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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Forscher machen Hoffnung Diese Impfungen schützen vor Demenz

1,8 Millionen Bundesbürger leiden an der tückischen Erkrankung Demenz. Was kann vor ihr schützen? Forscher haben einen neuen Ansatz gefunden.
Impfungen gegen Gürtelrose und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) könnten das Risiko für Demenz senken. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie. Demnach scheint nicht der Schutz vor den Viren dafür entscheidend zu sein, sondern ein bestimmter Zusatzstoff in den Impfstoffen.
So gingen die Forscher vor
Die Wissenschaftler untersuchten die elektronischen Gesundheitsakten von über 430.000 Menschen ab 60 Jahren in den USA. Sie analysierten dabei drei Gruppen: Menschen, die entweder den Gürtelrose-Impfstoff Shingrix, den RSV-Impfstoff Arexvy oder beide Impfstoffe erhalten hatten.
Gürtelrose- und RSV-Impfungen
Gürtelrose ist eine Viruserkrankung, die jeder bekommen kann, der schon einmal Windpocken hatte. Seit 2018 empfiehlt die Ständige Impfkommission die Impfung für alle Personen ab 60 Jahren. Die Impfung gegen RSV, ein Virus, das die Atemwege befällt, wird seit August 2024 für alle Menschen ab 75 Jahren (oder mit Vorerkrankungen ab 60 Jahren) empfohlen. Beides sind Totimpfstoffe, sie enthalten abgetötete Erreger oder deren Bestandteile, die keine Infektion auslösen können. Das Ziel: Das Immunsystem zur Bildung von Abwehrstoffen anzuregen.
Jede dieser Gruppen wurde mit einer vergleichbaren Gruppe älterer Menschen verglichen, die zwar gegen Grippe geimpft waren, aber keinen von diesen beiden Impfstoffen erhalten hatten. Dadurch konnten mögliche Effekte der beiden Impfstoffe auf das Demenzrisiko untersucht werden.
Das erstaunliche Ergebnis
Die Forscher machten eine interessante Entdeckung: Menschen, die mit einem der beiden Impfstoffe geimpft worden waren, entwickelten in den folgenden 18 Monaten seltener eine Demenzdiagnose:
- Nach der Shingrix-Impfung war das Risiko um 18 Prozent geringer.
- Nach der RSV-Impfung um 29 Prozent.
- Wer beide Impfungen erhalten hatte, hatte ein um 37 Prozent reduziertes Risiko.
Ist der Schutz vor der Infektion das Entscheidende?
Gürtelrose und RSV können das Nervensystem angreifen. Es wäre also denkbar, dass die Impfstoffe das Demenzrisiko senken, indem sie solche Infektionen verhindern. Doch die Forscher halten das für unwahrscheinlich. Denn: Die positive Wirkung zeigte sich schon kurz nach der Impfung. In so kurzer Zeit lassen sich nicht genügend Infektionen verhindern, um diesen Effekt zu erklären.
Die Forscher vermuten deshalb: Nicht die Viren selbst sind entscheidend, sondern ein gemeinsamer Bestandteil beider Impfstoffe. Und das ist der Zusatzstoff AS01. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass einige Impfstoffe "vor Demenz durch Mechanismen schützen, die nichts mit der Prävention ihres [Zielvirus] zu tun haben (oder zumindest zusätzlich dazu wirken)", schreiben die Autoren der Studie.
Ein Zusatzstoff rückt in den Fokus
Beide Impfstoffe enthalten denselben Wirkverstärker (Adjuvans) namens AS01. Dieser ist in der Grippeimpfung nicht enthalten, die als Vergleich diente.
Das ist ein Wirkverstärker
Ein Adjuvans ist eine Substanz, die in Impfstoffen enthalten ist, um die Immunantwort des Körpers auf das enthaltene Antigen zu verstärken und zu verlängern. Dadurch ermöglicht es eine effektivere Immunisierung, oft mit geringeren Antigenmengen, und verbessert die Schutzwirkung besonders bei älteren oder immungeschwächten Personen.
Die Forscher vermuten daher, dass AS01 selbst einen schützenden Effekt auf das Gehirn haben könnte, was in Tierversuchen deutlich wurde. Außerdem regt der Stoff die Produktion eines Botenstoffs (Interferon-gamma) an, der mit einer besseren geistigen Leistungsfähigkeit im Alter in Verbindung steht.
Mehr Forschungen zu AS01 sind nötig, so die Forscher.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.