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Nach Insolvenz: Thyssenkrupp-Tochter kauft MV Werften


Nach Insolvenz
Thyssenkrupp-Tochter kauft Pleite-Werft in Wismar

Von Frederike Holewik

10.06.2022Lesedauer: 3 Min.
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Schiffshalle der MV Werften in Wismar (Symbolbild): Nach der Insolvenz im Januar hat sich nun ein Käufer für den Standort gefunden.Vergrößern des Bildes
Schiffshalle der MV Werften in Wismar (Symbolbild): Nach der Insolvenz im Januar hat sich nun ein Käufer für den Standort gefunden. (Quelle: imago-images-bilder)

Der erste Standort der MV Werften in Mecklenburg-Vorpommern wechselt den Eigentümer. Zwischen 800 und 1.500 Jobs sollen dadurch gesichert werden. Die Zukunft des Megaschiffs "Global One" bleibt aber ungewiss.

In Wismar wird weitergebaut: Der U-Boot-Bauer Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) aus Kiel hat die Werft in Wismar gekauft. Damit ist der erste von drei Standorten der insolventen MV-Werften-Gruppe in Mecklenburg-Vorpommern in neuen Investoren-Händen.

"Wir kommen nach Wismar, um Marine Systems, aber auch dem Standort und den Menschen hier eine echte Perspektive zu geben", erklärte TKMS-Chef Oliver Burkhard am Freitag nach einer Betriebsversammlung auf der Werft in Wismar. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Und eine große Unsicherheit bleibt: Was passiert mit dem größten Kreuzfahrtschiff der Welt in der Schiffshalle?

Ab 2024 sollen U-Boote gebaut werden

Die MV Werften hatten im Januar Insolvenz angemeldet (t-online berichtete von der Situation vor Ort). Dem Werfteigner Genting Hongkong, der vor allem auf den Gebieten Tourismus und Glücksspiel tätig ist, war infolge der Corona-Pandemie das Geld ausgegangen. In der Folge machte sich große Unsicherheit unter den insgesamt 1.900 Beschäftigten breit.

Mit dem Kauf des Standorts Wismar könnte sich die Lage nun entspannen. TKMS-Chef Burkhard will ab 2024 zunächst 800 Mitarbeiter im U-Boot-Bau beschäftigen. Sollte das Unternehmen den Zuschlag für weitere Marineschiffe bekommen, könnten mit dem Überwasserschiffsbau perspektivisch bis zu 1.500 Menschen vor Ort arbeiten.

"Für den Schiffsbau in Wismar gibt es eine Zukunft", sagt Henning Groskreutz, Bevollmächtigter der IG Metall Lübeck-Wismar, t-online. Besonders erfreut ist er über die verhandelten Konditionen: Es gilt ein Vorrang für Mitarbeiter in der Transfergesellschaft beim neuen Eigentümer und die Gültigkeit von Tarifverträgen.

Transfergesellschaft soll länger bestehen

Betriebsrat Folko Manthey ist selbst seit 1985 bei den heutigen MV Werften, seit 2018 ist er freigestelltes Mitglied im Betriebsrat und Vertrauensmann der IG Metall. Der Kauf des Werks am Standort Wismar stimmt ihn optimistisch. Gleichzeitig sagt er: "Welche konkreten Auswirkungen das auf jeden Einzelnen hat, muss sich zeigen." Denn: Die Zeit bis zum Einstieg von TKMS, also Ende 2023, muss noch überbrückt werden.

Am Donnerstag hatten Regierung und Landtag in Schwerin grünes Licht für das verlängerte Bestehen der Transfergesellschaft bis zum 31. Oktober gegeben. Zur Finanzierung werden bis zu 10,3 Millionen Euro aus dem MV-Schutzfonds bereitgestellt.

Dennoch bedeutet das für die Beschäftigten zunächst eine finanzielle Verschlechterung. Denn anders als bisher wird der reguläre Satz, der dem Arbeitslosengeld 1 entspricht, nicht weiter aufgestockt. Einige Mitarbeiter könnten sich also auch nach neuen Stellen umsehen.

Thyssenkrupp Marine Systems galt schon länger als Anwärter für den Standort Wismar. TKMS ist eine Tochtergesellschaft von Thyssenkrupp mit Sitz in Kiel. Das Unternehmen bietet Unter- und Überwasserschiffbau sowie maritime Elektronik- und Sicherheitstechnologie an. Insgesamt beschäftigt TKMS 6.500 Mitarbeiter.

Unklar, was mit "Global One" passiert

Der U-Boot-Bauer aus Schleswig-Holstein verfügt über ein großes Auftragspolster und plant daher eine Kapazitätserweiterung. Allerdings handelt es sich dabei zunächst um U-Boote. Bislang wurden in der Werft Kreuzfahrtschiffe gebaut.

Für die bisherigen Angestellten sei das kein Problem, so Betriebsrat Manthey. "Die Kollegen sind motiviert und sie bauen alles, was mit der See zu tun hat", sagt er t-online. Zudem soll es Fortbildungen geben, heißt es vom Käufer.

Doch ein Problem bleibt: die Global One. Mit 342 Metern Länge, 57 Metern Höhe und Platz für 9.500 Passagiere und 2.500 Crewmitglieder sollte es eines der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt werden. Doch momentan liegt das 1,5 Milliarden Euro teure Schiff zu 75 Prozent fertiggestellt in der Schiffshalle. Für den Fertigbau fehlen noch rund 600 Millionen Euro – und ein Käufer.

"Vereinbart ist, dass die Insolvenzverwaltung die Dockstelle bis Ende 2023 und die Ausrüstungskaje der Werft bis Ende 2024 für das Schiff nutzen kann, und bis dahin gilt es, einen Erwerber zu finden", teilt Insolvenzverwalter Christoph Morgen auf t-online-Nachfrage mit.

Betriebsrat Manthey wird deutlicher: Derzeit sei das Schiff zwar schwimmfähig, aber in keinem Zustand, den Hafen zu verlassen. Sollte ein Käufer gefunden werden, könnte das Schiff in Wismar weitergebaut oder zu einer anderen Werft zur Fertigstellung gebracht werden. "Die schlimmste Version wäre natürlich, es zu verschrotten", so Manthey.

Über weitere Standorte wird verhandelt

Zu dem MV Werften gehören neben Wismar auch die Standorte Rostock und Stralsund. Das Werftgelände in Stralsund war nach der Insolvenz im Januar von der Stadt übernommen worden, um dort einen maritimen Gewerbepark zu entwickeln.

Über den Standort Rostock wird derzeit mit Übernahmeinteressenten verhandelt. Die Fertigmodulsparte der MV Werften ist bereits verkauft. Der Medizintechnik-Hersteller Eppendorf hatte sich Grundstück und Gebäude in Wismar gesichert. Für die bisherigen Angestellten gibt es keine Garantien, aber der neue Chef hat bereits Interesse an einer Übernahme geäußert.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Henning Groskreutz (IG Metall)
  • Gespräch mit Folko Manthey (Betriebsrat MV Werften)
  • Pressemitteilung IG Metall
  • Pressemitteilung Schellenberg PR
  • Statement von Christoph Morgen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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