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Gasumlage: Die Quengel-Industrie gewinnt


Gasumlage
Die Quengel-Industrie gewinnt

MeinungEin Kommentar von Nele Behrens

Aktualisiert am 15.08.2022Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Ein Uniper-Mitarbeiter beim Erdgasspeicher Bierwang (Symbolbild): Das Unternehmen verhandelt mit der Bundesregierung über staatliche Hilfen.Vergrößern des Bildes
Ein Uniper-Mitarbeiter beim Erdgasspeicher Bierwang (Symbolbild): Das Unternehmen bekommt durch die Gasumlage die Unterstützung des Staates – und zwar bedingungslos. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Hunderte Euro müssen Verbraucher für die Gasumlage zahlen, weil die Industrie sich nicht abgesichert hat. Das ist unfair – und nicht wirtschaftlich.

Ohnmacht und Wut: Eine Mischung aus diesen Gefühlen dürfte sich angesichts der steigenden Energiepreise derzeit bei vielen Menschen ausbreiten. Innerhalb eines Jahres hat sich die Belastung der Verbraucherinnen und Verbraucher beim Gas verdreifacht. Nun kommt zu den steigenden Preisen auch noch die Gasumlage hinzu. Pro Jahr bedeutet sie für eine Musterfamilie mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden Mehrkosten in Höhe von 576 Euro.

Damit entlasten Deutschlands Gaskunden Milliardenkonzerne wie Uniper – und das vollkommen bedingungslos. Das ist nicht nur sozialer Brennstoff, es ist auch wirtschaftlich sinnlos. Denn mit der Gasumlage kommen Millionen Verbraucher für die Risiken auf, die manche Energieanbieter über Jahre willentlich eingegangen sind. Vereinfacht gesagt: die Gewinne den Konzernen, die Verluste uns allen.

Für viele Menschen dürfte es da nur ein schwacher Trost sein, dass die Umlage kleiner ausfällt als befürchtet. Denn viele fragen sich schon jetzt: Woher soll das Geld eigentlich noch kommen? Die hohen Inflationsraten, die durch die Gasumlage noch weiter angefacht werden, belasten bereits jetzt die Mitte der Gesellschaft.

Die Mittelschicht ist in Not – und bekommt keine Hilfe

Der Mieterbund warnte vor Kurzem, dass ein Drittel der Deutschen ihre Energierechnungen voraussichtlich nicht mehr bezahlen kann. Was hilft es da, wenn Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Sozialleistungen für Bedürftige aufstocken möchte? Die Not geht schließlich weit über die Empfänger von Wohngeld und Hartz IV hinaus.

Die Situation kann brandgefährlich werden, wenn im Winter immer mehr Menschen feststellen müssen, wie schwierig es trotz eines Vollzeitjobs ist, die eigenen Grundbedürfnisse zu decken. Bereits jetzt heißt das Mantra für Millionen im Alltag: sparen, sparen, sparen – egal, ob beim Einkauf, beim Duschen oder bald beim Heizen.

Wer am lautesten quengelt, darf nicht am meisten bekommen

Angesichts dessen lässt sich nur schwer erklären, dass Unternehmen wie Uniper nur 10 Prozent ihrer zusätzlichen Kosten beim Gaseinkauf selbst tragen müssen. Anstatt die unternehmerische Verantwortung für ihre einseitige Ausrichtung auf Russland in den vergangenen Jahren zu übernehmen, geben sie 90 Prozent der Belastung einfach über die Umlage an ihre Kunden weiter. Ihr Trumpf? Sie sind "systemrelevant".

Verstehen Sie mich nicht falsch: Es ist notwendig, diese Unternehmen zu retten und damit die Versorgung in der Krise zu stützen. Niemandem wäre damit geholfen, wenn wir große Energielieferanten einfach plötzlich in die Pleite schlittern ließen.

Aber: Hilfe von uns allen – und eine erzwungene Umlage auf alle Verbraucher ist nichts anderes – darf nicht billig sein. Sie muss für Unternehmen das letzte Mittel sein – und nicht der bequeme Ausweg. Es darf nicht legitim sein, dass manche Konzerne in Krisenzeiten am lautesten quengeln und mit dem Kollaps drohen, um bedingungslose Unterstützung zu erhalten.

Denn wenn wir genauer hinsehen, zeigt sich, dass nicht alle Unternehmen in dieselbe Not geraten sind. RWE und Shell gaben gerade erst bekannt, auf die Umlagen verzichten zu können.

Russisches Gas war billig. Das Risiko? Egal

Die harte Wahrheit ist: Politik und mancher Konzern haben sich über Jahre auch bewusst auf russisches Gas verlassen, weil es günstig war. Viele Unternehmen haben ihre Energieeinkäufe eben nicht oder nur unzureichend breit aufgestellt und sich lieber von Russland abhängig gemacht.

Das war profitabel – nun muss man aber auch die Konsequenzen tragen. Stattdessen geben sie das Risiko, in das sie sich willentlich begeben haben, einfach nach unten weiter. Die Konzerne rufen nach dem Staat, dieser legt die Kosten auf die Verbraucher um. Und die Bürger? Haben nicht einmal das Anrecht zu erfahren, welche Unternehmen sie in welchem Ausmaß stützen müssen.

Harte Bedingungen für Hilfszahlungen

Das hat enormes Konfliktpotenzial. Es braucht mehr Transparenz und strenge Bedingungen, an die die Hilfsleistungen für Unternehmen geknüpft werden müssen. Wenn der Staat zahlt, darf der Staat auch mitbestimmen.

Es kann nicht sein, dass die Allgemeinheit die Zeche für die Unternehmen übernimmt, ohne dass die Konzerne ihre Strategie verändern müssen. Hier braucht es klare Vorgaben, damit die Solidargemeinschaft das Unternehmen nicht nach fünf Jahren wieder aus der Schlinge ziehen muss.

Gewinn darf nicht mehr die Maxime sein

Konkret heißt das: Der Handlungsspielraum eines Konzerns muss rapide abnehmen, wenn er sich retten lässt. Der absolute Gewinn darf dann nicht mehr die Maxime sein, sondern ein nachhaltiges, risikoarmes Wirtschaften.

Das wäre auch ein deutliches Signal für die Konkurrenz, denn es zeigt: Wer von sich aus Risikovorsorge betreibt, muss keine staatlichen Einschränkungen befürchten. Wer sich das aber aus Profitgier sparen möchte, zahlt am Ende mit seiner unternehmerischen Freiheit. Das muss auch für Uniper & Co. gelten.

Verwendete Quellen
  • Auswertung von Check24
  • Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
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