese Summe, je nach Verbrauch, bei älteren, alleinstehenden Menschen geringer ausfallen, doch auch sie sparen durch die geringeren Stromkosten Geld.
  • 9-Euro-Ticket: Wie sehr der Einzelne von drei besonders günstigen Monatstickets für die öffentlichen Verkehrsmittel profitiert, hängt stark damit zusammen, wie viel er unterwegs ist – und ob es überhaupt ein gutes Öffi-Angebot vor Ort gibt. Fakt ist: Senioren haben davon auch etwas.
  • Tankrabatt: Ähnlich wie beim Bus- und Bahnticket macht sich die Absenkung der Energiesteuer um 30 Cent (Diesel) und 14 Cent (Benzin) umso stärker bemerkbar, je mehr die Betroffenen ihr Auto nutzen. Der Durchschnittsrentner wird zwar tendenziell weniger Auto fahren als ein Erwerbstätiger, profitiert im Grundsatz aber natürlich auch von den geringeren Preisen.

In der Summe bedeuten all diese Punkte exemplarisch: Wer nicht mehr arbeitet, alleine und monatlich von maximal 900 Euro brutto lebt, muss laut der IMK-Berechnung dieses Jahr mit Mehrausgaben in Höhe von rund 517 Euro rechnen. Entlastet wird sie oder er aber lediglich um 46 Euro – was einem Anteil von gerade einmal neun Prozent entspricht.

Dullien schlägt Verbesserungen für Rentner vor

Zum Vergleich: Wer alleine lebt und durch Arbeit mehr als 900 Euro verdient, wird nach den Annahmen des IMK um 446 Euro höher belastet, erhält aber durch die staatlichen Entlastungen rund 339 Euro zurück. Also ein Anteil von 76 Prozent.

"Das ist natürlich nur ein Durchschnittswert für einen Beispiel-Haushalt", sagte IMK-Direktor Dullien t-online. "Dennoch zeigt die Rechnung deutlich: Senioren, die über eine schmale Rente verfügen, und davon gibt es viele, haben deutlich weniger von den Maßnahmen der Ampel."

Er plädiere deshalb für Nachbesserungen. "Da Rentner besonders von den gestiegenen Heiz- und Gaskosten betroffen sind, wäre aus unserer Sicht ein Gaspreisdeckel schlau, bei dem ein Grundverbrauch an Gas staatlich bezuschusst wird." Zudem sollte darüber nachgedacht werden, ob nicht auch die Deutsche Rentenversicherung Direktzahlungen des Staates an die Rentner ausschütten könnte.

Verwendete Quellen
  • IMK: "Die Entlastungspakete der Bundesregierung"
  • Gespräch mit Sebastian Dullien, Wissenschaftlicher Direktor des IMK
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