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Antisemitismus in Deutschland: "Es ist verstörend, diese Bilder zu sehen"


Hartes Vorgehen gefordert
Israels Botschafter: "Es ist verstörend, diese Bilder zu sehen"

Von dpa, reuters
Aktualisiert am 17.05.2021Lesedauer: 3 Min.
Polizeibeamte suchen am Samstag bei einer Demonstration in München nach antisemitischen Plakaten.Vergrößern des BildesPolizeibeamte suchen am Samstag bei einer Demonstration in München nach antisemitischen Plakaten. (Quelle: Sachelle Babbar/imago-images-bilder)
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Nach antisemitischen Vorfällen bei Protesten werden harte Konsequenzen gefordert. Der höchste Vertreter Israels in Deutschland zeigt sich beunruhigt. Zugleich lobt er die klare Haltung regierender Politiker.

Der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, ist tief besorgt über die antisemitischen Kundgebungen und judenfeindlichen Proteste in Deutschland. "Es ist verstörend, diese Bilder zu sehen", sagte Issacharoff am Sonntagabend im Polittalk der Zeitung "Bild" unter Verweis auf "unglaubliche antisemitische Äußerungen" bei den Kundgebungen.

Der Botschafter lobte zugleich die klare Haltung der politischen Führung in Deutschland. Seit Beginn der Raketenangriffe der Hamas "haben wir ganz außergewöhnliche Botschaften der Unterstützung von Politikern in Deutschland bekommen".

Namentlich erwähnte er Bundeskanzlerin Angela Merkel, Außenminister Heiko Maas, Innenminister Horst Seehofer sowie die Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU/CSU), Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD). Man habe ihm auch versichert, dass man "alles tun werden, solche Demonstrationen zu unterbinden, bei denen zum Beispiel israelische Flaggen verbrannt werden". "Ich nehme sie beim Wort." Er ließ zugleich Zweifel erkennen, ob solche Vorfälle in jedem Fall verhindert werden können.

Am Wochenende hatte es pro-palästinensische und einige pro-israelische Demonstrationen in mehreren deutschen Städten gegeben. Vor allem am Samstagnachmittag war es bei einer Kundgebung in Berlin-Neukölln mit zeitweise rund 3.500 Menschen zu Ausschreitungen gekommen. In Frankfurt am Main sprach die Polizei von einem überwiegend friedlichen Protestzug mit rund 2.500 Personen. Auslöser der Demonstrationen war vor allem die Eskalation der Gewalt zwischen Israel und der Hamas-Gruppierung im Gaza-Streifen.

Stärkung der Nachrichtendienste

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) forderte nach antisemitischen Aktionen, dass die Sicherheitsbehörden die Szene genauer ins Visier nehmen müssten. Der BDK-Vorsitzende Sebastian Fiedler sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag): "Entscheidend ist: Die deutschen Sicherheitsbehörden müssen ein noch genaueres Bild vom Gefahrenpotenzial gewaltbereiter antisemitischer Gruppen bekommen." Sichtbar sei derzeit eine Mobilisierung der pro-palästinensischen und anti-israelischen Gruppen. "Da hilft nur eine Stärkung der Nachrichtendienste und eine Ad-hoc-Schwerpunktsetzung beim Polizeilichen Staatsschutz", mahnte Fiedler.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte dem Nachrichtenportal "ThePioneer": "Wir erleben in diesen Tagen antisemitische Aufmärsche und widerwärtigen Judenhass, der es unverzichtbar macht, noch entschiedener gegen Antisemitismus vorzugehen." Antisemitischer Hass sei keine Meinung, sondern eine Straftat. Ziemiak forderte, das Tragen, Verbreiten und die Zurschaustellung von Symbolen der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Palästinenserorganisation Hamas in Deutschland zu verbieten.

Der CDU-Landeschef von Sachsen-Anhalt, Sven Schulze, forderte im "Bild"-Interview "einen Gipfel der Polizei, Verfassungsschutz- und Ausländerbehörden zu Israel-Hass-Demos von migrantischen Aufwieglern". Die Politik müsse ihre Behörden "auf einen Null-Toleranz-Kurs gegen antisemitische Hetze einschwören". Das Treffen müsse möglichst zügig stattfinden, damit sich solche Gewaltausbrüche nicht wiederholten, sagte Schulze.

Antisemitismus schnell und besser erkennen

Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag), es müsse "empfindliche und schnelle Folgen haben, wenn sich jemand antisemitisch betätigt. Die Staatsanwaltschaft und die Polizei müssen in die Lage versetzt werden, Antisemitismus schnell und besser zu erkennen und zu ahnden". Zudem brauche man einen "europäischen Standard" für die Identifizierung und Bestrafung von Antisemitismus. Klein kündigte eine nationale Strategie für den Kampf gegen Antisemitismus an. Sie setze auf Repression und Prävention und müsse von der kommenden Bundesregierung umgesetzt werden.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble nannte die Bilder vom Wochenende "unerträglich". Natürlich dürfe man die Politik Israels scharf kritisieren und dagegen laut protestieren – "aber für Antisemitismus, Hass und Gewalt gibt es keine Begründung", sagte der CDU-Politiker der "Bild"-Zeitung (Montag). Deshalb brauche es "die ganze rechtsstaatliche Härte gegen Gewalttäter, und es braucht den größtmöglichen Schutz für die jüdischen Gemeinden und Einrichtungen", betonte der Bundestagspräsident. Er mahnte zugleich: "Wer sich in seinem Protest nicht eindeutig davon abgrenzt, wenn das Existenzrecht Israels angegriffen wird, macht sich mitschuldig."

Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte am Wochenende bereits betont, wer antisemitischen Hass verbreite, werde die volle Härte des Rechtsstaates zu spüren bekommen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte am Sonntag erklärt: "Wir sehen auch den antisemitischen Hass auf unseren Straßen. Nichts rechtfertigt die Bedrohung von Juden in Deutschland oder Angriffe auf Synagogen in unseren Städten."

Der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, verurteilte ebenfalls Antisemitismus bei Protesten vom Wochenende. "Wer antisemitische Sprüche ruft oder Israelflaggen anzündet, ist nicht links und kämpft nicht für die Zweistaatenlösung, sondern verhindert sie eher", sagte Gysi dem "Spiegel". "Wir haben auch ein Problem mit islamischem Antisemitismus in Deutschland", betonte Gysi. Er bekräftigte die Forderung der Linken, dass Deutschland an kein Land Waffen verkaufen sollte, auch nicht an Israel. "Deutschland sollte im Nahostkonflikt endlich eine Vermittlerrolle übernehmen. Das wäre auch die angemessenere Schlussfolgerung aus der deutschen Geschichte."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
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