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Spargelfahrt der SPD – Nahles: AfD soll der einzige "Vogelschiss" sein


SPD auf Bootstour
"Wir müssen dafür sorgen, dass der einzige Vogelschiss die AfD ist"

Von dpa
Aktualisiert am 06.06.2018Lesedauer: 3 Min.
SPD-Chefin Andrea Nahles: Für ihren Satz "Wir können nicht alle aufnehmen" steht sie innerparteilich in der Kritik.Vergrößern des BildesSPD-Chefin Andrea Nahles: Für ihren Satz "Wir können nicht alle aufnehmen" steht sie innerparteilich in der Kritik. (Quelle: Jörg Carstensen/dpa-bilder)
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Bei der Spargelfahrt des konservativen Seeheimer Kreises präsentierte sich die SPD-Spitze selbstzufrieden. Ihr Rezept gegen den Niedergang der Partei: Durchhalteparolen.

Für einige ist die SPD ja die neue Titanic, ein schwerer, stolzer Dampfer, der voll Richtung Eisberg steuert. Nun ist ein Eisberg bei 24 Grad und Sonne auf dem Wannsee nicht in Sicht. Und Olaf Scholz kann es an diesem Dienstagnachmittag kaum erwarten, dass die MS "Havel Queen" ablegt. "Wir haben viel Zeit im Hafen zugebracht", meint der Vizekanzler bei der 57. Spargelfahrt des Seeheimer Kreises, des konservativen SPD-Flügels. Ein Hochamt im Kalender der Partei.

"Dass wir jetzt hier in See stechen, ist glaube ich ein ganz gutes Bild", so Scholz mit Blick auf die schwere Regierungsbildung – und dass jetzt endlich mit ihm als Finanzminister richtig regiert wird.

Doch man kommt ins Grübeln, wenn er den Dampfer ausgerechnet dann verlässt, bevor dieser in See sticht. "Wo ist Heiko", fragt Scholz. Zusammen mit Heiko Maas, dem SPD-Außenminister, und ihren Bodyguards schlängeln sie sich durch die weiß gekleideten Männer und Frauen, die vom Kochzelt an Land über den Steg Spargel, Kartoffeln und Schnitzel für die rund 600 Gäste an Bord tragen.

Scholz ist mit sich im Reinen

Beide symbolisieren den Zwiespalt zwischen Regieren und Partei – die Kanzlerin ruft, es sind wahre Weltenstürme, die da aufziehen. US-Präsident Donald Trump zettelt einen Handelskonflikt mit Europa an, Italien könnte die Euro-Krise dramatisch zurückbringen. Wie umgehen mit dem drohenden Bruch des Westens, Russland und China? Krisengespräche mit Angela Merkel, statt Plauschen mit Genossen.

Zumindest Scholz ist mit sich im Reinen. Er sieht, dass seine Werte als Finanzminister gut sind. Es ist kein Geheimnis an Bord, dass er sich selbst für den besten nächsten SPD-Kanzlerkandidaten halten würde. Vor einem Jahr war übrigens noch Martin Schulz der große Star an Bord der MS "Havel Queen". Von ihm redet hier keiner mehr.

Seeheimer-Sprecher Johannes Kahrs kann mit dem Genöle über die GroKo nichts anfangen. "Eine Partei, die nicht regieren will, braucht kein Mensch." Er sei so begeistert von der klaren Kante der Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles – einst eine Parteilinke –, dass er überlege, ihr ein Seeheimer-Eintrittsformular zu geben.

Ständig neue Nebenkriegsschauplätze

Begründet wurde die Schifffahrt-Tradition 1961 in Bonn durch die Seeheimer-Vorläufertruppe der "Kanalarbeiter". Vom Bundeshaus aus schipperte man damals rheinaufwärts nach Unkel. Nur einmal, 2013, musste die Spargelfahrt ausfallen, wegen der Hochwasserkatastrophe im Osten. Der Wahlkampf von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück war schon pannenreich genug, da wollte man nicht noch Fotos von auf dem Wannsee fröhlich zu Swingmusik schippernden Sozis liefern.

Die Spargelfahrt, das ist immer auch ein Stimmungsbild der Lage bei den Genossen. Und dieses Mal auch viel Selbsthypnose, ja, die Umfragen werden schon steigen, wenn man gut regiert. Aber bisher geht es eher nach unten als nach oben. Scholz trifft am Oberdeck vor seinem Abgang den über die Affäre um Affenversuche gestolperten VW-Cheflobbyisten und früheren SPD-Regierungssprecher Thomas Steg. "Ich finde, es läuft so, wie es soll", sagt Scholz.

Einige sehen das durchaus anders, auch weil die Partei gespalten ist und ständig neue Nebenkriegsschauplätze eröffnet. Die Berliner SPD hat Nahles per beschlossenem Antrag gerade "rechte Rhetorik" vorgeworfen, weil sie mit Blick auf die Flüchtlingspolitik gesagt hat: "Wir können nicht alle aufnehmen." Und ob es die Sorgen der Bürger trifft, wenn man wie Berlins SPD Verständnis für Hausbesetzer äußert, statt die explodierenden Mieten in Berlin zu bekämpfen oder wenn man feministische Pornos fördern will?

"Wir müssen Kurs halten"

Nahles als Trümmerfrau der SPD und der darüber schwebende Scholz, zumindest in der Welt an Bord der MS "Havel Queen" glaubt man, dass der Niedergang gestoppt werden kann. "Wir müssen Kurs halten", sagt Scholz in einer kleinen Ansprache. "Der entsteht nicht, wenn wir ständig hin- und herfahren". Ein Seitenhieb auf den früheren SPD-Chef Sigmar Gabriel, dem sie einen Zick-Zack-Kurs vorwarfen.

Europa stärken, den sozialen Zusammenhalt, das will man in der Koalition erreichen. Und Nahles hat eine Mission: "Wir müssen dafür sorgen, Woche für Woche, dass der einzige Vogelschiss in dieser Republik die AfD ist." Eine Replik auf AfD-Chef Alexander Gauland, der die zwölf Jahre Nationalsozialismus in der deutschen Geschichte als einen "Vogelschiss" bezeichnet hatte.

Doch das ist bei aller Ablenkung auch bei einigen die große Sorge an Bord. Dass die AfD so etwas wie der Eisberg für die SPD wird – auch weil zu viele im Maschinenraum in unterschiedliche Richtungen steuern.

Verwendete Quellen
  • dpa
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