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Die Türkei und Russland provozieren die Nato: Der nächste große Waffendeal?


Neue Provokation für die Nato
Erdogan und Putin planen den nächsten großen Waffendeal

Von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 29.08.2019Lesedauer: 3 Min.
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Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan besichtigen eine Sukhoi Su-57, das modernste russische Kampfflugzeug.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan besichtigen eine Sukhoi Su-57, das modernste russische Kampfflugzeug. (Quelle: Reuters-bilder)

Es ist paradox.

Die Besucher der Luftfahrtausstellung in Schukowski staunten am Dienstag nicht schlecht. Der russische Präsident Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan flanierten mit Sonnenbrillen auf der Nase über den Flugplatz am Rande von Moskau. Putin nutzte den Besuch des türkischen Präsidenten, um ihm persönlich russisches Militärgerät zu demonstrieren. Bevor beide wieder mit dem Helikopter abreisten, kaufte Putin seinem türkischen Amtskollegen noch ein Eis.

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Doch was aussieht wie ein etwas skurriler PR-Auftritt, hat einen ernsten Hintergrund: Die Türkei möchte Kampfflugzeuge kaufen und nachdem die USA den Nato-Partner aus dem F-35-Programm ausschlossen, sucht Ankara nach einem Plan B. Diese Chance möchte Putin ergreifen. Es geht um einen Milliardendeal, der vor allem die Nato und US-Präsident Donald Trump in seinem Selbstverständnis als "Deal-Maker" brüskieren würden.

"Sie können ihn bekommen"

Bei der Luftfahrtausstellung stehen Putin und Erdogan auch vor einer russischen Su-57, einem der modernsten Kampfflugzeuge der Welt und der Stolz des russischen Präsidenten. "Werden wir diese Kampfflugzeuge bekommen?", fragte Erdogan nach einer kurzen Präsentation. "Sie können es bekommen", antwortete Putin.

Russland hatte zuvor die Exportversion des Kampfjets vorgestellt. Die Türkei und Russland sollen aktuell über das Waffengeschäft verhandeln. Demnach möchte die Türkei offenbar insgesamt 57 Kampfflugzeuge der Typen Su-35 und Su-57E. Dies berichten übereinstimmend die russische Nachrichtenagentur Ria und der türkische Fernsehsender CNN Türk.

Sollte Putin erneut einen Deal mit Ankara abschließen können, wäre dies auch ein Rückschlag für Trump auf dem internationalen Rüstungsmarkt. Moskau setzte in den letzten zehn Jahren auf eine Modernisierung der eigenen Armee, auch mit dem Hintergedanken, mehr an Waffen- und Rüstungsexporten zu verdienen. Panzer, Flugabwehrsysteme oder Kampfjets: Russland versucht, moderne Waffensysteme billiger herzustellen als beispielsweise die US-Konkurrenz.

Brüskierung der Nato

So orderte Putin für die eigene Armee laut Angaben der Zeitung "Komersant" 76 Exemplare des Su-57-Kampfflugzeugs für insgesamt 2,38 Milliarden Euro. Sollte die Zahl stimmen, würden die 31 Millionen Euro pro Jet den Stealth-Fighter zum Super-Schnäppchen auf dem Waffenmarkt machen. Zum Vergleich: Die F-35 würde das Dreifache kosten.

Angesichts der Lira- und Wirtschaftskrise in der Türkei wäre Erdogan bei einem derartigen Angebot aus Russland gesprächsbereit. Doch der türkische Präsident macht damit nicht nur Werbung für russische Waffensysteme, er würde bei einem Deal auch eine Brüskierung der Nato in Kauf nehmen.


Denn die US-Regierung betrachtet den Einsatz russischer Militärtechnologie im Nato-Luftraum als Gefahr – vor allem für den neuen US-Tarnkappenjet F-35. Die Türkei sollte selbst über hundert F-35 bekommen und war auch am Bau beteiligt. Doch nach dem Kauf des russischen S-400-Flugabwehrsystems durch die Türkei suspendierten die USA Ankara vom F-35-Programm.

Bei dem umstrittenen S-400-Deal erklärte der türkische Präsident, dass das Angebot aus Moskau besser war, als das der USA. Washington wollte den Nato-Partner mit einem Patriot-System beliefern, das auch die Bundeswehr nutzt.

Russland lobt Präzedenzfall

Die Türkei gab Moskau den Zuschlag, Washington wurde ausgestochen. Schon deshalb hofft der Kreml erneut auf einen lukrativen Auftrag. "Aber warum denn nicht? Einen Präzedenzfall gibt es ja schon", sagte der russische Vize-Regierungschef Juri Borissow der Agentur Interfax Angang Juli. Er lobte, dass die Türkei trotz aller Drohungen der USA standhaft geblieben sei.

Russland hatte diesen Deal, mit seinen Rüstungsgeschäften auf Nato-Gebiet vorzudringen, als großen Erfolg gefeiert. Zugleich warf Borissow den USA vor, auch Indien vom Kauf des S-400-Systems abbringen zu wollen.

Die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei wurden durch dieses Geschäft erschüttert, was auch ein Grund für den Lira-Absturz in der Türkei war. US-Präsident Donald Trump sagte bei einer Kabinettssitzung im Juli, es sei der Türkei nun verwehrt, die F-35-Kampfjets zu kaufen, worüber der Rüstungskonzern Lockheed Martin "nicht gerade glücklich" sei.

Drohungen aus den USA

Seine Regierung drohte außerdem in den vergangenen Monaten auch immer wieder mit Sanktionen. Eine Sprecherin des Außenministeriums sagte, Trump und Außenminister Mike Pompeo prüften noch die verschiedenen Optionen. Sanktionen seien in Arbeit. Die US-Regierung werde öffentlich dazu Stellung nehmen, sobald die Überlegungen abgeschlossen seien.


Auch durch diesen Nato-Streit näherten sich Erdogan und Putin an. Dabei sind die türkisch-russischen Beziehungen aktuell auch nicht harmonisch. Im Konflikt beider Länder geht es derzeit vor allem um Nordsyrien und das Vorrücken syrischer Regierungstruppen in Gegenden, in denen die Türkei Beobachtungsposten hat. Russland ist Syriens Schutzmacht. Die Türkei unterstützt in dem Bürgerkrieg die Rebellen.

Doch bei Waffengeschäften steht dieser Konflikt im Hintergrund, denn Moskau und Ankara wittern auch bei den Kampfflugzeugen ein gutes Geschäft. Das abschließende Eis für Erdogan geht bei einem möglichen Milliardendeal natürlich aufs Haus.

Verwendete Quellen
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