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Krebserkrankung: Vielversprechender Wirkstoff für Therapie gefunden


Metastasen verhindern
Vielversprechender Wirkstoff für Krebstherapie gefunden

  • Lynn Zimmermann
Von Lynn Zimmermann

Aktualisiert am 01.11.2022Lesedauer: 3 Min.
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Tumore kommunizieren mittels Botenstoffen über die Blutbahn mit Metastasen in anderen Geweben.Vergrößern des Bildes
Tumore kommunizieren mittels Botenstoffe über die Blutbahn mit Metastasen in anderen Geweben. (Quelle: Science Photo Library/imago-bilder)

Wenn Krebs Metastasen bildet, kann das lebensbedrohlich sein. Ein deutsches Forscherteam hat einen Botenstoff gefunden, der das Metastasieren unterdrückt.

Jährlich erkrankt in Deutschland fast eine halbe Million Menschen an Krebs. Die Überlebenschancen sind bei den verschiedenen Krebsarten sehr unterschiedlich und hängen auch vom Stadium der Erkrankung ab. Besonders lebensbedrohlich wird es für Betroffene, wenn Tumore bereits Tochtergeschwüre gebildet haben, sogenannte Metastasen.

In der Krebstherapie ist es daher gängig, Tumore in einem möglichst frühen Stadium zu entfernen. Allerdings kann es auch nach der Entfernung des sogenannten Primärtumors zur Metastasenbildung kommen. Welche Faktoren dabei eine Rolle spielen, hat eine neue Studie untersucht.

Primärtumore und Metastasen kommunizieren

Wissenschaftler und Krebsärzte kennen das Phänomen: Bei vielen Patienten treten die Metastasen erst dann auf, wenn der ursprüngliche Krebsherd bereits chirurgisch entfernt worden ist. Besonders häufig ist das bei Brustkrebs und beim schwarzen Hautkrebs.

Mediziner bezeichnen das als "begleitende Resistenz". Den Beobachtungen zufolge kann der Primärtumor das Wachstum der Metastasen unterdrücken. Wie genau das geschieht, war bislang jedoch kaum erforscht.

Ein Team des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg hat nun einen Erklärungsansatz für dieses Phänomen gefunden. Ihre Annahme: Der Primärtumor kann über bestimmte Botenstoffe das eigene Wachstum anregen – aber eben auch die Bildung von Metastasen unterdrücken. Der Primärtumor und die Metastasen bilden sozusagen ein "kommunizierendes System", wie die Autoren der Studie es nennen.

Um herauszufinden, welche Botenstoffe an der Unterdrückung der Metastasenbildung beteiligt sind, untersuchten die Forscher insgesamt 38 verschiedene Botenstoffe. Ein Molekül, das stark mit dem fortschreitenden Tumorwachstum in Verbindung steht, interessierte die Wissenschaftler besonders.

Wirkungsweise eines wichtigen Botenstoffs entschlüsselt

Dieses Schlüsselmolekül ist das "Angiopoietin-like protein 4" (ANGPTL4). Es ist essenziell für die Bildung neuer Blutgefäße und wird in der Fachsprache als angiogener Faktor bezeichnet. Angiogene Faktoren sind daran beteiligt, die Metastasen an das Blutgefäßsystem anzuschließen und mit Nährstoffen zu versorgen.

Allerdings war die Studienlage zum Einfluss von ANGPTL4 auf die Krebsbildung lange kontrovers. Die widersprüchlichen Veröffentlichungen veranlassten das Team um den Forscher des DKFZ Hellmut Augustin dazu, den Botenstoff genauer zu untersuchen, so Augustin in der Pressemitteilung des DKFZ vom 24. Oktober.

"Während ANGPLT4 zunächst als fördernd für die Gefäßneubildung und damit auch als krebsfördernd beschrieben wurde, konnten andere Untersuchungen das genaue Gegenteil nachweisen und zeigen, dass ANGPLT4 die Entstehung von Metastasen hemmt", so Hellmut Augustin.

Nun haben die umfassenden Untersuchungen an Tumoren von Menschen und Mäusen entschlüsselt, wie ANGPLT4 wirkt. Dem DKFZ-Team zufolge wird ANGPLT4 von Zellen des Primärtumors gebildet und fördert lokal deren Wachstum. Wird der Botenstoff jedoch in die Blutbahn abgegeben, wird er in zwei unterschiedliche Produkte gespalten.

Die beiden Spaltprodukte werden als n-Fragment (nANGPLT4) und c-Fragment (cANGPLT4) bezeichnet. Augustin und seine Kollegen fanden heraus, dass das c-Fragment genau wie das vollständige Molekül hauptsächlich im Primärtumorgewebe vorzufinden ist, während sich das n-Fragment im Blutserum befindet. Warum das so ist, ist weiterhin unbekannt.

Spaltprodukt nANGPTL4 hemmt Metastasenwachstum

Eine weitere Erkenntnis der Forscher war, dass die beiden Spaltprodukte gegensätzlich wirken. Das c-Fragment fördert die Bildung neuer Blutgefäße und treibt somit das Wachstum von Metastasen voran. Dahingegen hemmt das im Blut zirkulierende n-Fragment die Gefäßneubildung und unterdrückt somit die Nährstoffversorgung und das Wachstum von Metastasen.

Dafür verantwortlich ist, dass das n-Fragment an einen anderen Rezeptoren bindet als das intakte Molekül oder das c-Fragment. Die hemmende Wirkung des n-Fragments auf die Metastasenbildung belegten die Forscher in zahlreichen Versuchsansätzen: So wiesen tumorbefallene Mäuse, die mit nANGPTL4 behandelt wurden, weniger Metastasen auf und überlebten deutlich länger als Tiere einer unbehandelten Kontrollgruppe.

Möglicher therapeutischer Nutzen ist groß

Angiopoietin gilt schon länger als Angriffspunkt in der Tumortherapie. Die neuen Ergebnisse der Studie lassen nun hoffen, dass die Therapie mit nANGPTL4 Risikopatienten mit Tumorerkrankungen helfen könnte.

Die Autoren der Studie selbst sind bei der Beurteilung der eigenen Forschungsergebnisse aber realistisch: "Natürlich bleibt die chirurgische Entfernung der Primärtumoren der Goldstandard bei der Behandlung der meisten Krebsarten", sagt einer der Studienautoren, Moritz Felcht. Allerdings verstehe man jetzt, dass ein Fehlen des Botenstoffs nANGPLT4 schlafende metastasierte Tumorzellen aktivieren und zu gefährlichen Metastasen auswachsen lassen könne.

"Von Medikamenten, die das Auswachsen von Metastasen wirksam unterdrücken, könnten viele Krebspatientinnen und -patienten profitieren. Einige solcher Wirkstoffe sind jedoch in klinischen Studien bereits gescheitert", resümiert Hellmut Augustin. Doch angesichts des enormen Gewinns, den ein solches Medikament für die Betroffenen bedeuten könnte, lohne es sich, ANGPLT4 weiter in Tierversuchen und danach am Menschen zu erforschen.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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