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USA und Großbritannien greifen Huthi-Ziele im Jemen an


Rebellen kündigen Vergeltung an
USA und Großbritannien greifen Huthi-Rebellen im Jemen an

Von t-online, wan, sic, bm

Aktualisiert am 12.01.2024Lesedauer: 6 Min.
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Jemen: Aufnahmen zeigen den Beginn der Angriffe. (Quelle: reuters)
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Im Nahen Osten spitzt sich die Lage zu. Die USA und Großbritannien attackieren Stellungen der Huthi-Rebellen, wie US-Beamte in der Nacht zu Freitag bestätigten.

Großbritannien und die USA haben in der Nacht zum Freitag Stellungen der Huthi-Rebellen im Jemen angegriffen. Aus der Hauptstadt Sanaa und anderen Teilen des Landes wurden Explosionen gemeldet. Unterstützung bei dem Militärschlag leisteten die Niederlande, Kanada und Bahrain.

US-Präsident Joe Biden bestätigte die Angriffe und nannte sie "erfolgreich". "Ich werde nicht zögern, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um unsere Bevölkerung zu schützen und den freien Fluss des internationalen Handels zu gewährleisten, wenn dies erforderlich ist", teilte er in einer Stellungnahme mit. Ähnlich äußerte sich der britische Premierminister Rishi Sunak: Die Schläge gegen die Huthi-Rebellen seien begrenzt, aber nach Angriffen auf Schiffe notwendig zur Selbstverteidigung gewesen, sagte er laut BBC. Er hatte am Donnerstagabend sein Kabinett zu einer Sitzung einberufen.

Lenkbomben gegen Flugplätze

Die US-Luftwaffe gab an, man habe 60 Einrichtungen an 16 verschiedenen Orten angegriffen, darunter Kontrollzentren der Huthis und Radarsysteme. Mehr als 100 Raketen seien von Flugzeugen und Schiffen abgefeuert worden.

Vier britische Kampfflugzeuge unterstützt von einem Luftbetankungsflugzeug hätten Lenkbomben eingesetzt, um Präzisionsangriffe auf zwei Einrichtungen im Nordwesten des Landes durchzuführen, so das britische Verteidigungsministerium. Eine habe zum Starten von Drohnen gedient. Das andere Ziel sei ein Flugplatz gewesen, von dem aus sowohl Marschflugkörper als auch Huthi-Drohnen in Richtung Rotes Meer abgefeuert worden seien. Die detaillierten Ergebnisse der Angriffe würden derzeit ausgewertet. Es gebe allerdings Anzeichen, dass man den Fähigkeiten der Huthis, die Handelsschifffahrt zu bedrohen, einen Schlag versetzt habe.

Huthis kündigen Vergeltung an

Die Huthi-Rebellen haben Rache für den Militärschlag angekündigt. "Amerika und Großbritannien werden bereit sein müssen, einen hohen Preis zu zahlen", sagte ein Vertreter der vom Iran unterstützten jemenitischen Rebellen in der Nacht laut dem Huthi-Fernsehsender Al Massirah. Der Jemen sei "einem massiven aggressiven Angriff amerikanischer und britischer Schiffe, U-Boote und Kampfflugzeuge ausgesetzt gewesen", wurde er zitiert.

Mehrere westliche Länder unterstützten den Angriff

Mehrere westliche Länder haben den Angriff gegen Militäranlagen der Huthi-Rebellen unterstützt. Das "inhärente Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung" sei gegeben, weil die Huthi-Rebellen die "illegalen, gefährlichen und destabilisierenden Angriffe der Huthi auf Schiffe" im Roten Meer fortgesetzt hätten, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung der USA, Großbritanniens, Deutschlands, Dänemarks, Kanadas, der Niederlande, Neuseelands, Südkoreas, Australiens und Bahrains. Mit diesen Präzisionsangriffen sollten die Möglichkeiten der Huthis, den Welthandel und das Leben internationaler Seeleute in einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt zu bedrohen, verringert werden.

"Mit der heutigen Aktion haben wir unser gemeinsames Engagement für die Freiheit der Schifffahrt, den internationalen Handel und den Schutz des Lebens von Seeleuten vor illegalen und ungerechtfertigten Angriffen unter Beweis gestellt", heißt es weiter. Ziel sei eine Deeskalation der Lage. Die Staaten werfen den von Iran unterstützten Huthi-Rebellen vor, seit Mitte November 2023 mehr als zwei Dutzend Angriffe auf Handelsschiffe unternommen zu haben. "Wir werden nicht zögern, Leben zu verteidigen und den freien Fluss des Handels in einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt zu schützen, auch wenn die Bedrohungen anhalten", wird in der Erklärung betont.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat den Militärschlag als ein klares Signal bezeichnet. "Der heutige Einsatz der Koalition ist eine klare Botschaft an die Huthi, dass sie einen Preis dafür zahlen werden, wenn sie ihre illegalen Angriffe nicht einstellen", hieß es am Donnerstag (Ortszeit) in einer Mitteilung aus dem Pentagon. "Wir werden nicht zögern, unsere Streitkräfte, die Weltwirtschaft und den freien Fluss des legitimen Handels auf einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt zu verteidigen", teilte Austin weiter mit.

Die Niederlande unterstützten den Einsatz auch politisch, erklärte Ministerpräsident Mark Rutte auf X (früher Twitter). Die Angriffe der Huthi auf Schiffe im Roten Meer sind nach seinen Worten "eine deutliche Verletzung des internationalen Rechts und stellten eine Bedrohung des maritimen Personals und der Handelsströme dar."

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Frankreich fordert die Huthi-Rebellen zu einer sofortigen Einstellung der Attacken auf Handelsschiffe im Roten Meer auf. Zugleich wies das Außenministerium in Paris der Huthi-Miliz die Schuld für die Verschärfung der Spannungen zu. Die Huthis trügen die "schwerwiegende Verantwortung für die Eskalation in der Region", hieß es in einer Erklärung des Ministeriums.

Der Sprecher der israelischen Armee, Jonathan Conricus, schrieb auf Twitter: "Es sieht so aus, als ob die vom Iran unterstützten Huthis bald herausfinden werden, dass sie eine Grenze überschritten haben. Die Huthis werden sich der Hamas und dem Palästinensischen Islamischen Dschihad auf der Liste der iranischen Stellvertreter anschließen, die in ernsten Schwierigkeiten stecken."

China, Iran und Russland äußern sich kritisch

China hingegen hat alle Seiten zur Zurückhaltung aufgerufen. "China ist besorgt über die Eskalation der Spannungen im Roten Meer und ruft alle Beteiligten auf, Ruhe zu bewahren und Zurückhaltung zu üben", sagte eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums am Freitag. China hoffe, dass alle betroffenen Parteien eine konstruktive und verantwortungsvolle Rolle bei der Aufrechterhaltung der regionalen Sicherheit und Stabilität im Roten Meer spielen werden.

Der Iran hat die Angriffe scharf verurteilt. Der iranische Außenamtssprecher Nasser Kanani sprach am Freitag von einer "willkürlichen Aktion", einem "Verstoß" gegen das Völkerrecht und der Souveränität des Jemen. Auch Russland kritisierte den Militärschlag. Das Vorgehen zeige eine völlige Missachtung des Völkerrechts, erklärt die Sprecherin des Außenministerium in Moskau, Maria Sacharowa. Der Angriff löse eine Eskalation in der Region aus.

Russland beantragt wegen der Angriffe eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates. Das teilt die Vertretung Russlands bei den Vereinten Nationen mit.

Experte: "Die Huthis haben sich extrem provokant gezeigt"

Der Experte für internationale Politik, Joachim Krause, hält den Angriff auf Huthi-Stellungen für "konsequent". Im Gespräch mit t-online sagte er: "Die Huthis haben sich extrem provokant gezeigt und nicht auf Mahnungen gehört." Die USA hätten einen Militärschlag noch herausgezögert, um den Friedensprozess zwischen Saudi-Arabien und den Huthis nicht zu gefährden. Die beiden Parteien stehen sich in dem seit 2014 laufenden Jemen-Krieg feindlich gegenüber. "Aber irgendwann ist das Maß voll und alleine mit Abwehrmaßnahmen lassen sich die Angriffe auf die internationale Seefahrt nicht unterbinden", sagte Krause.

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"Ob diese Aktionen die Huthis davon abhalten werden, weiterhin Schiffe anzugreifen und zu provozieren, bleibt offen", erklärt der Politologe. "Alles hängt davon ab, wie effektiv und wie umfassend Amerikaner und Briten bei dem Versuch waren, Waffen- und Munitionslager der Huthis zu zerstören." Darüber aber gebe es bisher keine öffentlichen Informationen.

Die Drohungen der Huthis vor Vergeltung sind laut Ansicht Krauses nicht zu unterschätzen: Die Rebellengruppe werde wohl nicht klein beigeben und zunächst zumindest rhetorisch aufrüsten, so der Experte. Außerdem werde sie versuchen, "ihren angeblichen Kampf gegen Israel auch dazu nutzen, um im Jemen mehr Kämpfer zu rekrutieren und ihre dortige Machtposition zu verbessern." Zudem werde die Miliz auch in Zukunft wieder eigene Militäraktionen vornehmen: "Diese könnten sich erneut gegen die zivile Schifffahrt richten, aber auch gegen Saudi-Arabien", so Krause. Damit riskierten die Rebellen jedoch eine erneute Reaktion der USA wie in der vergangenen Nacht.

Militäreinrichtungen und Trainigscamps der Huthis im Visier

Der US-Auslandssender Voice of America berichtete, dass sowohl Militäreinrichtungen als auch Trainingscamps in mehreren Landesteilen als Ziele ausgewählt worden seien.

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Kirby: Werden tun, was wir tun müssen

Eine Eskalation hatte sich seit Wochenbeginn angedeutet. Auf die Frage nach möglichen US-Angriffen gegen die Huthis im Jemen hatte am Donnerstag der Sprecher für nationale Sicherheit, John Kirby, bereits entgegnet: "Ich werde hier nicht unsere Schläge in die eine oder andere Richtung ankündigen. Wir werden tun, was wir tun müssen, um diese Bedrohungen, die die Huthis für die Handelsschifffahrt im Roten Meer darstellen, zu bekämpfen und zu besiegen." Am Mittwoch hatte der amerikanische Außenminister Antony Blinken von Konsequenzen für die Terrorgruppe gesprochen. Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps hatte Journalisten geraten, "das Gebiet im Auge zu behalten".

Videos von Explosionen in mehreren Städten im Jemen

Der arabische Sender Al Arabiya teilte auf der Plattform X, vormals Twitter, erste Videos, die aus der jemenitischen Stadt Al-Hudaida stammen sollen. Dort sei ein Waffenlager angegriffen worden.

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Seit Ausbruch des Gazakrieges zwischen Israel und der islamistischen Terrororganisation Hamas greifen die Huthis immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer an. Große Reedereien meiden die wichtige Handelsroute zunehmend. Die Huthis greifen Israel auch immer wieder direkt mit Drohnen und Raketen an.

Etwa zehn Prozent des gesamten Welthandels laufen über das Rote Meer. Einige Reedereien haben wegen der Angriffe ihre Routen geändert. Das führt unter anderem dazu, dass das Tesla-Werk in Grünheide aufgrund von Teilemangel für zwei Wochen die Produktion weitgehend einstellt. Der Suezkanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und ist damit die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg zwischen Asien und Europa.

Verwendete Quellen
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