Informationen auf Webseite Weitere Frauenärztinnen wegen Werbung für Abtreibung vor Gericht

Weil sie Schwangerschaftsabbrüche als Leistung auf ihrer Homepage aufführen, drohen ihnen jetzt hohe Geldstrafen. Dabei geht es um den umstrittenen Paragrafen 219a.
Vor dem Amtsgericht in Kassel hat ein neuer Strafprozess gegen zwei Frauenärztinnen wegen unzulässiger Werbung für Abtreibungen begonnen. Auf der Homepage ihrer Gemeinschaftspraxis führen die Medizinerinnen Natascha Nicklaus und Nora Szász den Schwangerschaftsabbruch unter den in ihrer Praxis möglichen medizinischen Leistungen auf. Laut Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs ist es strafbar, "seines Vermögensvorteils wegen" Schwangerschaftsabbrüche anzubieten.
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Im November verurteilte das Amtsgericht Gießen eine Ärztin zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro. Die zunächst für die kommende Woche vorgesehene Verhandlung im Berufungsverfahren gegen die Gießener Medizinerin Kristina Hänel wurde zuletzt auf unbestimmte Zeit vertagt.
Bündnis fordert Streichung des Paragrafen
Die Grünen forderten anlässlich des Kasseler Falls eine Abschaffung von Paragraf 219a. Der Prozess gegen die Ärztinnen zeige, "dass sachliche Information durch Ärztinnen und Ärzte nicht in das Strafgesetzbuch gehört", sagt die Sprecherin für Frauenpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, Ulle Schauws.
"Was wir brauchen, ist eine klare politische Entscheidung für die Selbstbestimmung von Frauen und für die Rechtssicherheit von Ärztinnen und Ärzten", sagt Schauws weiter. "Wir haben keine Zeit zu verlieren."
Mit Blick auf einen Gesetzentwurf ihrer Partei für eine Streichung des Paragrafen sagt sie, eine Mehrheit aus Grünen, Linken, FDP und SPD könne "für Klarheit sorgen". In der großen Koalition ist die SPD dafür, Paragraf 219a zu kippen. Die Union ist dagegen.
Auch das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung forderte die ersatzlose Streichung des Paragrafen 219a "und damit ein Ende dieser skandalösen Prozesse". Die Kasseler Verhandlung offenbare "das eklatante Versagen der Politik", erklärt Ines Scheibe für das Bündnis.
Bereits am Montag hatte der Beratungsverband Pro Familia die Politik zu Gesetzesänderungen aufgefordert. Paragraf 219a stelle nicht nur "unbotmäßige Werbung" für Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe, sondern "bereits sachliche Informationen" für Betroffene.
- AFP
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.