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Neuer SPD-Star: Stilles Comeback – Sigmar Gabriel ist wieder da


Bleibt er Außenminister?
Stilles Comeback: Sigmar Gabriel ist wieder da

Von dpa, pdi

Aktualisiert am 05.12.2017Lesedauer: 4 Min.
Außenminister Sigmar Gabriel macht in Washington einen Spaziergang um das Kapitol, den Sitz des Kongresses.Vergrößern des BildesAußenminister Sigmar Gabriel macht in Washington einen Spaziergang um das Kapitol, den Sitz des Kongresses. (Quelle: dpa)
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Als SPD-Chef hat er viele zuletzt nur noch genervt, jetzt erlebt Sigmar Gabriel ein ungeahntes Comeback - nicht nur als Außenminister.

Neulich war es in der SPD-Fraktion. SPD-Chef Martin Schulz hatte sich wieder mal verheddert im Wirrwarr zwischen großer Koalition, innerer Opposition und ewigem moralischem Rigorismus. Da ergriff Sigmar Gabriel das Wort. Man sage ihm ja nach, dass er an seinem Amt klebe, sagte der ehemalige SPD-Vorsitzende selbstironisch und legte dann eine feine Analyse seiner Partei hin - zwischen Erneuerung, Verantwortung und Großer Koalition. Willkommen, da ist er, Sigmar Gabriel, der neue heimliche Star der SPD.

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Das war im Frühjahr noch anders. Gelästert hatten sie im Willy-Brandt-Haus über seine nächtlichen Gedankennotizen. "Der Sigmar hat da was aufgeschrieben...", das klang wie eine Drohung. So kam Martin Schulz - als SPD-Chef und Kanzlerkandidat. Und das einzige wirklich Positive war, dass die SPD den Übergang geräuschloser inszenierte als 2008 den politischen Vorsitzendenmord von Kurt Beck am Schwielowsee.

Gabriel gab den Vorsitz auf. Und wechselte vom Wirtschaftsministerium ins Außenamt. Ein kleines Lächeln gab es schon bei seinem Hinweis, dass sei familienkompatibler. Aber Gabriel legte mächtig los. Nicht so, als sei das Amt des Außenministers nur ein Übergangsmandat.

Europa als Gegengewicht zur den Vereinigten Staaten

"Ich war immer verliebt ins Machen. Jetzt merkt man: Du wirst nicht mehr gebraucht", sagte Gabriel noch Anfang November in einem "Zeit"-Interview. In den Wochen nach der verlorenen Bundestagswahl redete er sich und anderen zwar immer wieder ein, dass das wichtigste politische Amt in Deutschland das des einfachen Abgeordneten sei. Aber so ganz überzeugt klang das nie. "Was mir fehlen wird, ist die Aufgabe", räumte er offen ein.

Jetzt ist auf einmal alles wieder da: Die Aufgabe, die Bedeutung und sogar eine langfristige Perspektive. Gabriel kann wieder machen. Und zwar nicht mehr "scheidender Außenminister", der er zwei Monate lang war, sondern mit gar nicht so schlechten Chancen, in einer neuen Bundesregierung sein eigener Nachfolger zu werden. Das Scheitern der Jamaika-Sondierungen hat es möglich gemacht.

Am Dienstag hält der frühere SPD-Chef beim außenpolitischen Forum der Körber-Stiftung in Berlin eine Rede, die durchaus als Bewerbung für eine weitere Amtszeit verstanden werden kann. Es geht um nicht weniger als die Neuausrichtung des Verhältnisses zu den Vereinigten Staaten von Amerika.

In der Rede spricht Gabriel den USA eine weltpolitische Führungsrolle ab und nennt sie stattdessen einen "Kombattanten auf dem Sandplatz". Er plädiert für mehr europäische Unabhängigkeit, mehr Selbstbewusstsein auf der Weltbühne. Europa dürfe nicht an der Seitenlinie stehen. Europäische Souveränität, heißt das in den Worten des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Europa erlebt ein Comeback, nur Martin Schulz, der ehemalige Europapolitiker steht im abseits.

Nahles, Dreyer, Schweitzer - den Ton in der SPD prägen nun neue Kräfte

Den Ton in der SPD prägen nun andere. Andrea Nahles, die Fraktionsvorsitzende. Die Ministerpräsidentinnen Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz) und Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern). Auch junge, aufstrebende Nachwuchskräfte wie der alert, umtriebige Alexander Schweitzer - Fraktionschef der SPD im Mainzer Landtag. Und eben Sigmar Gabriel, der neue Weltenlenker der Sozialdemokraten.

Das Selbstbewusstsein rührt auch daher, dass der Vizekanzler derzeit mit Abstand der wichtigste Minister in der Rumpf-Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist. Während die Innenpolitik brach liegt, nimmt sich die Außenpolitik keine Auszeit für eine stockende Regierungsbildung. Merkel kann sich seit der Wahl nur noch sehr eingeschränkt darum kümmern. Gabriel hat Zeit, reist viel, und sagt Sätze wie: "Jeder weiß das Deutschland ein stabiles Land ist. Wir haben eine geschäftsführende und handlungsfähige Regierung."

Alleine in den letzten drei Wochen war Gabriel in Bangladesch, Myanmar, Elfenbeinküste, Russland, USA, zwischendurch für ein paar Stunden in Paris. Der 58-Jährige hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er mit dem Amt des Außenministers einen Traumjob gefunden hat. Mit seiner undiplomatischen Art hat er einen neuen Stil in die deutsche Außenpolitik gebracht, sich international Respekt erarbeitet und ist in der Rangliste der beliebtesten Politiker im Inland in ungeahnte Höhen aufgestiegen.

Dass er gerne weitermachen würde, ist kein Geheimnis. Ob ihn seine Partei lässt, wenn es zu einer großen Koalition kommt, ist eine andere Frage. Gabriel hat es sich mit seinem sprunghaften Agieren als Parteichef und seinen Alleingängen mit vielen verscherzt. Sein Verhältnis zu Fraktionschefin Andrea Nahles ist - vorsichtig gesagt - schwierig, das zu Parteichef Martin Schulz angeschlagen, sein Rückhalt in Partei und Fraktion sehr mäßig.

Gabriel steht als Sigi-Plop für ein neues Bündnis bereit

Schulz könnte Gabriel von seinem Posten verdrängen oder die SPD könnte zugunsten des Finanzministeriums auf das Außenamt verzichten. Dann wiederum wäre Gabriel auch ein Kandidat für dieses Amt. Auch das würde gut zu ihm passen, weil er als Finanzminister ebenfalls Europapolitik machen könnte - das für ihn wichtigste außenpolitische Thema für die nächsten Jahre.

Allen Fragen nach seiner politischen Zukunft weicht Gabriel derzeit aus. Und auch aus der Diskussion über eine große Koalition hält er sich heraus, so weit es geht. "Wenn ich jetzt sage, ich bin für eine große Koalition, ist die erste Reaktion: Ist doch klar, der will nur Außenminister bleiben", sagte er kürzlich in einer Talkshow. Auf dem SPD-Parteitag am Donnerstag wird er deswegen wohl eher schweigen - und genießen, sollten die Delegierten für Gespräche mit der Union votieren. Gabriel war schon vieles in der SPD. Als Sigi Pop wurde der einstige Pop-Beauftragte seiner Partei geschmäht. Jetzt ist er Sigi-Plop, das Comeback-Kid. Gabriel jedenfalls stünde für ein neues Bündnis bereit.

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