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Tagesanbruch: AKK-Rücktritt –Drei Probleme und ein Weg aus der CDU-Krise


Was heute wichtig ist
Drei Probleme und ein Weg aus der CDU-Krise

MeinungVon Florian Wichert

Aktualisiert am 11.02.2020Lesedauer: 5 Min.
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Annegret Kramp-Karrenbauer im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin.Vergrößern des Bildes
Annegret Kramp-Karrenbauer im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin. (Quelle: Jörg Carstensen/dpa-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages – heute von mir als Stellvertreter von Florian Harms:

WAS WAR?

"Ich war die Parteivorsitzende, ich bin die Parteivorsitzende und werde es auch auf absehbare Zeit bleiben. Ich habe für mich erklärt, dass ich mich nicht auf eine Kanzlerkandidatur bewerben werde. Ansonsten hat sich erst einmal an der Situation nichts geändert."

Die beschwichtigenden Worte Annegret Kramp-Karrenbauers am gestrigen Mittag zum Ende ihrer Pressekonferenz waren ganz offensichtlich eine maßlose Untertreibung.

Vielmehr hatte sie gerade ein Beben ausgelöst, das die Christdemokratische Union Deutschlands in ihre tiefste Krise seit der Parteispendenaffäre 1999 gestürzt hat, wie Florian Harms kommentierte. Die Zukunft der großen Koalition? Offener denn je. Ein dramatischer Tag, den Tim Kummert und Johannes Bebermeier rekonstruiert und eingeordnet haben.

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Kramp-Karrenbauer hat sich dem massiven Druck der vergangenen Wochen und Monate gebeugt – und nach nicht einmal zwei Jahren als CDU-Parteichefin gestern Vormittag in einer Präsidiumssitzung angekündigt, weder als Kanzlerkandidatin ihrer Partei in die nächste Bundestagswahl zu gehen, noch das Amt der CDU-Vorsitzenden langfristig ausüben zu wollen. Die Gründe sind offensichtlich: Sie verpasste es, nach ihrer Wahl 2018 die zerrissene Partei zu einen – und tappte stattdessen in diverse Fettnäpfchen, machte viele Fehler und stolperte am Ende über ihre fehlende Führungsstärke, die sich einmal mehr nach dem Eklat in Thüringen offenbarte. Oder wie sie es ausdrückte: Sie habe erkannt, dass Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur eben doch in eine Hand gehören.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock sprach von einer dramatischen Situation für das ganze Land und laut unserem Kolumnisten Gerhard Spörl droht die CDU in ihre Teile zu zerfallen. Die spannendste Frage ist nun allerdings, wie die CDU wieder aus der Krise kommen kann.


WAS STEHT AN?

Kramp-Karrenbauer will sich in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten als Parteichefin dem Prozess der Kanzlerkandidatenkür widmen, den sie nun "viel freier" gestalten könne ohne persönliche Ambitionen.

Von Freiheit kann allerdings keine Rede sein. Die Partei befindet sich in einer Zwickmühle – und kämpft gegen die Zeit. Denn Richtungsstreit und Selbstzerstörungsmodus, in dem sich die CDU befindet, kosten täglich Wähler.

Eine Odyssee wie bei der Chefsuche der SPD mit Bewerbungsphase, 23 Regionalkonferenzen und mehreren Mitgliederbefragungen kann sich die CDU nicht leisten, will sie endlich wieder nach vorn schauen. Zumal auch das Duell Kramp-Karrenbauer/Merz um den Parteivorsitz 2018 am Ende mehr gespalten als vereint hat.

Problem 1: Mit Kramp-Karrenbauer kümmert sich eine Frau um den Prozess der Kandidatenkür, die maximal angeschlagen ist. So sehr, dass SPD-Chef Norbert Walter-Borjans es nicht einmal für nötig befand, ihr zur Rücktrittsankündigung Respekt zu zollen. Stattdessen trat er nach: "Die CDU befindet sich in einem Richtungsstreit, und sie ist seit Längerem erkennbar führungslos." Führungslos? Ein klarer Seitenhieb.

Problem 2: Nachdem CSU-Chef Markus Söder gestern Abend seinen Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur erklärt hat, bleiben mit Armin Laschet, Jens Spahn und Friedrich Merz immer noch mindestens drei aussichtsreiche und ehrgeizige Kandidaten für die Wiedervereinigung von Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur. Es braucht eine Einigung.

Problem 3: Die Wiedervereinigung der Ämter ist Stand jetzt erst am Ende der Legislaturperiode von Kanzlerin Angela Merkel ab Herbst 2021 möglich. Dass sich einer der drei bis dahin hinter Kanzlerin Merkel als Parteichef einreiht, ist nur schwer bis gar nicht vorstellbar.

Wartet die CDU dementsprechend lange mit einer Entscheidung, wird die Partei mit Kramp-Karrenbauer und Merkel von zwei Personen mit – bezogen auf ihre Ämter – ablaufendem Haltbarkeitsdatum geführt. Eine Aufbruchstimmung wird so nicht zu erzeugen sein. Gibt es allerdings eine schnelle Entscheidung, droht auch ein schnelles Ende von Kanzlerin Merkel – und in der Konsequenz noch mehr Unruhe.

Der Weg aus der Krise, er führt über mehrere Stationen.

Die wichtigste: Die CDU muss ihren Richtungsstreit beilegen und entscheiden, ob sie sich wirklich unverrückbar an den Beschluss des Bundesparteitages hält, niemals mit der Linken oder der AfD in irgendeiner Form zusammenzuarbeiten – oder ob sie diese doch unter bestimmten Voraussetzungen und in Ausnahmefällen aufweicht, beispielsweise in Thüringen mit einem möglichen Linken-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Womöglich entscheidet sich an der Frage der Richtung die Zukunft der CDU.

Anschließend braucht es einen klaren Zeitplan, der keine Fragen offen lässt – und in dem Zuge eine Einigung auf einen Kanzlerkandidaten und künftigen Parteichef. Am besten einen, der die Flügel wieder zusammenführt, wie die CDU-Bundestagsabgeordnete Jana Schimke im Interview erklärt.

Schon jetzt herrscht in der CDU ein riesiges Tohuwabohu, wie Tim Kummert, Peter Schink und Marc Krüger in einer Sonderausgabe des Tagesanbruch-Podcasts festgestellt haben. Ein Wechsel an der Parteispitze nach weniger als zwei Jahren ist nach 18 Jahren Merkel ein riesiger Aufreger. Doch vielleicht sollte die CDU noch viel weiter gehen und neu denken, um ihre Probleme zu lösen. Zum Beispiel, indem sie sich neutrale Berater von außen holt, womöglich aus ganz anderen Branchen. Oder indem sie überlegt, wie sie die Zeit bis zur Wahl einer neuen Parteispitze überbrückt, ohne ein allzu großes Machtvakuum zu haben. Vielleicht mit einer erfahrenen Interimslösung wie Wolfgang Schäuble als Parteichef. Für die CDU wäre das eine außergewöhnliche und fast schon zu innovative Lösung. Aber zumindest hätte sie dann das Problem der Führungsschwäche gelöst – und Kramp-Karrenbauer vorzeitig erlöst.


Der Streit über die Ergebnisse der ersten Präsidentschaftswahl in Iowa ist noch nicht ausgestanden, da gehen die Bewerber der Demokraten schon in die zweite Vorwahl im Bundesstaat New Hampshire. Die Hauptkonkurrenten: Bernie Sanders und Pete Buttigieg. In Iowa hatten sich beide zu Siegern erklärt, der tatsächliche Gewinner war Buttigieg. Zumindest, wenn das Resultat den Überprüfungen standhält, die Sanders beantragen wollte. In New Hampshire liegt Sanders in Umfragen in Führung – vor Buttigieg, gefolgt von Elisabeth Warren und Joe Biden.

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Nach dem Katastrophenstart in die Vorwahlen, der den Demokraten zu Recht viel Spott eingebracht hat, gibt es für New Hampshire schon jetzt eine gute Nachricht: Es wird diesmal wohl keine Verzögerungen wie in Iowa geben, weil das Prozedere deutlich einfacher ist. Erste Ergebnisse könnten nach Schließung der letzten Wahllokale am Dienstagabend Ortszeit beziehungsweise für uns in der Nacht auf Mittwoch bekannt werden.

Am 3. März folgt dann die nächste große Wegmarke: der "Super Tuesday" mit Abstimmungen in mehr als einem Dutzend US-Staaten.


WAS LESEN ODER ANSCHAUEN?

Fußball macht Spaß – zumindest wenn er viele Tore, Chancen oder herrliche Ballstafetten bietet. Beim zweitgrößten deutschen Klub Borussia Dortmund tut er das. In fünf Spielen im neuen Jahr hat Dortmund schon 20 Tore geschossen und elf kassiert. Im Durchschnitt endet ein Spiel also derzeit mit 4:2 für die Borussia. Ein Grund zur Freude? Nicht für die Verantwortlichen des Vereins, wie sie im Pro & Kontra-Format "Zweikampf der Woche" erfahren.


WAS AMÜSIERT MICH?

In diesen stürmischen Zeiten kann man schon mal durcheinander kommen.

Ich wünsche Ihnen einen sturmfreien und angenehmen Tag. Morgen schreibt wie gewohnt Florian Harms für Sie.

Ihr

Florian Wichert
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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