Verblüffender Ansatz Forscher testen Impfung über Zahnseide
Impfungen könnten in Zukunft ganz ohne Spritze funktionieren. Der Wirkstoff kommt dann auf einem anderen überraschenden Weg in den Körper: über Zahnseide.
Eine neue Studie US-amerikanischer Forscher deutet an: Zahnseide könnte ein wirksames Mittel zur Impfstoffverabreichung sein. Die Methode ist unkompliziert und funktionierte in einem ersten Versuch mit freiwilligen Testpersonen überraschend gut.
So funktionieren Impfungen
Impfungen bereiten das Immunsystem auf einen Krankheitserreger vor, ohne dass die Krankheit ausbricht. Der Impfstoff enthält abgeschwächte oder inaktive Erreger oder deren Bestandteile. Dadurch erkennt das Immunsystem den Erreger und bildet Antikörper sowie Gedächtniszellen. Kommt es später zum Kontakt mit dem echten Erreger, kann das Immunsystem rasch und gezielt reagieren und die Krankheit bekämpfen. Typische Wege der Verabreichung sind Spritzen, Tabletten oder Nasensprays. Immer wieder werden auch andere Vorteile von Impfungen gemeldet, die nicht direkt mit der Verhinderung von Infektionen oder schweren Krankheitsverläufen zu tun haben.
Das steckt hinter dem neuen Ansatz
Das Prinzip: Eine spezielle, flache Zahnseide wurde mit Impfstoff oder eben im Test mit einer Alternativsubstanz beschichtet, um herauszufinden, ob diese Substanz überhaupt dort ankommt, wo sie hin soll. Die Probanden nutzten sie dann wie gewohnt in der sogenannten Zahnfleischtasche, also dem Spalt zwischen Zahn und Zahnfleisch. Dort ist das Zahnfleisch besonders durchlässig, der Körper kann hier Wirkstoffe leichter aufnehmen als an anderen Stellen im Mund.
Erste Tests erfolgreich
Im ersten Schritt verwendeten die freiwilligen Erwachsenen Zahnseide, die mit einem fluoreszierenden Farbstoff beschichtet war. Das Ergebnis: Der Farbstoff konnte zuverlässig in der Zahnfleischtasche nachgewiesen werden. Damit war für die Wissenschaftler klar, dass die Methode technisch durchführbar ist.
Die Forscher erklären den Erfolg der Methode mit den besonderen Eigenschaften des Zahnfleischgewebes in diesem Bereich (Saumepithel). Dort gibt es natürliche Kanäle, durch die Immunzellen in das umliegende Gewebe wandern. Impfstoffe, die hier eingebracht werden, können gezielt ins Immunsystem gelangen – ein Vorteil, den herkömmliche Tabletten oder Impfungen unter der Zunge nicht bieten.
Gute Ergebnisse auch in Tierversuchen
Zusätzlich führten die Forscher Tierversuche durch, um die Wirkung von Impfstoffen auf diesem Weg zu untersuchen. Mäuse erhielten eine Grippeimpfung über beschichtete Zahnseide. Andere Tiere wurden zum Vergleich über die Nase oder unter der Zunge geimpft. Die Wirkung war ähnlich stark wie bei der nasalen Verabreichung – und deutlich besser als bei der sublingualen (unter die Zunge gelegte Wirkstoffe). Auch moderne Impfstofftypen wie mRNA oder inaktivierte Viren zeigten eine zuverlässige Wirkung. Zudem blieb die Immunreaktion stabil – selbst wenn die Tiere nach der Anwendung fraßen oder tranken.
Wahrscheinlich sicherer als Nasensprays
Ein weiterer Vorteil liegt laut den Forschern in der Sicherheit der Zahnseide-Impfung. Studienautor Harvinder Singh Gill erklärt: "Bei der Verabreichung über die Nase kann der Impfstoff zudem ins Gehirn gelangen, was Sicherheitsbedenken aufwirft. Bei einer Impfung über das Saumepithel zwischen Zahn und Zahnfleisch besteht dieses Risiko dagegen nicht."
Wann ein erster Impfstoff über Zahnseide für den Menschen zugelassen wird, ist noch unklar. Die Forschung an der Methode geht weiter.
- nature.com: "Injectable dental floss enables tunable mechanotherapeutics for immunoengineering" (Englisch)
- aponet.de: "Impfen mit Zahnseide: Forscher testen neue Methode"
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.