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Streit bei Markus Lanz: "Da ist manchmal wirklich Radio Moskau auf Sendung"


"Da ist manchmal wirklich Radio Moskau auf Sendung"

Eine TV-Kritik von Peter Luley

Aktualisiert am 17.06.2021Lesedauer: 3 Min.
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Katja Kipping (Archivbild): In der jüngsten Lanz-Sendung geriet sie mit FDP-Politiker Graf Lambsdorff aneinander.Vergrößern des Bildes
Katja Kipping (Archivbild): In der jüngsten Lanz-Sendung geriet sie mit FDP-Politiker Graf Lambsdorff aneinander. (Quelle: Future Image/ imago images)

Lebhafte Polit-Diskussion bei "Markus Lanz": Ex-Linken-Chefin Katja Kipping und FDP-Mann Alexander Graf Lambsdorff stritten leidenschaftlich über Nato, Außenpolitik und Steuern.

So umfassende Einigkeit ist in Talkshows selten. Zu Beginn der gestrigen "Markus Lanz"-Ausgabe wurde der missglückte Greenpeace-Motorschirm-Flug beim deutschen EM-Auftaktspiel gegen Frankreich in München thematisiert. "Hochgefährlich" nannte der Sportjournalist Lucas Vogelsang die Aktion, der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff fand sie "komplett unverantwortlich", und die Journalistin Anna Schneider sah "die Grenze zwischen Öko-Aktivismus und Straftat" überschritten. Die Umweltschutzorganisation habe sich selbst "einen Bärendienst" erwiesen, pflichtete auch Linken-Politikerin Katja Kipping bei. Keine zwei Meinungen also.


Es ging dann noch ein Weilchen weiter mit EM-Geplänkel, etwa um den von Cristiano Ronaldo bei einer Pressekonferenz vorgenommenen Austausch zweier Cola-Flaschen gegen Wasser. "Wieder ein Worst-Case-Szenario", diagnostizierte Lucas Vogelsang, diesmal nicht für Greenpeace, sondern für den Getränkekonzern, dessen Marktwert durch die Antiwerbung angeblich um vier Milliarden US-Dollar gesunken ist. Das Weiterspielen der Dänen nach dem Herzstillstand ihres Team-Mitglieds Christian Eriksen empfand der Journalist als Fehler, das Niederknien der Belgier vor dem Russland-Spiel dagegen als "wichtig" und eine "Geste, die bleibt". Die Cola-Aktion und das Niederknien gegen Rassismus seien doch "zwei wunderbare Botschaften", so Vogelsang. Damit verschaffte er dem Moderator die Gelegenheit zu einer holprigen Überleitung: Mit "Coca-Cola gegen Russland hatten wir heute quasi auch" wollte Lanz auf den Biden-Putin-Gipfel zu sprechen kommen.

Die Gäste

  • Katja Kipping, ehemalige Co-Vorsitzende der Linken
  • Alexander Graf Lambsdorff (FDP), Bundestagsabgeordneter
  • Anna Schneider, Chefreporterin "Die Welt"
  • Lucas Vogelsang, Journalist

Immerhin entspann sich nun eine lebhafte Auseinandersetzung zwischen der Ex-Linken-Vorsitzenden Katja Kipping und dem FDP-Mann Alexander Graf Lambsdorff. Nachdem "Welt"-Journalistin Anna Schneider es als "urlinke Position" bezeichnet hatte, "zu Russland zumindest ein geschmeidiges Verhältnis zu haben", sah sich Kipping zur Verteidigung genötigt: Zwar finde sie viele Biden-Vorstöße richtig, Europa solle sich aber "als eigenständiger Akteur aufstellen und im Zweifel geopolitisch eher eine vermittelnde Rolle einnehmen". Markus Lanz’ präzisierender Feststellung "Sie wollen ja raus aus der Nato" wich sie nicht aus: "Ja, genau", so Kipping, "wir wollen ein eigenes Sicherheitsbündnis." Was die Wahrnehmung der Nato angehe, gebe es große Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland: Während sie im Osten eher als "Aufrüstungsprojekt" empfunden werde, denke man im Westen: "Das ist doch die Westbindung, da geht es darum, dass wir alle Demokraten sind." Dabei gehörten ja auch Länder wie Erdoğans Türkei zur Nato, Stichwort Demokratieverständnis.

Das rief Alexander Graf Lambsdorff auf den Plan: Der Westen als Wertegemeinschaft sei viel größer als die Nato, diese sei nur ein Ausdruck davon und nicht perfekt. Er sei auch immer Erdoğan-Kritiker gewesen, aber hier gelte es, Interessen abzuwägen, und ein Blick auf die Landkarte mache doch klar, warum es wichtig sei, dass die Türkei zur Nato gehöre. Aha, entgegnete Kipping, das sei ja wenigstens ehrlich, es gehe also um die Abwägung geopolitischer Interessen gegen Menschenrechte. Dann frage sie aber: "Warum nur bei bestimmten Ländern?" Ohnehin sei es doch militärisch "total überholt", zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, sprich: 70 Milliarden Euro, etwa für atomare Abschreckung auszugeben. Bedrohung gehe heute doch eher von Cyber-Attacken aus.

Dem hielt Lambsdorff das Beispiel der Ukraine entgegen, die ihre Nuklearwaffen 1994 gegen das russische Versprechen abgegeben habe, ihre territoriale Unversehrtheit zu garantieren. Die verheerende Lektion daraus sei: "Wenn du deine Atomwaffen weggibst, bist du verwundbar." Und weiter: "Unsere Letzt-Absicherung ist die Nato."

"Da ist manchmal wirklich Radio Moskau auf Sendung"

Entsprechend unterschiedlich schätzte die Runde die Möglichkeit eines "Mitte-Links-Bündnisses" ein. Während Kipping es "wünschenswert" fand und "so sehr dafür wäre", wies Anna Schneider darauf hin, dass sich die Grünen mit ihren Positionen zu Nato und Drohnen eher in Richtung Union öffneten als in Richtung Linke. Und Lambsdorff beurteilte es noch mal anders: "Rot-Rot-Grün wäre natürlich kein Mitte-Links-Bündnis, sondern ein Linksaußen-Bündnis. Ich seh’s ja auch im Bundestag immer, wenn die Kollegen von der Linkspartei am Pult sind: Da ist manchmal wirklich Radio Moskau auf Sendung."

Zu guter Letzt kam noch das Thema Steuern aufs Tapet. Während Katja Kipping eine Tabelle des Instituts der deutschen Wirtschaft mitgebracht hatte, die belegen sollte, dass Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen nach den Plänen der Linken am meisten entlastet würden, durfte Lambsdorff sich kategorisch gegen jede Steuererhöhung aussprechen und ausgiebig FDP-Evergreens wie "Wir sind eh schon Steuer-Weltmeister in Deutschland" und "Unsere Unternehmensbesteuerung ist weltweit die höchste" zu platzieren. Lucas Vogelsang brachte das auf die Idee für einen FDP-Wahlslogan: "Lieber nicht besteuern als falsch besteuern."

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 16. Juni 2021
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