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Übermäßiges Schwitzen: Dermatologin erklärt, wann es krankhaft wird


Dermatologin klärt auf
Ab einem gewissen Punkt ist es krankhaft

MeinungEine Kolumne von Dr. med. Yael Adler

28.06.2025 - 08:57 UhrLesedauer: 4 Min.
Excessive sweating visible by stains on a pink shirt of a young womanVergrößern des Bildes
Schweißflecken: Hyperhidrose führt zu sichtbaren Schweißausbrüchen. (Quelle: Copyright: xweyox via imago-imag/imago)
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Ein Duft, der mehr verrät als gedacht: Wann übermäßiges Schwitzen ein medizinisches Warnsignal ist.

Ein Wasseranteil von 99 Prozent, ein pH-Wert, der zwischen 4 und 7 schwankt, und Elektrolyte wie Chlorid, Natrium und Kalium, dazu das saure Stoffwechselprodukt Laktat – das ist, grob gesehen, unser Schweiß. Daneben enthält er noch kurzkettige Karbonsäuren wie etwa Buttersäure oder Hexansäure, Harnstoff, Harnsäure, Cholesterin und Bicarbonat.

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Frischer Schweiß ist annähernd geruchsfrei. Erst wenn die Bakterien unserer Hautflora ins Spiel kommen, können wir ihn erschnuppern. So weit, so normal.

Yael Adler
(Quelle: Markus Höhn)

Zur Person

Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der "Spiegel"-Bestsellerliste. Ihr neuestes Buch "Genial ernährt! – Klüger essen, entspannter genießen, besser leben" wurde gerade veröffentlicht. Mehr

Manchmal, wenn man auf der Straße an Leuten – Frauen und Männern! – vorbeigeht und noch fünf Meter weiter ihr aggressiv-süßliches Deo oder Parfüm einatmen darf, kommt einem der Gedanke, sie sollten sich doch besser zu ihrem persönlichen Körpergeruch bekennen: "Der Duft, der Frauen provoziert" – auch hier ebenso Männer – dieser legendäre Werbeslogan ist durchaus doppeldeutig. Und mancher, der in einem solchen Duftwall durch die Welt geht, ahnt gar nicht, welche Probleme der eigene Körpergeruch durch erhöhte Schweißabsonderung verursachen kann.

Das übermäßige Schwitzen oder der anlasslose Schweißausbruch ohne Sport, tropische Temperaturen oder anderweitige körperliche Beanspruchung kann nämlich durchaus Krankheitswert haben. Die medizinische Bezeichnung dafür lautet Hyperhidrose.

Die Ursache ist noch unklar

Betroffene, vermutlich ein bis zwei Prozent der Bevölkerung, schwitzen stark – etwa in den Achselhöhlen, an Händen oder Füßen – aber auch am gesamten Körper. Mitunter ist auch nur eine Körper- oder Gesichtshälfte betroffen. Weil die Übergänge vom normalen zum krankhaften Schwitzen in mehrfacher Hinsicht fließend sind, ist meist erst wachsender Leidensdruck der wirkliche Antrieb, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen: Wenn sich ein quälendes Feuchtigkeitsempfinden oder die für jedermann auf der Kleidung sichtbaren gefürchteten Schwitzflecken einstellen. Das ganz persönliche Gefühl, nach Schweiß zu "stinken", wirkt zusätzlich – oft sogar, wenn die Umwelt es noch gar nicht so bemerkt hat.

Festzustellen ist, dass die Ausstattung mit Schweißdrüsen bei Betroffenen von Hyperhidrose weder in Zahl noch Größe von der nicht so stark Schwitzender abweicht.

Allerdings werden hier die Schweißdrüsen vom vegetativen Nervensystem quasi ununterbrochen zu Höchstleistungen angefeuert. Die Ursachen dafür sind bislang noch unklar, zumindest bei der sogenannten primären Hyperhidrose. Sie setzt oft bereits im frühen Kindesalter ein. Stress, emotionale Erregung oder körperliche Anstrengung können der Auslöser sein, zuweilen auch die Einnahme bestimmter Medikamente.

Mehrere Krankheiten können einhergehen

Die davon zu unterscheidende sekundäre Hyperhidrose manifestiert sich lediglich und erst als Begleitsymptom vieler anderer organischer, aber auch psychischer Erkrankungen.

Sie kann etwa mit Diabetes, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, Parkinson oder unerkannten Tumoren einhergehen, mit Malaria oder Tuberkulose, aber auch mit Depressionen, Panikstörungen und Sozialphobien.

Schon die medizinische Breite dieser Auswahl zeigt, wie wichtig es ist, dass der Hintergrund von übermäßigem Schwitzen abgeklärt wird. Der Hautarzt führt dazu ein eingehendes Gespräch, in dem es auch um die bereits eingetretenen Einschränkungen in der Teilnahme am Alltagsleben geht. Dann wird eine genaue Anamnese erhoben, um eine möglichst detaillierte und gezielte Ursachenforschung betreiben zu können.

Nach der körperlichen Untersuchung stehen verschiedene Tests zur Verfügung, wie etwa der HDSS (Hyperhidrosis Disease Severity Scale) oder der HHIQ (Hyperhidrosis Impact Questionnaire). Bei der Gravimetrie wird der innerhalb eines bestimmten Zeitfensters abgesonderte Schweiß des Patienten mit Filterpapier aufgenommen und genau abgewogen. Beim Jod-Stärke-Test kommt Jodlösung auf die Haut, dann wird Stärkepulver darüber gestreut: Wo die Stärke sich blauschwarz färbt, kann der Hautarzt mit der eingehenderen Behandlung ansetzen.

Schwangere sollten aufpassen

Sind Art und Schweregrad der Hyperhidrose ungefähr bestimmt, öffnen sich verschiedene Behandlungswege. Im Fall der sekundären Hyperhidrose richtet sich die Therapie natürlich zuerst auf die Behandlung der Grunderkrankung. Werden hier Erfolge erzielt, lässt günstigenfalls auch das Schwitzen nach.

Ansonsten wird nach einem Stufenplan vorgegangen. Dazu gehören Reinigung und Hautpflege im Sinne einer regelmäßigen Hygiene der betroffenen Körperpartien. Manchmal empfiehlt es sich beispielsweise, die Achselbehaarung zu rasieren, um das Wachstum von Bakterien zu hemmen. Mehrmals täglich aufgetragene Deodorants zur Übertünchung des unangenehmen Achselgeruchs bzw. mit Bakterien tötenden Inhaltsstoffen reduzieren nicht den Schweißfluss, allenfalls den Schweißgeruch. Sogenannte Antitranspirantien (das sind keine Deos) sind örtlich anzuwendende Präparate wie Aluminiumverbindungen. Damit kann man den Schweißfluss aktiv mindern. Leider führen diese manchmal auch zu Hautreizungen. Gerbstoffe oder Natron, noch interessanter: Salbei von innen oder außen sind in der alternativen Szene im Einsatz. Auch hier sind Arzt oder Apotheker bessere Berater als das Drogerieregal.

Die Iontophorese ist ein Verfahren, bei dem schwacher elektrischer Gleichstrom zur Anwendung kommt, um Medikamente oder andere Wirkstoffe durch unsere Haut zu leiten. Sie empfiehlt sich bei verstärktem Hand- oder Fußschweiß, zuweilen auch bei quälender Achselnässe. Dieses Verfahren ist für Schwangere oder Patienten mit Herzbefunden allerdings nicht zu empfehlen.

Hier ist Botox sinnvoll

Gute Erfahrungen gibt es schließlich mit Botulinumtoxin A, besser bekannt auch als Botox: Es hemmt die Übertragung von Nervenreizen, die den störenden Dauerakkord der Schweißdrüsen am Laufen halten. Die Behandlung gilt als wirksam, ist aber nicht preiswert und in ihrer Beständigkeit auf ein Zeitfenster zwischen einem halben und einem Jahr begrenzt. Recht neu ist eine Art "Botox zum Auftragen": Glycopyrroniumbromid, das lokal auf die Schweißdrüsen wirkt. Zugelassen ist es für starkes Achselschwitzen. Von Patienten hörte ich, dass sie es auch an anderen begrenzten Stellen schon erfolgreich getestet haben. Lokale Maßnahmen sind in der Regel nebenwirkungsärmer als innerliche Therapien mit Tabletten oder operativer Durchtrennung des fürs Schwitzen zuständigen Sympathikusnervs.

Wer stark schwitzt, sollte im Alltag auf leger geschnittene, nicht zu fest anliegende Kleidung achten und überdies Baumwolle den Vorzug geben. Unterwäsche und Garderobe aus Kunstfasern haben oft schon bei moderat Transpirierenden gehobenes Müffelpotenzial.

Lernen Sie, sich selbst riechen zu können, und kommen Sie gesund durch die Zeit!

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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