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Russland: Scheinwahl – Putin hinterlässt eine Blutspur


Nach der Scheinwahl in Russland
Putin schafft abschreckendes Beispiel für China

  • Gerhad Spörl
MeinungVon Gerhard Spörl

Aktualisiert am 18.03.2024Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Putin legt Wert auf ein "sehr gutes Wahlergebnis".Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin: Bei seiner Wahl musste er sich um den Ausgang keine Sorgen machen. (Quelle: Alexander Zemlianichenko/Pool AP/AP/dpa)

Auch in der fünften Amtszeit dürfte sich Wladimir Putin treu bleiben. Er sinnt auf Rache gegen den Westen, was wiederum China erfreut, da sich die USA nicht auf Asien konzentrieren können, was sie ja eigentlich möchten.

Man kann sich natürlich fragen, was sie eigentlich sollte, diese Scheinwahl, die offensichtlich nur einer ernst nahm, nämlich Wladimir Putin – so ernst, dass er seinen ärgsten Widersacher Alexej Nawalny aus dem Weg räumen ließ, zuerst in den Permafrost und dann in den Tod.

Man muss sich auch fragen, was in Putins Gemüt vor sich geht, dass er zu solchen Mitteln greift, um zu gewährleisten, dass dieser Akt der Scheindemokratie keine Störung erfährt. Anscheinend nimmt er alles persönlich. Widerworte führen ins Gefängnis, Opposition ins Straflager. Infragestellung ist tödlich. Rache erstreckt sich bis London oder in den Berliner Tiergarten. Vor Nawalny bezahlte Anna Politkowskaja ihre journalistische Arbeit mit dem Leben. Auch sie sollten wir nicht vergessen.

Gerhad Spörl

Zur Person

Gerhard Spörl interessiert sich seit jeher für weltpolitische Ereignisse und Veränderungen, die natürlich auch Deutschlands Rolle im internationalen Gefüge berühren. Er arbeitete in leitenden Positionen in der "Zeit" und im "Spiegel", war zwischendurch Korrespondent in den USA und schreibt heute Bücher, am liebsten über historische Themen.

Wladimir Putin zieht eine Blutspur nach sich, wo immer ihn seine Paranoia hintreibt. Darin liegt die Gemeinsamkeit seiner bislang vier Amtszeiten und auch in den nächsten Jahren dürfte sich daran nichts ändern. Tschetschenien, zehn Jahre lang Krieg. Georgien im Sommer 2008. Die Ukraine, Kriegsschauplatz seit mehr als zwei Jahren. Aus dem Mann, der im Herbst 2001 im Bundestag eine Rede hielt, in der er den Kalten Krieg für unabänderlich beendet erklärte, ist ein Mann geworden, der auf einen Rachefeldzug gegen den Westen zieht, der vermutlich so lange anhalten wird, wie er die Macht innehat.

Video | Während der russischen Präsidentenwahl kam es zu massiven Protesten
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Quelle: t-online

Diktaturen haben in Russland Tradition

Man sollte sich auch fragen, ob sich ein Land Russland demokratisch regieren lässt, zumal Demokratie hier keine Tradition besitzt. Nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums gab es unter Boris Jelzin ein flüchtiges Experiment mit Reformen nach kapitalistischem Muster mit Liberalisierung, Privatisierung und Marktwirtschaft. Der Preis waren politische Instabilität und Inflation.

Der junge Mann, dem Jelzin im Jahr 1999 Russland zur Stabilisierung der Verhältnisse anvertraute, hieß Wladimir Putin. Den Auftrag nahm er so ernst, dass er nach und nach eine Diktatur über Russland verhängte. Diktaturen haben hier seit den Zaren Tradition.

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Boris Jelzin ist heute genauso wie Michail Gorbatschow vergessen, wenn nicht verfemt. Aus Sicht Putins tragen sie die Schuld am Untergang der ruhmreichen Sowjetunion. Die größtmögliche Demütigung widerfuhr Putin im Jahr 2014 durch Barack Obama, der Russland als Regionalmacht abtat.

Russland ist keine Weltmacht mehr

Demütigungen können anspornen. Der Gedemütigte kann sich dazu berufen fühlen, es der Welt zu zeigen, vor allem dem Demütiger. Putin, der in einer Dokumentation freimütig davon erzählte, wie er als Kind gemobbt wurde, und wie beengt die Familie in der Einzimmerwohnung zurechtkommen musste, ist ein Kenner von Demütigungen, die er heimzahlt, wo er nur kann. Die Besetzung der Krim und des Donbas im Jahr 2014 waren als Anfang der Reconquista gedacht.

Obama hatte recht und unrecht zugleich. Russland ist mehr als eine Regionalmacht, aber auch keine Weltmacht wie im Kalten Krieg, denn diese Zeit ist unwiederbringlich vorbei, auch wenn Putin diese Tatsache nicht akzeptiert. Russland ist ein Zwischending in der Weltpolitik, die im Umbruch steht, ein Hybrid.

Putin nutzt jedes Vakuum, das sich irgendwo auf dem Erdball eröffnet, sei es in Syrien oder im Sudan, in Libyen oder Mali. Irans Atompolitik hängt von Russland ab und auch Nordkorea braucht dessen Unterstützung. Russland sucht Einfluss dort, wo Amerika sich zurückzieht, freiwillig oder unfreiwillig, genauso wie dort, wo Frankreich seinen Einfluss verliert, zum Beispiel in Afrika.

Abschreckendes Beispiel für China

Konsequent ist diese Außenpolitik, das schon, aber ist sie auch konsistent genug für Putins übergroße Ambitionen? Im Hintergrund steht immer und überall eine weitaus größere Macht, ein anderer Diktator mit imperialem Anspruch, den er militärisch, politisch und ideologisch untermauert: China unter Xi Jinping.

Für China ist Russland nützlich. Russland schmäht den Westen und droht mit weiteren Kriegen zur Beruhigung der Phantomschmerzen. Solange die USA sich in der Ukraine – und im Nahen Osten – engagieren müssen, so lange können sie sich nicht auf Asien konzentrieren, wovon sie schon seit zehn Jahren reden.

Nur aus diesem Grund behandelt China das real existierende Russland mit Vorzug. Denn in Wahrheit ist Russland für China das abschreckende Beispiel dafür, welche Konsequenzen ideologische Lethargie und ökonomische Schwäche nach sich ziehen – den Zusammenbruch eines Imperiums. Von der untergegangenen Sowjetunion lernen heißt Stärke unter allen Umständen und mit allen Mitteln zu bewahren, egal was der Rest der Welt darüber denkt. Und Russland ist, mit chinesischen Augen betrachtet, eine Resterampe mit bemerkenswerten Illusionen.

Nach erfolgreich manipulierter Wahl geht Wladimir Putin nunmehr in seine fünfte Amtszeit als Präsident der Russischen Föderation. Nicht anders als zuvor wird er handeln und sich verhalten, darauf ist Verlass.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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