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HomeGesundheitKolumne - Ulrike Scheuermann

Coronavirus: Psychologin empfiehlt – Tipps und Auswirkungen auf Psyche


Drei Tipps gegen die Corona-Angst

Von Ulrike Scheuermann

Aktualisiert am 16.03.2020Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Ein entspanntes Paar: Ruhe bewahren ist in Krisenzeiten noch wichtiger als sonst.Vergrößern des Bildes
Ein entspanntes Paar: Ruhe bewahren ist in Krisenzeiten noch wichtiger als sonst. (Quelle: Panthermedia/imago-images-bilder)

Täglich gibt es mehr Coronavirus-Fälle in Deutschland. Veranstaltungen werden abgesagt, Schulen, Theater und Opernhäuser geschlossen. Unsere Psychologin Ulrike Scheuermann erklärt, welche Auswirkungen das auf unsere Psyche hat.

Die Stimmung in meiner Heimatstadt Berlin, als es los ging mit den Hamsterkäufen, war für mich erschreckend. In einem Supermarkt erlebte ich, wie eine junge Mutter mit Kind einen anderen Kunden fragte, ob er ihr zwei der letzten Nudeltüten abgeben würde, die in seinem Wagen fast überquollen. Nein, sagte er und steuerte mit starrem Blick auf die Kasse zu.

Welche psychologischen Mechanismen laufen bei Angstreaktionen ab?

Gleich vorweg: Die Versorgungslage in Deutschland ist trotz minimaler, vorübergehender Engpässe bei lang haltbaren Lebensmitteln und bestimmten Drogerieartikeln bundesweit normal. Dennoch löst die Vorstellung, die Versorgung könne knapp werden, irrationale Angstreaktionen in uns aus. Wenn Sie die psychologischen Mechanismen kennen, können Sie mit der aktuellen Situation besonnener umgehen, was für uns alle existentiell ist.

Warum die Reaktionen auf das Coronavirus in Deutschland so stark sind

Wir haben nicht gelernt, mit unkontrollierbaren und unwägbaren Situationen umzugehen. Wir haben 70 Jahre Frieden, wir leben in einem der wohlhabendsten Länder der Welt, sind medizinisch sehr gut versorgt, sozial abgesichert und viele Menschen bei uns sind mit Konsum und der Wahrung der eigenen Vorteile beschäftigt. Das ist auf der einen Seite ein schöner Luxus, es gibt aber auch die Kehrseite: Wir wissen nicht, wie wir uns auf unwägbare, bedrohliche Situationen einstellen sollen. Wir meinen, wir könnten alles kontrollieren und wären gegen alles abgesichert. Das ist eine Illusion. Wir müssen sie akzeptieren. Das ist das, was wir momentan lernen.

Die unsichtbare Virus-Bedrohung wird mit Aktionismus verarbeitet

Vorräte horten, heimlich Desinfektionsmittel in Krankenhausfluren abfüllen, Gasmasken im Internet ersteigern: Das sind Wege, um mit einer im wörtlichen Sinne unfassbaren Bedrohung umzugehen: Man kann ein Virus nicht einmal sehen, also auch nicht direkt bekämpfen. Bevor wir uns also diesem unsichtbaren Feind ausgeliefert fühlen, setzen Menschen lieber auf Aktionismus anstatt ihre momentane Unsicherheit anerkennen zu können. Das aber schadet uns allen mehr als es dem Einzelnen nutzt. Nicht nur die zu erwartenden wirtschaftlichen Auswirkungen zeigen das.

Tipp 1: Den Aktionismus auf sinnvolle Aktivitäten lenken

Es gibt jedoch auch selbstberuhigende Aktivitäten, die harmlos und zugleich sinnvoll und nützlich sind: Mit häufigem Händewaschen und Abstand zu anderen können wir ganz praktisch dazu beitragen, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Das können und sollten Sie ernst nehmen und tun.

Gefühle stecken an
Ein weiterer psychologischer Mechanismus trägt zurzeit zu den starken Reaktionen bei: emotionale Ansteckung. Gefühle stecken an. Die aufgewühlte Stimmung im Supermarkt springt über.

Tipp 2: Mit gelassenen, besonnenen Menschen Kontakt halten

Wenn Sie merken, dass Sie selbst Gefahr laufen, nervöser oder panischer zu werden, können Sie gegensteuern, indem Sie innehalten. Das meine ich ernst. Realisieren Sie, was da gerade in Ihnen passiert. Halten Sie Kontakt zu Menschen, die besonnen und unaufgeregt mit der Situation umgehen.

Bilder aktivieren alte Ängste

Bilder von leer geräumten Supermarktregalen kursieren gerade massenhaft im Internet. Fotos von menschenleeren Straßen in Norditalien oder Polizisten mit Atemschutzmasken und -kleidung begegnen uns in den Nachrichten. Das trägt, wie auch generell die ständige Thematisierung in den Medien dazu bei, dass das Coronavirus im absoluten Fokus unserer Aufmerksamkeit steht. Das löst zusätzlich Angst aus. Die Bilder aktivieren in unserem Gehirn Vorstellungen von katastrophenhaften Entwicklungen, die wir sonst nur aus Spielfilmen, Nachrichten über Krisenregionen, dem Geschichtsunterricht oder den Erfahrungen der Eltern und Großeltern kennen.

Tipp 3: Tatsächlich den Medienkonsum zeitlich begrenzen

Schränken Sie die Zeit, in denen Sie Nachrichten schauen, hören oder lesen, ein. Wenn Sie sich bewusst sind, dass jede Nachricht ein besorgniserregendes Gefühl in Ihnen auslöst, weil sie Sie, Ihre Liebsten und Ihre Jobsituation ganz direkt betreffen könnte, wissen Sie, dass Sie sich emotional nicht überfordern dürfen. Einmal am Tag die Nachrichten einschalten genügt.

Was Sie jetzt tun können, um nicht in Panik zu verfallen

  • Anerkennen, dass es unwägbare Situationen geben kann, die wir weder kontrollieren noch vermeiden können: Es ist, wie es ist.
  • Sich gegenseitig helfen und auch für andere sorgen hilft, nicht in Angst und Panik hineinsteigern.
  • Den Aktionismus dahin lenken, wo er gut tut: Die Schutzmaßnahmen ernst nehmen und einhalten. Wer einen Infektionsverdacht hat, sollte sich testen lassen und ihn nicht aus Angst vor der Quarantäne einfach ignorieren.
Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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